Die Ruhr Tourismus plant im August den 1. Tag der Trinkhallen. Im Stadtnorden von Gelsenkirchen und Westerholt beteiligen sich drei Büdchen an dem Revierfest. Sie bieten ein buntes Programm für Nachbarn, Freunde und Stammkunden
„Hier ist man wer“, sagt Trinkhallen-Besitzer Michael Dahlke. Und seine Kollegin Marion Bialkowski-Neubert pflichtet ihm bei: „Das Zwischenmenschliche ist wichtig. Das macht die Arbeit aus.“ Das Büdchen an der Ecke ist eine Ikone der regionalen Identität im Ruhrgebiet, ein „Dorfplatz in der Großstadt“.
Das hat auch die Ruhr Tourismus erkannt und alle Budenbesitzer eingeladen, am Samstag, 20. August, ihre Pforten zu öffnen und kreativ mitzuwirken. „Wer mag, trägt hinter dem Verkaufstresen eine Nikolausmütze oder spricht ausnahmsweise Französisch. Hauptsache, es wird kein Tag wie jeder andere“. Drei Büdchen-Besitzer aus dem Stadtnorden und Westerholt beteiligen sich an der Aktion.
Von der Milchhalle zum Büdchen
Einer davon ist Michael Dahlke. „Ich habe die älteste Bude im Revier“, ist der Mann überzeugt. 1936, vor immerhin 80 Jahren, wurde die Bude erbaut. Beheimatet an der Pawikerstraße 2, im Schatten von BP, liegt sie direkt an einer stillgelegten Bahntrasse einer Zechenbahn und gegenüber des Zechengeländes Bergmannsglück.
„Früher“, berichtet Dahlke, „war das eine Milchhalle. Da standen Pferde vor der Tür und brachten die Milch in großen Kannen zu jedem Haus“. Vor 14 Jahren hat den ehemaligen Metzger und Tante-Emma-Laden-Besitzer das Büdchen in den Bann gezogen. Denn: „Hier ist die Menschlichkeit nicht wie an der Discounter-Kasse verloren gegangen.“
Lesung mit Margret Kruse
Einmal die Woche bietet Dahlke Eintöpfe an – „die Schnitzel brate ich auch selbst. Reich werde ich nicht, aber ich erhalte meinen Arbeitsplatz.“ Am 20. August möchte er einen Clown engagieren, der die kleinen Besucher unterhält, ein bisschen Musik machen, nett essen und trinken. Eine Party feiern mit den Nachbarn halt. Fest zugesagt hat bereits Margret Kruse. Sie wird aus ihrem Buch „Zechenbrand“ vorlesen. Passt super, denn in dem Krimi spielt dieser Kiosk eine Rolle. Eine Party mit warmen Waffeln und kalten Getränken plant auch Nazim Pilavci. Seinen Kiosk an der Flachsstraße 17 gibt es bereits seit 1958 und seit September 1997 bedient Nazim Pilavci seine Gäste aus dem Fensterkiosk.
Mit ihren Stammgästen feiern möchte auch Marion Bialkowski-Neubert auf der Storcksmährstraße in Westerholt. Die 54-Jährige ist Kiosk-Betreiberin aus Leidenschaft. „Ich habe hier vor 30 Jahren schon mal gearbeitet. Und wusste: Irgendwann ist das meiner“.
Auf zum Budenzauber
Vor drei Jahren hat sie sich den Traum erfüllt und seitdem lautet ihr Motto: „Bei uns gibt es den besten Kaffee und ein breites Sortiment. Haben wir nicht, gibt es nicht, dann wird es besorgt – in höchstens 24 Stunden“. Die 54-Jährige, die in Westerholt geboren wurde, liebt den Kontakt zu ihren Kunden. Und ein wenig auch, die gute alte Zeit. „Bei uns gibt es sie noch, die Negerkuss-Brötchen aus meinen Jugendtagen“. Also: Termin merken und auf zum Budenzauber.