Gelsenkirchen. Die Ausstellung „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen“ der Friedrich-Ebert-Stiftung ist bis zum 4. April im Weiterbildungskolleg Emscher-Lippe zu sehen. Die Studierenden haben sich aktiv in die Vorbereitung eingebracht.

Nils Schumacher ist nachhaltig beeindruckt von diesem Erlebnis der betroffen machenden Art. Der 26-Jährige hatte sich einst extra einen Tag vom Unterricht am Weiterbildungskolleg Emscher-Lippe beurlauben lassen, um einem Freund beizustehen, der vor Gericht als Zeuge gegen Neonazis aussagen wollte.

Er beschreibt die erschreckende Szenerie im Gerichtssaal anlässlich der Eröffnung der Wanderausstellung „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen“ kurz und bündig – aber deutlich. Die dem rechten Lager angehörigen Leute auf den Besucherstühlen hätten gedroht ...

Der Studierende gehört zu der Gruppe Lernender, die in den kommenden drei Wochen als Teamer durch die mit Informationen prall gefüllten Stellwandreihen führen, die erklären, Fragen beantworten. Am Eröffnungstag tun dies neben Nils Schumacher noch Veronique Schneider (22) und Andreas Ullmann (26). Prominenter Teilnehmer der geführten Besichtigungsrunde ist OB Frank Baranowski.

OB Baranowski fordert zu Wachsamkeit auf

Er fordert in seiner Rede einmal mehr zu Wachsamkei auf. Die Ausstellung mache deutlich, dass Rechtsextremismus leider sehr aktuell sei. „Sie zeigt, dass Extremisten von rechts nicht mehr nur im Gewand der ewig Gestrigen daher kommen. Sie haben viele Wege gefunden, um antidemokratisches, menschenverachtendes Gedankengut zu verbreiten.“ Er spricht von Stammtischparolen und großer Courage, dagegen zu halten, zu sagen: „Das geht zu weit!“

Die als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnete Einrichtung in Resse hat auch die Schülervertretung (SV) ins Boot geholt, die sich mit einer eigenen Stellwand zum Thema präsentiert. Studierenden-Sprecherin Julia Vogelsberg eilt gar unmittelbar nach einer Klausur direkt ans Rednerpult. Für einen äußerst couragierten Wortbeitrag.

Probleme erkennen und aufdecken

Alltagsrassismus, sagt die 33-Jährige, müsse als existierendes Problem erkannt und aufgedeckt werden. „Wir müssen ein empfindliches Gespür dafür entwickeln, denn jeder von uns trägt eine besondere Verantwortung dafür, dass Rassismus und Antisemitismus an unserer Schule, in unserem privaten Umfeld und darüber hinaus in ganz Deutschland und weltweit niemals wieder einen Nährboden finden.“

Jeder könne Paroli bieten, eingreifen oder Hilfe holen, wenn ohnehin gesellschaftlich diskriminierte Menschen „in den Fokus dummer, verletzender, gewaltbereiter A ...löcher geraten“. Sie spricht das Wort aus – und erntet Zustimmung von allen Seiten.

Luftballons transportieren am Ende die Botschaften der Studierenden

Schulleiter Günter Jahn unterstrich während der Eröffnungsveranstaltung, die Ausstellung mache unter anderem deutlich, mit welch perfiden Methoden Rechte arbeiten, um ihre Anhänger zu rekrutieren. „Der Rechtsextremismus heute bedroht nicht den Staat, sondern unsere Lebensform“, betonte Jahn. Als Besonderheit bezeichnete er die Tatsache, dass 15 Studierende während der Ausstellungszeit bis zum 4. April selber als Teamer aktiv werden. In einem fünfstündigen Workshop der Friedrich-Ebert-Stiftung sind sie eigens auf diese Aufgabe vorbereitet worden.

Die Schülervertretung des Weiterbildungskollegs plant für den 4. April eine ganz besondere Finissage: 200 Luftballons mit angehängten Karten sollen aufsteigen. Der Preis für die Finder: Sie sollen nachdenken, wenn sie die Karten lesen, auf denen Studierende ihre prägenden Erlebnisse mit Rassismus in dieser Gesellschaft beschreiben.