Gelsenkirchen.. Gelsenkirchener Rat und Ausschüsse erfahren über das Gremium, was die vielen Menschen mit Wurzeln im Ausland bewegt.

Als Sprachrohr verstehen sie sich, die Mitglieder des Integrationsrates. Als Interessensvertretung aller Migranten in Gelsenkirchen, als politisches Gremium in beratender Funktion angesiedelt zwischen den Bürgern sowie den Ausschüssen und dem Rat der Stadt. Die Erziehungswissenschaftlerin Melek Topaloğlu (SPD), zugleich auch Vorsitzende des Integrationsrates, der Mechatroniker Aydin Kilinc (DTIB) und der Politikwissenschaftler Irfan Zortas (WIN) haben mit der WAZ über ihre Arbeit und Ziele gesprochen.

Hilfe bei der Mithilfe

„Wir sind zwar nur ein beratendes Gremium“, sagt Melek Topaloğlu, „nichtsdestotrotz werden wir wahr- und ernstgenommen.“ Insbesondere die Ströme an Zuwanderern und Flüchtlingen in den vergangenen Monaten haben dem Integrationsrat eine Fülle von Anfragen aus der Bürgerschaft beschert. Viele wollten helfen, etwa Migranten- und Frauenvereine, doch nicht jedem ihrer Mitglieder sind die Strukturen einer komplexen Stadtverwaltung vertraut, die Ansprechpartner und Anlaufstellen bekannt. „Hier“, so Irfan Zortas und Aydin Kilinc, „war unser Netzwerk sehr nützlich.“

Und auch die Vielsprachigkeit ist hilfreich, im Gremium sind immerhin gut zehn Nationalitäten vertreten. „Der Integrationsrat leistet einen Beitrag“, so Topaloğlu weiter, „dass Helfer und Helfende schnell und unbürokratisch zueinander finden“, Wohlfahrtsverbände, Ehrenamtliche und die städtische Stabsstelle Hand in Hand arbeiteten. Das Spektrum: Begleitung bei Arztbesuchen, Hilfe bei Behördengängen bis hin zu gelebter Willkommenskultur, etwa Fußballtraining für Neuankömmlinge in nahen Vereinen, beispielsweise in Ückendorf.

Nicht immer aber stellen sich sichtbare Erfolge auf die Schnelle ein. Auf seiner Agenda hat der Integrationsrat noch eine Reihe Punkte stehen, die umzusetzen schwer sind. „Einen langen Atem braucht es zum Beispiel beim kommunalen Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer“, ist sich das Trio einig. Bereits mehrere Vorstöße hätten hierfür SPD und Grüne im Land unternommen – geändert habe sich an der Gesetzeslage bislang aber nichts. Aufgeben, das möchten die Drei dennoch nicht. Ihr Credo: „Dort wo ich lebe, will ich auch wählen.“ Allerdings: Für eine entsprechende Änderung am Kommunalwahlrecht müsste das Grundgesetz geändert werden. Dazu bedarf es eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Bis dahin ist also noch viel Arbeit an der Basis in den Städten und auf höherer Ebene nötig.

Vielsprachigkeit in der Verwaltung

Und Aydin Kilinc ergänzt: „Auf der Einstellungsseite der Verwaltung tut sich noch viel zu wenig. 35 Prozent der Mitarbeiter haben einen Migrationshintergrund, das ist klar ausbaufähig. Und würde die Arbeit der Verwaltung auch effektiver machen durch den Wegfall der Sprachbarrieren.“ Ein weiteres Anliegen der Drei: die Integration des Islamunterrichts in den normalen Schulalltag – in staatlicher Hand. „Nur so“, sind die Integrationsratsmitglieder überzeugt, „lassen sich Parallelgesellschaften vermeiden.“

Mitunter kommen auf die Mitglieder des Integrationsrates sachfremde Aufgaben hinzu. So erhielt Aydin Kilinc jüngst eine Anfrage eines türkischen Unternehmens aus Bremen, das expandiert und sich im Ruhgebiet nach einem weiteren Standort umschaut. „Ich habe daraufhin den Kontakt zu Rainer Schiffkowski von der Wirtschaftsförderung hergestellt“, sagt der hauptberufliche Mechatroniker mit einem Schmunzeln. Falls also demnächst im Schalker Gewerbegebiet zu einem Spatenstich gebeten wird, so ist das nicht nur ein wirtschaftlicher Erfolg, sondern auch ein integrativer. Das kann die Stadt gut gebrauchen.

Beratendes Gremium umfasst 18 Mitglieder

Der Integrationsrat ist ein Fachgremium, in dem alle integrationspolitisch relevanten Themen behandelt werden können. Die Beratungsergebnisse werden vom Rat und seinen Ausschüssen als eine wichtige Unterstützung angesehen. Die Amtszeit des Integrationsrates beträgt fünf Jahre.

Bei den jüngsten Wahlen 2014 errang die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) und die Wählerinitiative NRW-Integrationsliste (WIN) jeweils fünf, die Deutsch-Türkische Interessen Bewegung DTIB drei Sitze im Integrationsrat, der 18 Sitze stark ist. Mit je einem Sitz sind die Integrationsbrücke Gelsenkirchen (IBG), die FU (Familien-Union), die Einzelbewerberin Anca Renn, die ZGE (Zukunft Gelsenkirchen) und das BBG (Bürger Bündnis Gelsenkirchen) vertreten.

Der gewählte Integrationsrat besteht aus: Hasan Kani Yilmaz, Philippe Gbegnon, Milan Stanojevic, Melek Topaloğlu, Teuta Abazi (SPD), Irfan Zortas, Fazile Rauf, Yunus Arslan, Bayram Coskun, Gökhan Yilmaz (WIN), Aydin Kilinc, Cesur Özkaya, Cevdet Duran (DTIB), Ömür Kavuk (IBG), Edin Juhic (ZGE), Fatima Bazairi (BBG), Walid Saado (FU) und Anca Renn (Einzelbewerberin). Hinzu kommen noch Vertreter der Ratsfraktionen.

Sowohl Nicht-Deutsche als auch Deutsche dürfen für den Integrationsrat kandidieren. Die Kandidatinnen und Kandidaten müssen mindestens 18 Jahre alt sein, seit mindestens einem Jahr in Deutschland leben und seit mindestens drei Monaten in der jeweiligen Stadt mit erstem Wohnsitz gemeldet sein.

Kontaktdaten: KIGE - Kommunales Integrationszentrum Gelsenkirchen, Wissenschaftspark, Munscheidstraße 14. Verwaltung/Geschäftsführung: Manfred Fokkink, 0209 169 3075, Mail an manfred.fokkink@gelsenkirchen.de