Gelsenkirchen. Oberstufenschüler und Prominente nahmen sich am Freitag Zeit, um Gelsenkirchener Vorschul- und Grundschulkindern ihre Lieblingsgeschichten vorzulesen.
Mit spannenden Geschichten in eine andere Welt abtauchen: der bundesweite „Vorlesetag“ am Freitag machte es möglich. Einige Schulen und Kindertagesstätten bekamen dabei sogar prominenten Besuch: Oberbürgermeister Frank Baranowski las in der Kita „Lahrshof“ aus seinem Lieblingsbuch vor, die Schauspielerin Christine Sommer begeisterte Kinder in der Wiehagenschule mit ihren Geschichten.
Das Hauptaugenmerk galt an diesem Tag den „Helden des Alltags“: In der Bibliothek der Evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen in Bismarck lasen Oberstufenschüler jungen Besuchern aus den umliegenden Kindergärten vor – und das schon im dritten Jahr.
Weckmann als "Wegzehrung"
Entstanden war die Vorlese-Initiative im Stadtsüden bereits vor fünf Jahren auf Anregung des Kleingartenvereins am Trinenkamp. „Inzwischen wird sie von den Kitas und Grundschulen im Umfeld so stark nachgefragt, dass wir diesmal mit der Ehrenamtsagentur Gelsenkirchen kooperieren, um alle Anfragen erfüllen zu können“, erzählt Friedhelm Walden vom Kleingartenverein am Trinenkamp, der auch Vereinsmitglieder zum Vorlesen animiert hatte.
Und so ging es am Freitagmorgen in der Schulbibliothek der Evangelischen Gesamtschule zu wie in einem Taubenschlag: Im Viertelstundentakt kamen immer wieder neue Kindergartenkinder mit ihren Erzieherinnen an, andere verließen die Schule mit einem Lächeln und einem kleinen Weckmann, den sie als „Wegzehrung“ zum Abschied geschenkt bekamen. Rund 100 Vorschulkinder lauschten allein hier in der Schulbibliothek einer Bilderbuch-Vorlesung.
Kühne Maus und stolzer Löwe
Die Oberstufenschüler hatten sich vorab genau überlegt, welche Bücher sie dem jungen Publikum vorlesen wollten. „Ich habe mich für das Buch ‘Hast Du Angst fragte die Maus’ von Rafik Schami entschieden, weil es darin um Angstbewältigung geht“, erklärte Vanessa Wolf (16), eine der Vorlesepatinnen aus der 10d.
Ihre Freundin Luisa Mrotzek (16) hatte das Bilderbuch „Ich bin für mich“ des Essener Autors Martin Baltscheits dabei. „Das möchte ich vorstellen, weil es darin darum geht, dass man gemeinsam weiter kommt als alleine“, so die Zehntklässlerin.
Bei den Vorschulkindern des Familienzentrums Auf der Hardt kamen beide Bücher gut an. „Ich habe nie Angst, so wie die Maus!“, erklärte Medina, das einzige Mädchen in der Runde. Ihre Kindergartenkameraden waren derweil von dem stolzen Löwen aus Luisa Mrotzeks Geschichte fasziniert.
Ein paar Meter weiter tauchten Vorschüler einer anderen Kita gerade gemeinsam mit einer vorlesenden Kleingärtnerin ein in die Welt von „Anton aus Absurdistan“ . Die Mission des Vorlesetages, schon den Jüngsten zu zeigen, wie ansteckend Lesefreude ist, hatte sich hier auf jeden Fall erfüllt.
Jugendliche engagieren sich ehrenamtlich
Seit 2004 findet auf Initiative der Wochenzeitschrift „Die Zeit“, der Stiftung Lesen und der Deutschen Bahn Stiftung jeweils am dritten Freitag im November der „bundesweite Vorlesewettbewerb“ statt. „In diesem Jahr ist das Ziel, bundesweit erstmals 100.000 Vorleser zusammenzutrommeln“, erzählt Johannes Mehlmann von der Ehrenamtsagentur Gelsenkirchen.
Die Agentur hatte junge Gelsenkirchener im Vorfeld mit einem bunten Flyer zum Vorlesen eingeladen. So waren in diesem Jahr neben 30 Schülern der Klasse 10 der evangelischen Gesamtschule in Bismarck auch 12 Schüler der Klasse 9 des Schalker Gymnasiums in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen unterwegs.
„Die Initiative ‘Schalke hilft’ unterstützt dieses ehrenamtliche Engagement auf unseren Wunsch. Mit dieser Förderung können wir den jugendlichen Vorlesern eine Freude machen und ein besonderes Event sponsern, das die Jugendlichen sich selber aussuchen dürfen“, so Mehlmann, der hofft: „Vielleicht können wir durch Aktionen wie diese mehr Jugendliche dieser Stadt für ein ehrenamtliches Engagement begeistern.“ Dies könne zudem auch die spätere Berufsfindung erleichtern: „Wenn man einmal gemerkt hat, wie viel Spaß so eine Aktion macht, dann kann das durchaus auch dazu führen, dass man sich beruflich in diese Richtung orientiert“, erklärt Johannes Mehlmann.