Gelsenkirchen. Der Preisverfall von Lebensmitteln stellt Gelsenkirchener Bauern vor ein Problem. Sie bekommen wenig für ihre Waren - Großkonzerne sind die Gewinner.

Der Preisverfall bei Fleisch und Milch treibt die Bauern in den Ruin. „Gewinner sind die großen Lebensmittelkonzerne“, sagt Hubertus Hölscher, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Lokalvereins Gelsenkirchen-Buer

„Die Leute kaufen sich für 800 Eure einen teuren Grill und rösten die Wurst für 89 Cent.“ Hubertus Hölscher, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Lokalvereins Buer, ist frustriert. Landwirtschaft sei Marktwirtschaft ad absurdum.

„Die Landwirte haben keine Verhandlungsmacht“, sagt Laura Jacobs, Sprecherin des Westfälisch Lippischen Landwirtschaftsverbandes Recklinghausen, zu dem auch Gelsenkirchen gehört. „Sie bieten ein Produkt an, und erfahren, was sie dafür bekommen“.

Verbrauer sensibilisieren

Und zur Zeit bekommen sie zu wenig. Die Landwirte in der Region machen mobil, wollen die Verbrauer sensibilisieren. „Die Erzeugerpreise sind auf dem Niveau von vor 20 Jahren“, sagt Hölscher. Tendenz sinkend. Wohingegen die Preise für den Verbraucher gestiegen sind. „Zur Zeit verdienen Einzelhandel und Verarbeitungsindustrie. Sie geben den Preisverfall nicht an den Verbraucher weiter“, so Hölscher.

Der Landwirt aus Resse wird konkret. Seine Kollegen bekommen zwischen 22 und 24 Cent pro Liter Milch. „Die Prognose sagt uns, dass der Preis unter 20 Cent fallen wird.“ Ähnlich düster sieht es beim Schweinefleisch. „Durchschnittlich zahlen die Viehhändler 1,24 Euro pro Kilogramm“. Mit der Fusion von Tengelmann und Edeka werde das Geschäft nicht einfacher. „Die Existenz der Betriebe ist bedroht“, so Hölscher.

Bestand an Höfen hat sich halbiert

In den letzten 15 Jahren habe sich der Bestand an Höfen allein in Resse halbiert. Momentan leben in dem Stadtteil noch fünf Familien von der Landwirtschaft. Ähnlich sieht es kreisweit aus. „Von über 1000 Betrieben zur Jahrtausendwende haben wir noch 700“, berichtet Laura Jacobs.

Seit 22 Jahren bewirtschaft Hölscher seinen Hof. „Momentan leben wir von der Substanz“, sagt er. Sollte die Entwicklung so weiter gehen, kann der Landwirt vielleicht noch ein Jahr finanziell durchhalten. Hölscher selbst betreibt eine Schweinemast. Den Verkauf der Tiere organisiert ein Viehhändler. Der schaut: Welcher Schlachthof zahlt heute am besten. „Die wiederum sind in Nordrhein-Westfalen in Besitz von Tönnies oder Westfleisch und bestimmen die Preise, die sie vorher mit Tengelmann, Rewe & Co ausgehandelt haben“, so Laura Jacobs. „Das ist eine sehr einseitige Produktionskette“, so Hölscher.

Russisches Embargo

Zumal die Landwirte unter Druck stehen: „Wir haben schnell verderbliche Ware, wir haben einen Mengendruck und da ist der Preisdruck nicht mehr weit“, so Hölscher. Denn den Landwirten sei durch das russische Embargo ein Markt im Osten komplett weggebrochen. „Wenn wir dem Dumping nicht zustimmen, kaufen die Großen in Asien“.

Hölscher ist verzweifel. „Ich habe eine 14-jährige Tochter. Der kann ich heute nicht guten Gewissens sagen, investiere in die Landwirtschaft. Wir brauchen ganz dringend faire Preise für unsere Arbeit.“ Und da setzt er auf das Verständnis der Verbraucher.