Gelsenkirchen.

Arbeitgeber, Gewerkschafter und 85 000 Stahlarbeiter schauen auf Gelsenkirchen. Im Maritim Hotel begannen am Montag die Tarifverhandlungen für die nordwestdeutsche Stahlindustrie.

Mal wieder Gelsenkirchen, denn das Maritim Hotel ist „gestählt“ in Sachen Tarif-Tauziehen.

Auch Maritim-Chef Walter Chytra ist ein „alter Hase“ im Geschäft. Seit 20 Jahren kommen Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer wieder nach Gelsenkirchen. Und Chytra weiß, was die „Poker“-Runden brauchen: einen großen Verhandlungsraum, zwei kleinere für die Tarifparteien und Büro-räume für die Sekretariate. Da am Montag in großer Runde von rund 60 Vertretern noch „Aufgalopp“ war, blieb Chytras Service vor Überraschungen sicher. Lediglich die Rotarier musste er für ihr Treffen in die Hotelbar umquartieren. Geht es bei dem Tarif-Kräftemessen zum Showdown, sind Nachtschichten im Hotel nichts Ungewöhnliches. „Die Tarifrunden sind schön, aber auch sehr zeitintensiv. Mann muss immer mal mit Überraschungen rechnen“, so der Hotelchef. Da marschieren mitunter auch Beschäftigte mit Fahnen und Trillerpfeifen vor.

Jetzt nur Aufgalopp

„Um zu gucken, wie die Verhandlungen so laufen“, umschreibt Gelsenkirchens IG Metall_Chef Robert Sadowsky mit einem Augenzwinkern, wenn die Gewerkschaft in den heißen Tarifphasen auch mal Druck auf der Straße macht. Soweit ist es aber jetzt noch nicht. „Da wird in der ersten Runde nicht viel passieren. Man tauscht nur die Meinungen über die Wirtschaftslage aus“, weiß Sadowsky nur zu gut. Lange Jahre hat er als IG Metall-Tarifsekretär in Düsseldorf selbst an Tarifverhandlungen teilgenommen. „Das Maritim hat viel Erfahrungen mit solchen Verhandlungen und ist verkehrstechnisch günstig gelegen“, erklärt er, warum Gelsenkirchen fürs Streiten und Schlichten bundesweit bekannt ist. Selbst vorbeischauen bei den Tarifverhandlungen wird Sadowsky nicht können: „Keine Zeit, heute habe ich zum Beispiel selbst Sprechstunde.“

Sechs Prozent mehr Lohn fordert die IG Metall in der Tarifrunde und bessere Arbeitsbedingungen für Leiharbeiter. Sadowsky erwartet „kniffelige „ Verhandlungen“. Gelsenkirchen steht mal wieder für einen Pilotabschluss, zumal der Gewerkschafter glaubt, dass die Stahlbranche wegen der Leiharbeiter-Gleichstellung unter Druck der Gesamt-Metallarbeitgeber steht.

In Gelsenkirchen zählt die Stahlindustrie gerade mal noch zwei Betriebe: Saint-Gobain mit kärglichen 20 Mitarbeitern und Thyssen-Krupp Electrical Steel mit immerhin 600 Beschäftigten. Und dem Unternehmen geht es laut Sadowsky „richtig glänzend“: Nicht einen Tag Kurzarbeit habe es dort gegeben.