Gelsenkirchen. Malzers Backstube beliefert von Gelsenkirchen aus 148 Filialen in der Region. Für Kunden ist frisches Backwerk am Abend längst selbstverständlich.
Rainer Fürderer knetet an der Zukunft. Ein Teig-Stück im XXL-Format liegt vor ihm auf der mehlbestäubten Arbeitsplatte. Wabbelig, kaum zu bändigen. „Der ist so nass, der läuft fast vom Tisch“, sagt Fürderer. Hört sich problematisch an, ist es aber nicht. Was da in Form gebracht wird, ist Ciabatta-Teig. Und der sollte so sein, meint Fürderer, der gebürtige Schweizer, gelernte Konditor, Lebensmitteltechniker und Produktentwickler. In dieser Funktion ist er für Malzers Backstube im Einsatz.
Pro Jahr rund 50 Innovationen bringt der Großbäcker in seine Filialen und an die Kunden. Darunter sind manch „junge Wilde“ wie Backwaren mit „Sauerkraut-Senfkruste. Das sind Spezialitäten, die nachgefragt werden“, sagt Marketing-Leiter Oliver Hein. Ihren Ursprung haben sie großenteils hier, in dieser Versuchsbackstube. Eine Fachrunde mit Malzers Chef Hans-Joachim Scherpel an der Spitze entscheidet, was aus der Testküche tatsächlich in den Theken landet. Kundengeschmack und Kaufverhalten sind dann die endgültigen Kriterien für Top oder Flop in der Filiale.
Der Cafébetrieb in den Filialen wird wichtiger
Rundum ist an diesem Morgen die große Schlacht geschlagen. Die Bäcker haben ihren Nacht-Job erledigt. Ab Mitternacht fährt die Produktion auf Hochtouren. Rund 25 eigene Firmen-Lkw bringen die frische Ware auf ihren Lieferrouten in die Läden zwischen Moers und Lünen – gespeist aus der Zentrale an der Ulrichstraße. 35.000 Quadratmeter Grund belegt Malzers hier. In den Vorkassenbereichen von Supermärkten ist der Bäcker groß geworden. Der Trend geht zu mehr: mehr Angebot, mehr Platz, mehr Aufenthaltsqualität, mehr Cafébetrieb. „Wir sind Nahversorger vor Ort“, sagt Hein. „Es kommen immer mehr Leute zum Frühstück, zur Mittagspause. Dieses Geschäft ist wichtiger geworden“ – was auch Kundenbefragungen bestätigen. 3500 wurden zuletzt ausgewertet. „Das machen wir alle zwei Jahre“, sagt Hein.
In der Backstube von Fußballfeld-Format dreht ein Kollege noch auf einer Putzmaschine seine Runden, hinterlässt feuchte Bahnen auf dem Boden. Ein Techniker werkelt an einem Ofen, die Edelstahlanlagen blinken frisch gewienert, die leeren, von Hitze geschwärzten Stikkenwagen stehen in Reih und Glied, bereit, um für den nächsten Backeinsatz Gebäck aufzunehmen. Maschinenbrummen untermalt die Szenerie. Die Öfen laufen in Warteposition, die Gärschränke sind in Betrieb – Vorbereitungen für die nächste Schicht.
In hoher Schlagzahl läuft allein die Kuchen- und Teilchenproduktion für den nächsten Tag: Böden für Blaubeer-Rahmkuchen warten auf ihre fruchtige Deckschicht, an einem Band kommen Preiselbeer-Schokoschnitten im Teamwork in Form. Aus einem Riesentrichter läuft die Schokomasse auf die Platten, die Biskuitböden-Deckel werden per Hand aufgesetzt. Nebenan in einem gekühlten Produktionsraum führen die Maschinen schier unendliche Teigbahnen zusammen, decken sie mit Nussfüllung, schneiden schmale Bahnen, aus denen elf Mitarbeiter links und rechts vom Band Wallnussplunder-Kringel drehen. Flinke Facharbeit in Reinform. Rund 40 verschiedene Brote, Brötchen und Stuten, dazu fünf, sechs verschiedene Bäckerkuchen vom Blech und ein Dutzend unterschiedliche Teilchensorten und Kleingebäck werden Tag für Tag in der Backstube produziert.
Backproduktion in Filialen verlagert
Ein Teil der Backproduktion wurde längst in die Filialen verlagert. Einmal morgens Ware liefern ist Geschichte. „Der Kunde“, sagt Hein, „will eigentlich jederzeit frische Ware haben“. Bei Malzers hat man sich längst darauf eingestellt.
16 Meter lang und 96 Tonnen schwer ist der neue Groß-Ofen, der im Januar von einem Schwertransporter bei Malzers an der Emscherstraße angeliefert wurde. Damit der 16-Achser am Firmengelände vorfahren konnte, montierte die Begleitcrew Zäune, Schilder und Laternen ab. Der Koloss wurde von zwei Großkränen in Zentimeterarbeit in den Backbetrieb bugsiert und an seinen Bestimmungsort in der Backstube gesetzt. Dort wird er derzeit auf die Inbetriebnahme in gut vier Wochen vorbereitet. Auf Dauer soll der neue Ofen bestehende Anlagen ersetzen. Bei Malzers geht man davon aus, dass er rund 25 Prozent weniger Energie benötigt, Abwärme besser nutzen lässt und so Betriebs-Prozesse weiter optimiert werden können.
Der Ofen ist gewichtiges Kernstück einer Fünf-Millionen-Euro-Investition in Erle. „Er sichert die Qualität der Backwaren und die Artikelauswahl“, ist Malzers-Inhaber Hans-Joachim Scherpel sicher. „Ich investiere bewusst in diesen Standort, um die Arbeitsplätze hier zu erhalten und nach Möglichkeit weiterhin auszubauen. Im vergangenen Jahr haben wir 50 neue Arbeitsplätze geschaffen.“