Gelsenkirchen. Sven Hilling und Dirk Slawetzki laden in Gelsenkirchen zu einer nostalgischen Reise durch die Stadt-Historie ein. An Orten, die Geschichte geschrieben haben, werfen sie über einen Beamer historische Aufnahmen an die Wand und erläutern die Zusammenhänge. Zu der Stadttour starten alle Teilnehmer grundsätzlich zu Fuß.
Gelsenkirchen zeigt sich im historischen Gewand: Frauen in schicken Gewändern und geschwungenen Hüten, protzige Gründerzeitvillen, oder die stolzen Meisterkicker von 1958 in der Glückauf-Kampfbahn. Das Ungewöhnliche: Die nostalgische Zeitreise spielt sich auf Häuserwänden ab. Der Betrachter fühlt sich ans Autokino erinnert, nur dass er das Kinogefühl jetzt im Freien genießen muss.
Die beiden Gelsenkirchener Sven Hilling (41) und Dirk Slawetzki (41) haben eine originelle Lösung gefunden, die Stadt und ihre Geschichte ins Bild zu rücken. Sie bauten einen in die Jahre gekommenen Fahrradanhänger, der einst den Nachwuchs beförderte, in ein mobiles Mediacenter um. Zur Grundausstattung gehören eine Autobatterie, ein Beamer und ein Umwandler, der aus einem 12- einen 230-Volt-Betrieb ermöglicht.
Viele Schätze schlummern noch
Ganz gewöhnlich über eine Steckdose wird der Beamer gespeist, der bewegte Szenen und historische Bilder an Wände und Fassaden wirft. Sie dienen als Leinwand. „Wir wollen die Geschichte der Stadt dort zeigen, wo sie sich einst abspielte“, verrät Dirk Slawetzki die Philosophie des Teams. Im medialen Handgepäck haben die Stadtführer historische Bilder und Filmsequenzen archiviert, die die Vergangenheit zurückholen. Der Betrachter muss schon beweglich sein, um der geschichtlichen Reise zu folgen.
Denn grundsätzlich wird jeder Ausflug in die Vergangenheit zu Fuß angetreten. Ihr Equipment ziehen die Autoren in ihrem Anhänger von Station zu Station. Da die geschichtlichen Abrisse tagsüber nur schemenhaft an der Wand erscheinen würden, beginnen die Stadtteilwanderungen abends. Die geschichtsbewussten Spaziergänger sollen sich nach Vorstellung der Initiatoren immer sonntags auf den Weg machen. Die zweistündige Reise startet zunächst in Schalke, immer an St. Joseph, und endet in der legendären Schalke-Kneipe Bosch. Grillo-Denkmal, Berliner Brücke, Schalker Markt, natürlich die Glückauf-Kampfbahn sind einige der Stationen, an denen die geschichtlichen Spuren deutlich werden sollen.
Das Institut für Stadtgeschichte, das viele Dokumente zur Verfügung stellte, unterstützt die Aufarbeitung der Geschichte in Wort und Bild. In welchen Größen die Dokumente an der Wand erscheinen, hängt vom Abstand zum Beamer und der Beschaffenheit der natürlichen Leinwand ab. Die 58er Schalker Meistertruppe ist auch in Zehn-Meter-Dimension auf der Wand noch scharf. Die Tourführer wollen die Dokumente nicht nur erläutern, sondern die Wandergesellschaft auch mit einigen Anekdoten und amüsanten Randgeschichten unterhalten. Auch Mitwanderer sollen ihr Gedächtnis mobilisieren. Das Team sucht den Dialog mit den Wegbegleitern. Dirk Slawetzki ist sicher, dass in vielen Privatarchiven noch zahlreiche Foto- und Filmschätzchen schlummern. „Die können wir für unsere Tour gut gebrauchen.“ Sollte die Nostalgiewelle in kräftige Bewegungen geraten, denken die Geschichtswanderer schon über Fußmärsche in Buer und in der Innenstadt nach.