Essen. Mahnmal „Stadtwunde“ erinnert an Außenlager des KZ Buchenwald. Nun wird die Gedenkstätte endgültig verriegelt. Begründung: Schmutz und Vandalismus

Vom Gedenkort zum „Unort“: Die Installation „Stadtwunde / Schwarze Poth 13“ unterhalb der Rathaus-Galerie erinnert seit mehr als 20 Jahren daran, dass sich an diesem Ort in der Essener Innenstadt einst das von den Nationalsozialisten errichtete ehemalige Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald befunden hat. Aufgrund zahlreicher baulicher Eingriffe, Verunreinigung und Vandalismus habe sich der Standort als Erinnerungsort mittlerweile aber als „nicht mehr würdig erwiesen“, heißt es seitens der Stadt, die die Gedenkstätte „Stadtwunde“ nun zurückbauen und verschließen lässt.

Geschaffen wurde die Installation 2002 vom Essener Architekten Werner Ruhnau und der Künstlerin Astrid Bartels im Treppenaufgang zur Porschekanzel. Die „Stadtwunde“ war damals Teil der durch den Bund Deutscher Architekten initiierten Aktion „Essen erlebt Architektur“ anlässlich des Jubiläums „1150 Jahre Stift und Stadt Essen“. Bei dem Kunstwerk handelt es sich um eine in grünes Neonlicht getauchte, stilisierte Baumgruppe, bestehend aus acht Buchenstämmen, die an das KZ Buchenwald und die menschenverachtenden Taten der Nationalsozialisten erinnern sollten.

Das ehemalige KZ-Außenlager in der Essener Innenstadt wurde komplett überbaut

Die Außenstelle des Konzentrationslagers umfasste in Essen ein 35.000 Quadratmeter großes Gelände in der Innenstadt, gelegen an den Straßen Schwarze Poth, Königstraße, Kirchstraße und Postallee. Ab April 1944 waren dort bis zu 150 Zwangsarbeiter untergebracht. In der durch Bomben zerstörten Stadt mussten sie in Schwerstarbeit Trümmer beseitigen und Blindgänger bergen.

Bevor die Alliierten das Ruhrgebiet im März 1945 besetzten, wurden das Lager aufgelöst. Die Häftlinge wurden nach Buchenwald abtransportiert. Das einstige Außenlager in der Essener Innenstadt ist heute komplett überbaut, die genannten Straßen gibt es nicht mehr. Die „Stadtwunde“ sollte das Geschehene wieder in Erinnerung rufen.

2017 rückten Schülerinnen und Schüler des Leibniz-Gymnasiums mit Schrubber und Bürste an, um das unterhalb der Rathausgalerie gelegene Mahnmal zu säubern.
2017 rückten Schülerinnen und Schüler des Leibniz-Gymnasiums mit Schrubber und Bürste an, um das unterhalb der Rathausgalerie gelegene Mahnmal zu säubern. © Essen | Marie Heibach

Über die Jahre jedoch geriet die Gedenkstätte „Schwarze Poth“ immer weiter in Vergessenheit. Und nicht nur das: Treppenzugänge wurden zugemauert, Verschmutzung und Vandalismus setzten dem Erinnerungsort zu. Vor vier Jahren hatte sich Linken-Politiker Daniel Kerekeš noch einmal dafür eingesetzt, die Installation „Stadtwunde“ nicht dem Verfall preiszugeben. Der Zustand sei „für eine Gedenkstätte an die nationalsozialistischen Verbrechen äußerst unwürdig und eine Schande für die Stadt“, so Kerekeš damals. Essen brauche „ein Konzept, um die NS-Gedenkstätten in Essen ,zukunftsfähig‘ zu machen und sie besser im Bewusstsein der Stadtgesellschaft zu verankern“, lautete seine Forderung.

„Stadtwunde“ in Essen: Statt Pflege und Instandsetzung folgt nun der Abbau

Statt Pflege und Instandsetzung folgt nun allerdings der Abbau. Der Kulturausschuss nahm die Information am Mittwoch, 5. Februar, ohne weitere Debatten zur Kenntnis. Auch der Essener Architekt Georg Ruhnau, der sich engagiert um das Vermächtnis seines Vaters kümmert, hat dem Abbau der „Stadtwunde“ am Ende zugestimmt. „Schwarze Poth 13“ sei nun einmal - wie die weiteren Arbeiten der Architektur-Aktion von 2002 - temporär angelegt gewesen. Der Verfall zum „Unort“ sei schlichtweg nicht aufzuhalten, „wenn sich niemand darum kümmert“, so Ruhnau. Kunst, so der Architekt, „macht hässliche Orte nicht einfach besser, sie braucht auch ihren kleinen, heiligen Raum“. Den Vorschlag, anstelle des Gedenkortes nun eine Gedenktafel anzubringen, halte er für wenig zielführend, sagt Ruhnau. Wenn man tatsächlich nach neuen Formen des Gedenkens suche, plädiere er dafür, einen Wettbewerb zu starten, um „neue Ideen für einen neuen Ansatz zu sammeln“.

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