Gelsenkirchen..

Grey Nemeses und Valentin Brasse gehen mit großen Augen durch eine Welt, die ihnen bisher fremd war. Die Zwei kommen aus Nicaragua, aus einem von bitterer Armut geprägten Landstrich, 16 Kilometer von Granada entfernt. Zusammen mit Ursulinen-Schwester Lidia Ernoux, die seit 25 Jahren in den Armenvierteln Nicaraguas ihren Dienst tut, streifen sie gerade durch Gelsenkirchen.

Das Trio gehört zum Leitungsteam der KAB in dem zentralamerikanischen Land, der Moviemento Trabejadores Christianes (MTC). Beim Stichwort KAB kommt Wolfgang Heinberg ins Spiel. Der Gelsenkirchener CDU-Kommunalpolitiker ist in seiner beruflichen Eigenschaft als KAB-Diözesansekretär im Bistum Essen quasi Gastgeber der dreiköpfigen Delegation.

Gegenbesuch aus Nicaragua

Vor zwei Jahren selbst in Grey Nemeses’ Dorf gewesen, erfolgt nun der Gegenbesuch. Seit 2008 ist die KAB Gelsenkirchen-Essen mit der in Nicaragua auf Grundlage eines Kooperationsvertrages miteinander verbunden. „Wir haben uns die Hände darauf gegeben, das wir uns alle zwei Jahre sehen“, sagt Heinberg. Currywurst im „Heiner’s“, soziale Pojekte, U-Bahnfahren, Schalke, touristische Ziele, Besuch beim Bischof: Lehrer Valentin Brasse und Landfrau Grey Nemeses kommen aus dem Staunen nicht heraus.

Schwester Lidia ist Europa nicht fremd. Sie ist in Belgien geboren, und für die KAB war sie bereits dreimal in Deutschland. Und was empfindet Grey Nemeses, die an einem mit Pestiziden und Fäkalien verseuchten See, 13 mal größer als der Bodensee, lebt. Wo Fischsterben zu einer Armutswanderung der Bauern nach Costa Rica führt? Am meisten beeindruckt hat sie der Besuch im „Förderkorb“, wo sie Schulverweigerer kennen gelernt hat. „Das war ein Kulturschock“, sagt sie. Winfried Junker von der KAB Bottrop spricht spanisch und dolmetscht. „In Nicaragua kämpfen die Eltern dafür, dass ihre Kinder eine Schule besuchen können.“ Die obendrein Geld kostet und zumeist weit entfernt ist. Grey kaum kaum fassen, was sie hier erlebt hat.

Beeindruckt von der Arbeitswelt in Deutschland

Valentin Brasse lebt in Massatepe, fährt jeden Tag sechs Kilometer mit dem Rad durch den Busch zur Schule, an der er unterrichtet. „Ich verdiene 230 Dollar im Monat“, erzählt er. Heinberg ergänzt: „Man braucht aber 450 Dollar, um eine Familie einigermaßen zu ernähren.“ Beide sind tief beeindruckt von der Arbeitswelt in Deutschland. „In Nicaragua fängt die Industrialisierung gerade erst an.“ Die KAB-Partner in Essen und Gelsenkirchen wollen weiter helfen. Heinberg kündigt an, dass 3000 Dollar Soforthilfe für eine Fahrradwerkstatt in Caminio Real, für Bildungskurse und die Fortsetzung des Dächerprojekts bereit gestellt werden.

Das Besucher-Trio will nicht um Geld betteln, aber man braucht es dennoch: „Für die anderen Menschen“, sagen sie. Wer helfen möchte: KAB Bistum Essen, Bank im Bistum Essen, Kto.Nr. 720 400 31, BLZ 360 602 95.

Eine Stimme für die Stimmlosen

Dem Elend und der Armut die Stirn bieten wollen die KAB-Aktivisten aus Nicaragua. Nach der Wiederwahl Ortegas sei die Lage im Land noch verzweifelter geworden, berichten sie. Das Ziel der Katholischen Arbeitnehmerbewegung: „Ein Feuer der Solidarität entfachen für eine gerechtere Gesellschaft“. Schwester Lidia sagt es so: „Die Menschen in Nicaragua müssen lernen, ihr Leben in die Hand zu nehmen und aus eigener Kraft etwas zu tun.“ Ihr und das Anliegen der gesamten aktiven KAB’ler wie Valentin und Grey bringt sie so auf den Punkt: „Wir sind die Stimme für die ohne Stimme.“