Gelsenkirchener Gesamtschule bildet Sporttalente dual aus
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Gelsenkirchen.. Die Gesamtschule Berger Feld in Gelsenkirchen hat ihr duales Ausbildungskonzept erweitert. Gezielt wird an einem zweiten Standbein gearbeitet, das trägt, wenn der Traum von der Sportkarriere und Reichtum platzt.
Hoch fliegen oftmals die Pläne der Sporttalente. Das Ziel: Ruhm, Titel und ein prall gefülltes Bankkonto. Aber: Nur die wenigsten leben später ihren Traum, zu übermächtig groß war die Konkurrenz, zu beschränkt letztlich die sportlichen Fähigkeiten. Einen Plan B haben die wenigsten, die Begabten blicken mit jugendlichem Optimismus und noch mehr Euphorie auf eine rosige Zukunft – häufig ein Trugschluss.
Einer, der es wissen muss, wie beinhart die Wirklichkeit ist, ist Oliver Ruhnert. Er ist der Sportliche Leiter des Nachwuchsleistungszentrums und Chefscout im Jugend- und Amateurbereich beim Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04. Ruhnert sagt: „Etwa nur 15 Prozent der Spieler im Leistungszentrum verdienen ihr Geld mit Fußball. Genaue Zahlen, wer sein komplettes Leben durch Fußball oder den Sport generell bestreiten kann, gibt es nicht, es dürften weniger sein.“
Fall ins Bodenlose ist denkbar nah
Der Fall ins Bodenlose ist also denkbar nah, daher hat die Gesamtschule Berger Feld – als Partnerschule des Sports und DFB-Eliteschule des Fußballs – das Konzept der dualen Karriere der Landessportförderung und des DFB weiter entwickelt. „Es ist satzungsgemäß, ja eigentlich unser gesetzlicher Auftrag“, sagte Schulleiter Georg Altenkamp zu den Zielen dahinter, „sowohl für eine gute sportliche Ausbildung zu sorgen, als auch für die Zeit danach.“ Heißt: Das ohnehin schon enge Netzwerk – partnerschaftlich mit im Boot sitzen neben dem FC Schalke 04 auch die IHK, die Kreishandwerkerschaft und die Agentur für Arbeit – wird jetzt verstärkt genutzt, um den Jugendlichen Praktika, eine Lehrstelle oder einen anderen hohen Bildungsabschluss, bestenfalls ein Studium, zu vermitteln.
Jüngstes erfolgreiches Beispiel ist Paul Stieber (17), seines Zeichens ambitionierter U17-Spieler bei S04 und auch schon U17-Nationalspieler. „Das Abitur war für mich kein Thema“, sagt der angehende Einzelhandelskaufmann. „Zwar haben mich meine Mannschaftskumpels anfangs für verrückt erklärt, weil ich durch die Lehre noch weniger Freizeit habe als ohnehin, aber es ist gut, etwas in der Hinterhand zu haben für später.“ Stieber bekommt jetzt sein zweites Rüstzeug bei Sport 11, einem Sportfachgeschäft in Gelsenkirchen-Buer.
Die Ausbildung in einem sportaffinen Betrieb verlangt zwar beidseitig ein Höchstmaß an Organisation und Koordination, doch es profitieren beide Seiten davon. Nicht zuletzt wegen des latenten Fachkräftemangels appellierte Roland Schüßler von der Regionaldirektion der Agentur für Arbeit in Richtung Arbeitgeber dafür, „nicht nur auf Noten zu schauen, sondern auch auf die Softskills“. Denn: Gerade diese jungen Menschen brächten enormen Teamgeist, Disziplin und Ehrgeiz mit. Sie sind, ganz wie beim Sport, hart im Nehmen. Nicht das schlechteste Faustpfand für eine erfolgreiche Karriere danach.
Kevin Kisyna: „Ich kann heute wieder ruhig schlafen
Auch Kevin Kisyna, 2006 noch U19-Juniorenmeister mit Schalke 04 und DFB-Juniorennationalspieler, stand vor der Frage: „Was tun?“ Den Traum aufzugeben von der Bundesliga und einem fürstlichem Salär fiel ihm „sehr schwer“. Heute, Sport- und Biologielehrer in Vertretung an seiner alten Schule im Berger Feld, sagt er: „Es war die richtige Entscheidung. Ich kann heute wieder ruhig schlafen.“ Zwar habe es lange gedauert, bis die Denkblockade im Kopf beiseite geräumt war, immerhin hatte Kisyna alle Jugendmannschaften der Knappen durchlaufen und stand schon in der Amateurauswahl, aber dann trat er sportlich auf der Stelle. „Ich habe die Warnungen meiner Eltern letztlich beherzigt – zum Glück“, erinnert sich der 32-jährige Fußballer, der heute seiner Leidenschaft bei der SG Wattenscheid 09 in der Regionalliga frönt.
Sascha Walter, U23-Spieler des FC Schalke 04 und ehemaliger Berger Feld-Schüler, wurde in Kooperation mit der Kreishandwerkerschaft ein studienorientiertes Vorpraktikum bei der Firma Elektrotechnik Gerhardt ermöglicht. Auch er ist der Ansicht: Der Kluge baut vor.
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