Gelsenkirchen. Seit einem Jahr leitet Künstlerin Ilsebill Eckle den Verein in Ückendorf.

Für die einen ist es eine finstere No-go-Area, für die anderen die schönste Kunst- und Kulturszene schlechthin: Ückendorf, der Stadtteil mit Erneuerungsbedarf im Südosten, zog in den letzten Jahren unterschiedliche Menschen in seinen Bann. Darunter zahlreiche Kreative, die sich im Kulturhauptstadtjahr zur Galeriemeile zusammengeschlossen haben. Seit einem Jahr ist die Ückendorfer Künstlerin Ilsebill Eckle Vorsitzende des Vereins. Die WAZ sprach mit der 62-Jährigen über Schwierigkeiten und Chancen eines Kreativquartiers.

Mit welchen Ideen, Plänen, Zielen haben Sie vor einem Jahr den Vorsitz der Galeriemeile übernommen?

Ilsebill Eckle: Im Februar 2015 haben wir unsere Galerie ue12-parterre eröffnet und im gleichen Monat habe ich mich zur Wahl gestellt. Ich wollte als Erstes den Erhalt des Vereins Galeriemeile sichern, und zweitens natürlich unsere Galerie bekannt machen. Dazu habe ich mich sehr stark bei der Planung und Durchführung der Aktionen „Tür auf“ und „Licht an“ engagiert. Außerdem habe ich mit den Mitgliedern angefangen, neue Projekte zur Stärkung der Galeriemeile zu entwickeln: Das sind einmal neue Aktionen und, ganz wichtig, die Ausweitung und Verbesserung der Werbung.

Was konnten Sie bislang erreichen, welche Wünsche sind noch offen?

Eckle: Der Verein entwickelt sich sehr gut: Er erlebt einen Zuwachs auf jetzt 17 Mitglieder. Vor einem Jahr waren es zwölf. Wir haben bei „Tür auf 2016“ drei neue Teilnehmer und 18 Anlaufpunkte für die Besucher. Bei den letzten Aktionen hatten wir steigende Besucherzahlen und Umsätze. In Ückendorf gibt es auch einige neue Künstler, die ich noch anwerben will. Die Aktivitäten innerhalb der Galeriemeile haben sich auch erhöht. Der Bund Gelsenkirchener Künstler veranstaltet schon lange sieben Ausstellungen pro Jahr. Jetzt werden auch im Eurasia/pilgrim.art und in unserer Galerie ue12-parterre zusätzlich zwei bis drei Ausstellungen pro Jahr neben „Tür auf“ und „Licht an“ durchgeführt.

Reicht die Werbung?

Eckle: Auch in der Werbung machen wir Fortschritte: Unsere Website sieht schon sehr gut aus und die Verweise über Facebook und Twitter laufen. Leider gibt es aber immer noch zu wenige Besucher zu den regulären Öffnungszeiten samstags von 14 bis 17 Uhr. Kontakte mit anderen Gruppierungen in Gelsenkirchen und zum Beispiel Bochum müssen noch geknüpft werden.

Was macht für Sie den Reiz der Galeriemeile aus?

Eckle: Ückendorf ist meine Heimat, und arbeiten, wo ich auch lebe, ist für mich ideal. Durch die Galeriemeile habe ich sehr viele nette Leute kennengelernt. Bei unseren Treffen haben wir sehr anregende Diskussionen und viel Spaß.

Bekommen Sie Unterstützung?

Eckle: Ja, ich finde es sehr gut, wie viel Eigeninitiative von den Mitgliedern entwickelt wird. Ückendorf ist kompakt, man trifft sich und arbeitet zusammen. Gerne höre ich auch von Nicht-Ückendorfern, dass es hier nicht spießig ist, dass hier was los ist.

Und was sind die größten Schwierigkeiten?

Eckle: Meiner Meinung nach sind im Kreativquartier Ückendorf noch zu wenig Ateliers und Galerien. Ich arbeite daran, dass wir noch mehr Mitglieder bekommen. Es gibt noch zu wenig Gastronomie, zum Beispiel Cafés. Allerdings tut sich ja jetzt schon einiges durch die Veranstaltungen des IUC. Uns fehlt noch ein Netzwerk, das ist aber in Arbeit. Auch die überregionale Bekanntheit, wie früher beim Halfmannshof, muss erst noch aufgebaut und erweitert werden.

Wie reagieren die Menschen im Umfeld der Galeriemeile auf ihr großes Engagement für die Kunst- und Kulturszene?

Eckle: Im Allgemeinen ist das Echo sehr positiv: Ich bekomme viel Zustimmung und Anerkennung für meine Arbeit. Zum Teil gibt es natürlich auch Skepsis und Leute sagen: „Kunst - das geht hier nicht!“ Aber davon lasse ich mich nicht beirren: Wenn man etwas nicht ausprobiert, weiß man nicht, ob es klappt.

Der Bereich rund um die Bochumer Straße und Ückendorfer Straße ist ins Gerede gekommen, wird immer mal wieder auch als gefährliche No-go-Area beschrieben. Schadet dieses Image der Galeriemeile?

Eckle: Für die Galeriemeile ist es meiner Meinung nach kein Image-Schaden, sondern im Gegenteil eine sehr gute Reklame. Zum Beispiel sind jetzt die Vorträge vom Heimatbund von Volker Bruckmann über die Bochumer Straße total überlaufen, das Interesse ist auf einmal riesig.

Allgemein wird Gelsenkirchen natürlich nicht als „Kulturstadt“ wahrgenommen, aber das ist falsch und ich hoffe, langsam kann man da auch etwas machen und erreichen.

Wie kann das Ansehen des Quartiers in der Zukunft verbessert werden?

Eckle: Ich sage ganz unbescheiden: Zum Beispiel durch uns, die Galeriemeile! Leerstände sind durchaus ein Problem und sollten vermieden werden, zum Beispiel auch durch Belegung mit Künstlern. Da kann die Stadt vielleicht auch helfen. Sauberkeit und Ordnung sind zum Teil verbesserungswürdig. Die Gelsendienste arbeiten sehr gut, aber es wird auch viel verdreckt.

Die Malerin und Objektkünstlerin Ilsebill Eckle betreibt gemeinsam mit ihrem Mann, dem Fotografen Idur Eckle, ihre Galerie „ue-12 Parterre“ an der Ückendorfer Straße 12. Seit einem Jahr ist die Künstlerin auch Vorsitzende des Vereins Galeriemeile.

Der Verein lädt am Samstag, 7., und Sonntag, 8. Mai, wieder zu „Tür auf“ ein. Dann öffnen Ateliers, Galerien und Werkstätten wieder ihre Pforten. Die Flyer mit dem umfangreichen Programm liegen aus. Infos: galeriemeile-gelsenkirchen.de