Essen. Essener Ehepaar fürchtet massive wirtschaftliche Nachteile durch den Bau der neuen Straßenbahntrasse. Verwaltungsgericht soll bald entscheiden.

Vor dem Essener Hauptbahnhof liegen bereits die ersten Gleise für die Citybahn, in der Innenstadt geht der Bau der neuen, oberirdischen Straßenbahntrasse, die vom Ostviertel bis nach Bergeborbeck führen soll, stetig voran. Doch dort stößt das Millionen schwere Bauvorhaben auf juristischen Widerstand.

Jörg Daube, Rechtsanwalt und Eigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses an der Haus-Berge-Straße, hat sich gemeinsam mit seiner Frau Gabriele Daube-Schäferkordt an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gewandt. Beide engagieren sich in der „Bihabe - Bürgerinitiative Haus-Berge-Straße“. Auf dem Rechtsweg wollen sie einen Baustopp erzwingen, bevor das Projekt auch im Essener Westen Fahrt aufnimmt.

Bauarbeiten der Stadtwerke Essen auf der Haus-Berge-Straße sind nur der Auftakt

Zum Anlass nimmt das Ehepaar anstehende Bauarbeiten der Stadtwerke Essen. Der kommunale Versorger will in Kürze in der Haus-Berge-Straße auf einer Länge von 550 Metern Gas- und Wasserleitungen erneuern. Die Arbeiten stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bau der Citybahn, wie Stadtwerke-Sprecher Roy Daffinger auf Anfrage der Redaktion bestätigt: „Einige Leitungen wären jetzt dran gewesen. Andere ziehen wir vor, bevor wir in fünf, sechs oder sieben Jahren wieder anfangen müssen.“

Gabriele Daube-Schäferkordt und Jörg Daube in ihrer „Wundertüte“. Für ihr Restaurant befürchten sie massive wirtschaftliche Nachteile durch die Bauarbeiten auf der Haus-Berge-Straße.
Gabriele Daube-Schäferkordt und Jörg Daube in ihrer „Wundertüte“. Für ihr Restaurant befürchten sie massive wirtschaftliche Nachteile durch die Bauarbeiten auf der Haus-Berge-Straße. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Bis Januar 2026 sollen die neuen Leitungen im Boden liegen. Bevor der Bautrupp der Stadtwerke anrückt, lässt die Ruhrbahn den Baugrund auf mögliche Blindgänger untersuchen. In wenigen Wochen, am 10. März, soll es losgehen. Aus Sicht der Kläger gilt es also keine Zeit zu verlieren. Die Sache drängt.

Jörg Daube und seine Frau fürchten erhebliche wirtschaftliche Nachteile durch die Bauarbeiten. Gabriele Daube-Schäferkordt betreibt an der Haus-Berge-Straße das Restaurant „Wundertüte“. 90 Prozent der Gäste kämen mit dem Auto, doch mit dem Pkw sei das Restaurant bald nicht mehr zu erreichen. Auch in der Nähe gebe es keine Parkplätze. Kurz: Es drohten massive Umsatzverluste. Jörg Daube fürchtet, dass seine Frau das Restaurant schließen muss.

Das Restaurant „Wundertüte“ an der Haus-Berge-Straße 129. Gäste kommen zu 90 Prozent mit den Auto, sagen die Betreiber. Das sei bald nicht mehr möglich.
Das Restaurant „Wundertüte“ an der Haus-Berge-Straße 129. Gäste kommen zu 90 Prozent mit den Auto, sagen die Betreiber. Das sei bald nicht mehr möglich. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Zumal die Bauarbeiten der Stadtwerke nur der Auftakt sind für den geplanten Um- und Ausbau der Haus-Berge-Straße. Nach den Plänen von Stadt und Ruhrbahn soll die Hauptverkehrsstraße zwischen Bocholder Straße und Zollstraße verbreitet werden von heute 9,40 auf 22,40 Meter, um Platz zu schaffen für die Citybahn. Denn die Straßenbahnen sollen auf einem eigenen Gleiskörper in der Mitte der Straße rollen, statt im Autoverkehr „mitzuschwimmen“, wie es heute der Fall ist. Zu beiden Seiten der Gleise sind je ein Fahrstreifen für den Autoverkehr sowie Rad- und ein Fußwege geplant. Mehr als 50 Bäume müssen dafür weichen, 40 Parkplätze fallen weg.

