Gelsenkirchen.. Für die Belegschaft kam es völlig unerwartet: Am Montag kam das Schreiben der Geschäftsleitung, man müsse Insolvenz anmelden. Das Oktobergehalt steht noch aus.
Eigentlich war der Montag ein Brückentag für die 96 Mitarbeiter der Wellpappe Gelsenkirchen GmbH & Co KG an der Grothusstraße 90. Am vergangenen Freitag noch waren in der Betriebsratsversammlung zehn Überstunden für diese Woche genehmigt worden. Ein Blick in die Auftragsbücher habe gezeigt, dass die Auftragslage gut sei, Tendenz steigend. Und so hatten die Mitarbeiter auch keinen Grund, allzu misstrauisch zu werden, als ihr Gehalt vergangene Woche nicht auf dem Konto landete. „Ein EDV-Fehler“ sei das, habe die Betriebsleitung erklärt und die Zahlung gehe diese Woche ein.
Stattdessen bekamen die Mitarbeiter am Montag, 31. Oktober, Post von ihrem Arbeitgeber, per Boten. Die Botschaft darin: Die Wellpappen-Produktion im Werk Gelsenkirchen stehe bis auf Weiteres still. Aufgrund der „hoffnungslos veralteten“ Anlagen im Werk würden keine Aufträge mehr an Gelsenkirchen vergeben, Investitionsmittel zur Modernisierung gebe es nicht und so habe man Montag Insolvenz anmelden müssen. Der Mitarbeiter sei „von seinen Arbeitspflichten frei“. Der Insolvenzverwalter werde sie kontaktieren und weitergehend informieren.
Insolvenzgericht entscheidet
Die Meldung über das Schreiben machte die Runde, am Abend hatten sich zig Mitarbeiter vor dem Werktor versammelt, um mehr zu erfahren. Vergeblich. Vor Ort war lediglich ein Sicherheitsdienst mit zahlreichen Mitarbeitern, die den Zugang absperrten, aber keine Auskünfte gaben. Von der Werksleitung keine Spur. Die im Brief angegebene Handynummer gehörte einen Sicherheitsdienstmitarbeiter, der auf Wunsch persönliche Gegenstände „aus dem Spind“ holen würde.
„Von 400 Millionen Euro Investitionen floß nichts nach Gelsenkirchen“
Mittwoch Entscheidung des Insolvenzgerichtes erwartet
„Dabei ist der Konzernchef, Wolfgang Palm mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt worden. „Für seine Fairness im Unternehmen!“, höhnt ein Kollege. Während die Gruppe vor dem Tor darauf wartet, dass jemand ihnen erklärt, was mit ihrem Arbeitsplatz geschieht, erreicht viele per Handy die Nachricht, dass das Schreiben der Geschäftsführung nun auch bei ihnen daheim eingegangen ist. Am Ende ist klar: Es trifft alle. Am Dienstag erklärte eine Düsseldorfer Kanzlei gegenüber der WAZ, man rechne am Mittwoch mit der Entscheidung des Insolvenzgerichtes in Essen, das auch einen Insolvenzverwalter benennen werde. Mehr könne man nicht sagen.
Betriebsratsmitglied Ramazan Yanik ist ebenso wie seine Kollegen besonders sauer, wie mit den Mitarbeitern umgegangen wird. Ohne Vorwarnung am Brückentag die Insolvenzmitteilung rauszuschicken, ohne jede Chance, nachzufragen.