Gelsenkirchen-Hassel. Der 66-Jährige hat sich ganz der Geschichte verschrieben, informiert über die Vergangenheit, bestückt mit seinem Fundus Ausstellungen, hält Vorträge. Dass Hassel „nicht im Fokus der lokalen Geschichtsschreibung stand“, wie er vorsichtig umschreibt, wirkt als umso größerer Ansporn.


. Karl der Große in Hassel? Überliefert ist es nicht, dass der mächtige Frankenkönig im 8./9. Jahrhundert durch diesen Landstrich ritt – und doch ist jener Herrscher mitverantwortlich dafür, dass so mancher heute mehr über den Stadtteil weiß. Denn die Faszination für Karl war es, die die Begeisterung des damals 14-jährigen Egon Kopatz für Geschichte entfachte. Dass Hassel „nicht im Fokus der lokalen Geschichtsschreibung stand“, wie er vorsichtig umschreibt, wirkte als umso größerer Ansporn, sich durch die Archive zu wühlen, den Geschichtskreis Hassel/Bergmannsglück mitzugründen – und den Kampf gegen den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) aufzunehmen: um das Denkmal Haus Grothof zu retten.

Der Weg von Recherchen zur Familienhistorie hin zum VHS-Seminar, zu Zeitzeugen-Interviews, Bild-Vorträgen vor Vereinen und gesellschaftlichem Engagement, er war für den gebürtigen Hasseler (66) nur konsequent. „Anfangs wollte ich wissen, warum meine Vorfahren aus Masuren ausgewandert sind. Dann haben sich aber so viele Fragen zur neuen Heimat Hassel aufgetan, dass ich neugierig wurde“, erinnert sich Kopatz an die vielen Stunden im Staatsarchiv Münster, Bergbaumuseum Bochum, auf der Zeche Zollern und, ganz besonders, an die Gespräche mit dem verstorbenen Heimatforscher Hugo Vöge. „Er hat mir viele Quellen übersetzt, deren Handschrift ich nicht lesen konnte, und mich genauso wie Heimatforscher Helmut Weigel ermutigt, weiterzumachen.“

Archiv mit 30 000 Fotos

So arbeitete sich der gelernte Schlosser, der auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur machte und nach dem Maschinenbau-Studium für die RAG in die Steinkohlenforschung ging, in die Geschichte der Vor- und Industriegeschichte Hassels ein – NS-Zeit inklusive. Über Bekannte gelangte er an rund 30 000 historische Fotos, die er zum großen Teil digitalisiert hat. Schwarz-Weiß-Bilder von alten Bauernhöfen finden sich darunter, Kirchen, Industrieanlagen – und natürlich Menschen. Wie etwa seine Oma Frieda Kreszewinski geb. Dubratz, die 1916-18 als Tagesarbeiterin auf den Zechen Bergmannsglück und Westerholt tätig war und auf einem Foto von 1916 erschöpft und verdreckt von der harten Arbeit in die Kamera blickt.

„Mir liegen auch Pläne der Nazis von 1942 vor, die aus der Kokerei eine petrochemische Anlage machen wollten. Dafür sollten alle Siedlungshäuser verschwinden. Was für ein Glück, dass das Kriegsende dazwischen kam!“

Zahlreiche Fotos im eigenen Archiv

Zahlreiche dieser Fotos hat das langjährige Mitglied des Vereins für Orts- und Heimatkunde bereits präsentiert bei Ausstellungen des Geschichtskreises Hassel/Bergmannsglück (GK), den er 2012/13 mitbegründete. Derzeit arbeitet er in Zusammenarbeit mit dem Gebietsbeirat und dem Stadtteilbüro mit an einer Darstellung über die Geschichte der ersten türkischen Gastarbeiter in Hassel, wenn er nicht gerade Bild-Vorträge vor Vereinen hält über Heimatgeschichte, Astronomie, Physik oder Gesundheitswesen.

Eins seiner Hauptanliegen ist jedoch die Rettung des maroden Hauses Grothof an der Lasthausstraße. „Dem LWL als Eigentümer ist die Sanierung zu teuer, deshalb will er das Hauptgehöft der Bauerschaft von 1783 kontrolliert verfallen lassen. Eine Schande!“, ärgert sich Kopatz, der deshalb mit anderen Mitstreitern vor einem Jahr den Petitionsausschuss des Landtages anrief. Erfolgreich: Dieser sprach sich für die Erhaltung des Denkmals und eine Instandsetzung aus. Entschieden ist aber noch nichts. Also setzt Kopatz weiter auf seine Überzeugung, dass den Weg in eine gute Zukunft nur der gehen kann, der weiß, woher er kommt.