Gelsenkirchen.
Wenn stark übergewichtige Menschen krank werden, stehen Feuerwehrleute oft vor einem Problem: Wie sollen sie 200 Kilo Mensch durch ein Treppenhaus manövrieren? Auch in Krankenhäusern gibt es Betten und extra große Blutdruckmanschetten für Dicke.
Das Straßenbild zeigt es ziemlich deutlich: Die Zahl der wirklich Schwergewichtigen, der Menschen, die an erheblichem Übergewicht leiden, nimmt in Gelsenkirchen zu. Und damit auch die Probleme, die sich durch das enorme Übergewicht, für diese Menschen selbst, aber auch für andere ergeben. Jeder sechste in NRW ist laut jüngster Erhebung krankhaft fettsüchtig. Und das bedeutet weit mehr als nur ein paar kleine Röllchen in Taillenhöhe mit sich herum zu schleppen.
Die Feuerwehr weiß, was es heißt, einen Menschen mit mehr als 180 Kilo aus dem vierten Stock in den Krankenwagen zu hieven. Diese Fälle würden immer häufiger, erfährt die WAZ von der Feuerwehr. Nicht, dass alle Fettleibigen im vierten Stock lebten, aber die Schwierigkeit, dass die Sanitäter den Patienten nicht mehr mit der normalen Wagenbesetzungsstärke tragen können, nimmt zu.
Spezielles Rettungstuch
Zum einen sprengen die Pfundskerle das Tragenformat, weshalb ein spezielles Rettungstuch eingesetzt wird. Manchmal sind auch die normalen Türrahmen zu schmal, dann muss gestemmt werden.
Es sei auch schon nötig gewesen, zusammen mit der Höhenrettung und ihrer Technik, einen kranken fettleibigen Menschen durch das Treppenhaus zu bringen, mit Seilwinden und Greifzug. Mit reiner Muskelkraft hätte man den Betroffenen nicht tragen können. Schließlich bestehe in solchen Fällen auch Gefahr für die Helfer selbst.
Die normalen RTWs kommen aber ebenso an ihre Grenzen bei Menschen um 200 Kilo. In Eigenregie hat die Feuerwehr deshalb hier schon einen alten Wagen mit einer speziellen Winde und Schienen sowie einem Spezialbett aus dem Krankenhaus umgerüstet. Über kurz oder lang muss Gelsenkirchen aber einen anderen Wagen dazu anschaffen, der allerdings dann multifunktionale Aufgaben übernehmen soll, ähnlich wie der Wagen, der bereits in Essen fährt.
XXXL-Patienten
Begrüßt wird von der Feuerwehr, dass jetzt nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts in Sachsen, die Mehrkosten durch Mehrpersonal, mehr Gerät, Spezialausrüstung auch den Krankenkassen in Rechnung gestellt werden können. Bisher blieb die Kommune, sprich der Steuerzahler, darauf sitzen.
Die Krankenhäuser in Gelsenkirchen haben sich inzwischen auch schrittweise auf den XXXL-Patienten eingerichtet. Das fängt beim Blutdruckmessgerät an, dessen Manschette nicht mehr um den dicken Oberarm passt. Die evangelischen Kliniken haben, so Corinna Lee, die OP-Tische nachgerüstet, damit die auch die Breite solcher Patienten auffangen, im Bergmannsheil in Buer sind alle OP-Tische jetzt bis 360 Kilo ausgelegt, berichtete Michael Milfeit. Bei den normalen Betten geht bei Gewichten über 140 Kilo die Hydraulik baden, hier können kurzfristig Spezialbetten mit größerer Zuladung abgerufen werden. Die evangelischen Kliniken haben normale Betten, die bis zu 180 Kilo aushalten. Schwerere Patienten müssen in die alten ausrangierten Betten ohne Hydraulik. Die halten mehr aus.
Statische Probleme
Spezialbetten für Gewichte über 200 Kilo wiegen selbst rund 500 Kilo. Mehrere davon auf einer Station plus pfundige Patienten können dann schnell statische Probleme bescheren.
Besondere Toilettenstühle sorgen in allen Krankenhäusern für Abhilfe, wenn der „Besitzer“ zu schwer ist. Die normalen, mit der Wand verdübelten Freischweber halten maximal 140 Kilo, danach brechen sie aus der Wand.