Gelsenkirchen.
Kaum hat der Besucher den Raum betreten, da wird er – nein, nicht an die Grenzen seiner Wahrnehmung heran, sondern gleichsam über diese hinausgeführt.
64 zum Quadrat geordnete konkave Spiegel bewirken, im unberechenbaren Zusammenspiel von Blickwinkel, Lichtbrechungen und Reflexionen, nichts weniger als die empfundene Auflösung von Körperlichkeit. Das großformatige Spiegelobjekt von Adolf Luther (1912-1990), einem der wichtigsten deutschen Vertreter von Kinetischer Kunst und Optical Art, ist zweifellos das Glanzstück in der aktuellen Ausstellung der Galerie Kabuth (Wanner Str.4).
So viel Immaterialität hat freilich auch seinen materiellen Gegenwert – der Luther ist das bei weitem teuerste der rund 20 hochkarätigen Exponate, die ausschließlich aus fünf Privatkollektionen im Ruhrgebiet stammen.
Für die letzte Ausstellung des Jahres, die den Blick lenkt auf eine weitgehend im Verborgenen blühende Leidenschaft experter Sammler im Revier, hat die Galeristin um das allzu Naheliegende einen großen Bogen gemacht: Die populäre klassische Moderne findet nicht statt, Jutta Kabuth konzentriert sich auf Kinetik und konkrete Kunst.
Prominent mit zwei der berühmten Kaufhausobjekte (Kleiderstangen, Schnapper) aus den späten 60ern vertreten ist Rolf Glasmeier. Gunter Dohr, der in einem namenlosen Plexiglas-Großobjekt von 1975 das Verhältnis von Licht, Farbe und Wahrnehmung thematisiert, bildet einen geradezu malerischen Gegenpol zu dem eher mit physikalischen Gesetzmäßigkeiten arbeitenden Luther. Mit seinen vier übermannsgroßen, aus schwingenden Moniereisen gefertigten Polymobilen wiederum wirkt Hermann Kassel fast wie der Giacometti unter den Kinetikern.
Einen weiteren Schwerpunkt bilden Ölgemälde (Stadt-Landschaften) von Günter Tollmann, die den künstlerischen Weg des „B1“- Mitbegründers von der Gegenständlichkeit zur Abstraktion nachvollziehen lassen.
Neben einigen „konkreten“ Arbeiten – ein Prägedruck von August Hering, eine zarte Grafik von Hartmut Böhm, ein ins Konstruktivistische greifender Siebdruck von Erwin Heerich – umfasst das Spektrum der Ausstellung auch eine Reihe exquisiter Arbeiten international renommierter Künstler wie Norbert Tadeuz, Antonius Höckelmann und nicht zuletzt Emil Schumacher, der mit dem Künstlerabzug eines Siebdrucks vertreten ist.
Die Ausstellung ist bis 20. Dezember dienstags bis freitags 9 bis 12 und 13 bis 15 Uhr geöffnet sowie nach telefonischer Vereinbarung: 1487461