Gelsenkirchen. Werner Bibl hat sich ganz der Kunst verschrieben. Der ehemalige 3M-Manager aus Gelsenkirchen besitzt die weltweit größte Sammlung von Arbeiter-Skulpturen. Doch Bibl sammelt nicht nur: Er sieht es als seine Aufgabe, die Kunst zu verbreiten.
Der Wohnraum von Werner Bibl, sonst ein Hort der schönen Künste, gleicht einem hochgerüsteten Fotostudio. Ein Profi ist seit Wochen dabei, Bibls mit rund 200 Stücken weltweit größte Sammlung von Arbeiter-Skulpturen kataloggerecht abzulichten.
Beschrieben werden die Bronze- und Grauguss-Figuren von dem Wuppertaler Sozialwissenschaftler Prof. Klaus Türk, der seinerseits das weltgrößte Literatur- und Fotoarchiv zum Thema Arbeitswelt aufgebaut hat. Beides, Fotos wie Texte, erscheint dann als zweiter Band zum Thema „Arbeiterskulpturen“ in der Publikationsreihe des Grohmann Museum in Milwaukee/Wisconsin.
Retten und verbreiten
Das Museum des deutschstämmigen Industriellen und Mäzens Eckhart G. Grohmann besitzt eine vergleichbare Sammlung dieser Kunstrichtung, die den Menschen in den zentralen Arbeitsprozessen während der Schwerpunktzeit der westeuropäischen Industrialisierung 1850 bis 1950 zeigt. 160 Stücke präsentiert das Grohmann Museum – ein Fünftel hat Bibl vermittelt oder gleich selbst als Leihgabe überlassen.
Ich treffe den Bueraner Diplom-Kaufmann und ehemaligen 3M-Manager, um über ein Jahrzehnt privaten Engagements zu reden. Der Kunstbesessene, der sogar ein eigenes Zertifizierungssystem für Bronzen entwickelt hat, ist keiner jener Sammler, die Kunstschätze nur für sich horten. „Wir können doch nicht das Interessante vom Markt wegfischen und in unseren Räumen verstecken.“ Bibl ist der Kunst verpflichtet, ihrer Rettung und Verbreitung.
So hat der Vorsitzende des Fördervereins des Museums, der seit 2005 auch die Initiative „Förderung der Kunst im öffentlichen Raum“ betreibt, nicht nur Heinrich Löcherbachs Kunst-am-Baum-Projekt „Das Leben ist schön“ und Heinrich Jüttners kinetisches Mauerobjekt „Rebo“ finanziert. Als Leihgeber hat er die Skulpturensammlung des Museums um zwei Bronzen des Bildhauers Ludwig Kasper (1893-1945) erweitert; auch in Schloss Horst, wo er 2006 die große Kasper-Ausstellung organisierte, stehen drei seiner Kasper-Skulpturen, zusammen mit Emmanuel Hannaux’ „Kopf eines jungen Mannes mit Helm“. Aktuell lieferte eine Bronze das Plakatmotiv zur Ausstellung „Auf breiten Schultern“ im Bergbau-Museum Bochum. Das Werk geht demnächst ins Weltkulturerbe Rammelsberg Goslar, wo 2012 auch 150 seiner Arbeiterbronzen gezeigt werden.
Tatkräftige Partner
Als Kunstexperte mit vielen Kontakten aus seinem Manager-Leben hat Bibl stets tatkräftige Partner gefunden – Firmen, Landschaftsverbände… „Überzeugende Konzepte lösen eben Begeisterung aus.“ Auch in der Stadt spürt er Sympathien quer durch die Parteien, und wenn er namentlich Museumschefin Leane Schäfer, Stadtdirektor Michael von der Mühlen und den Herrn über Schloss Horst, Elmar Alshuth, erwähnt, ist ihm das peinlich, denn die Liste der Unterstützer ist viel länger.
Dank Elmar Alshuth und LWL-Direktor Dieter Gebhard hängt seit kurzem auch das kostbare „Merkur“-Relief von Elisabeth Baumeister-Bühler als Dauerleihgabe in Schloss Horst. Bibl hatte seine Kontakte bemüht, „plötzlich ging, was fünf Jahre unmöglich war“. Sein Vorwurf der Blockade trifft „die Schlüsselposition im Referat Kultur“. Von Mäzenen und Sponsoren sei nicht zu erwarten, „dass sie wie Bittsteller mit fertigen Konzepten und einem Beutel voller Geld vor dem Amtsstübchen stehen.“ Das Referat müsse „aktiv mit überzeugenden Konzeptionen auf potenzielle Förderer zugehen, Geldausgeben sollte schließlich auch Spaß bereiten.“ Bibl spricht aus eigener Erfahrung, aber er spricht für alle, die Nutznießer des öffentlichen Kulturauftrages sein sollten. „Um der Kunst und den Bürgern der Stadt zu dienen, müssen Potenziale geachtet, Synergien genutzt und die persönliche Profilierung vergessen werden.“