Gelsenkirchen-Neustadt. Im Gleis X in Gelsenkirchen proben junge Menschen im Chor „Lautsprecher“. Was ihn so besonders macht und was die Mitglieder für Lieder singen.
Bevor hier auch nur ein Ton gesungen wird, stehen Lockerungsübungen auf dem Programm. Die Hüfte kreisen lassen, die Knie, den ganzen Körper ausschütteln – locker singen kann eben nur, wer auch locker ist.
Dann stimmt der Chor „Lautsprecher“ an: „Open The Eyes Of My Heart”. Ein Worship-Song ist das, schön vorgetragen und sehr berührend. Auch für die jungen Sänger, so scheint es: Gleich mehrere von ihnen stehen in der Jugendkirche Gleis X und strahlen beim Singen über das ganze Gesicht.
„Ich singe hier mit, seitdem ich 16 Jahre alt bin – und hatte schon lange drauf gewartet, endlich alt genug zu sein. Ich habe mich nie zu fragen getraut, ob ich schon eher anfangen kann“, erzählt Fiona Rabeneck. Wie sie zu dem Chor gekommen ist? „Ich habe ihn hier gehört. Und ich singe extrem gerne. Da habe ich gedacht, das ist doch der perfekte Chor für mich. Hier singen junge Leute, das hat mich angesprochen. Natürlich auch die Musik.“
Martin Drazek ist Popkantor im Bistum Essen
Worship-Songs und Neues Geistliches Liedgut – gibt es da nicht Anderes, was man als 18-Jährige gern singt? „Ich bin in der Kirche aufgewachsen. Mein Vater war Organist. Ich kenne das von klein auf. Da steckt ja etwas hinter: Man singt, was man in sich fühlt und was man glaubt.“ Das werde mit der Zeit sogar immer schöner. „Je nachdem, welche Lieder wir singen, macht es mir von Mal zu Mal mehr Spaß. Es gibt Lieder, die mich sofort packen. Und dazu bekomme ich hier viele Tipps, wie ich meine Technik verbessern kann.“
Dafür ist Chorleiter Martin Drazek zuständig. Er ist als Popkantor im Bistum Essen beschäftigt – unter anderem hier, in der Gelsenkirchener Neustadt. „Ich vermittle ein bisschen Gesangstechnik in den Proben. Wir machen aber auch regelmäßig Soloworkshops.“ Da lernen die Sänger einen noch besseren Umgang mit der eigenen Stimme.
Freiheit in Sachen Probenarbeit
Der Chor „Lautsprecher“ ist nicht nur in der Außenansicht ein besonderer, auch in der Innenansicht. „Der Unterschied zu anderen Chören ist, dass die Zielgruppe festgelegt ist auf Menschen zwischen 16 und 35 Jahren und dass hier eine gewisse Freiheit herrscht.“ Und zwar in Sachen Probenarbeit. Wer mag, kann jede Woche zur Probe kommen. Wer es nicht so regelmäßig schafft, bekommt deswegen aber keine Probleme. Die hat höchstens der Chorleiter selbst, weil er nie weiß, mit welchen Sängern er bei der Probe arbeiten kann. „Das ist vom Ort so vorgegeben, deswegen muss ich mich damit arrangieren. Ich habe eine gute Kerngruppe, die immer kommt. Das ist eine Basis. Dennoch ist es nicht immer einfach.“
Bislang konnte der Chor stets bei jedem Auftritt seine Zuhörer begeistern. Besonders zahlreich sind die öffentlichen Darbietungen jedoch nicht, vor allem finden sie nur in der einstigen Liebfrauenkirche statt im Rahmen von Gottesdiensten. Somit ist der Chor „Lautsprecher“ quasi ein Geheimtipp. Noch. Künftig seien auch externe Auftritt geplant.
Der Chor lebt eine gute Gemeinschaft
Durch solch öffentliches Singen finden regelmäßig neue Sänger zu den aktuell rund 30 Mitgliedern dazu. Auf diese Weise kam auch Leandra Menke zur Truppe. „Ich habe den Chor bei meiner Firmung gehört und habe gleich danach gefragt, wie man Mitglied wird.“ Heute ist die 19-Jährige knapp zwei Jahre dabei und schätzt nicht nur die Musik: „Das gemeinsame Singen und das Unterhalten in den Pausen – beides ist gut.“
Der Chor nämlich lebe eine gute Gemeinschaft. Und eine produktive, das stellen die Sänger noch einmal unter Beweis und stimmen an „Halleluja, Dank sei Dir“. Ein NGL-Klassiker, erklärt Martin Drazek, der hier ebenso stimmig wie rhythmisch erklingt, bei dem manch Sänger gar beschwingt mitwippt und dieser Funke schnell überspringt.
- Lesen Sie mehr Geschichten aus Gelsenkirchen und Gelsenkirchen-Buer
- Oder folgen Sie der WAZ Gelsenkirchen auf Facebook