Der Bürgerinitiative soll sich 250 Betroffene angeschlossen haben

Jörg Daube und Gabriele Daube-Schäferkordt hatten davon zufällig erfahren. Hätten sie auch nur davon geahnt, hätten sie gar nicht erst viel Geld in das Restaurant investiert, sagt Daube. Auch Anwohner waren von den Plänen kalt erwischt worden. Die Resonanz auf eine Bürgerversammlung, die das Ehepaar im Oktober vergangenen Jahres initiiert hatte, war mit etwa 80 Teilnehmern jedenfalls beachtlich. Inzwischen hätten sich 250 Betroffene der Bürgerinitiative angeschlossen.

Ihr Vorwurf: Die Stadt habe es versäumt, die Bürger über die Pläne zu informieren. „Im Scheinwerferlicht stand immer die Citybahn am Hauptbahnhof. 500 Meter an der Haus-Berge-Straße hat man im toten Winkel gelassen“, beklagt Jörg Daube, der selbst Rechtsanwalt von Beruf ist. Daube vermutet dahinter Absicht. Nirgendwo entlang der geplanten Straßenbahntrasse seien so viele Anwohner davon unmittelbar betroffen wie dort.

Für die „Citybahn“ soll die Haus-Berge-Straße deutlich verbreitert werden. Mehr als 50 Bäume sollen deshalb gefällt werden.
Für die „Citybahn“ soll die Haus-Berge-Straße deutlich verbreitert werden. Mehr als 50 Bäume sollen deshalb gefällt werden. © FUNKE Foto Services | Judith Michaelis
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Die Stadt Essen verweist auf die gefassten politische Beschlüsse und auf die gesetzlich vorgeschrieben Offenlage der Pläne im Rahmen des Planfeststellungsverfahren, der man als Verwaltung nachgekommen sei. Der westliche Teil der Haus-Berge-Straße, wo die Bauarbeiten nun beginnen sollen, sei aber gar nicht Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens gibt Daube zu bedenken und wirft die Frage auf, was passiert, sollten etwaige Klagen gegen einen Planfeststellungsbeschluss erfolgreich sein.

Die Citybahn soll „Essen 51“ erschließen, doch für das Stadtquartier gibt es noch keinen Bebauungsplan

Von der Citybahn ist Daube nicht überzeugt. Die Straßenbahntrasse soll das geplante Stadtquartier „Essen 51“ erschließen, heißt es. Nur, wann dort gebaut wird, steht in den Sternen. Bis heute gibt es keinen Bebauungsplan. Daube hält es nicht für ausgeschlossen, dass die Straßenbahn auch in Jahren noch durch Brachgelände fährt, vorbei an Schuttbergen.

Auch eine Verlängerung der Trasse über die Hafenstraße bis zum Stadion sei allenfalls Zukunftsmusik. Die Bürgerinitiative habe deshalb angeregt, die Citybahn im Kruppgürtel enden zu lassen oder, wenn unbedingt nötig, auf der Haus-Berge-Straße auf den dort vorhandenen Gleisen fahren zu lassen.

Die Notwendigkeit, die Haus-Berge-Straße zu verbreitern wie geplant, vermag Daube nicht zu erkennen. Auch sieht er keinen Grund zur Eile. Ob das Verwaltungsgericht diesen Argumenten folgt, wird man sehen - wohl bis zum 10. März, wenn die Arbeiten starten sollen.

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