Essen. Essener Snowdance Independent-Festival zählt 4500 Zuschauer und zeigt sich zufrieden. Für 2026 gibt es bereits neue Pläne.
Die Preisträger des Snowdance Independent Filmfestival hatten kaum auf ihren Erfolg angestoßen, da ging es am Samstagabend auch schon weiter im Programm: Biker-Kino für die einen im Autokino am Sulterkamp. Die anderen zog‘s zum Rave mit Essen.diese in die Marktkirche.
Das Festival für unabhängige Filmemacher hat im dritten Jahr das Tempo angezogen. Weniger Festivaltage, weniger Filmvorstellungen, aber mehr Erfolg, sagt Festival-Chef Tom Bohn, der das gestraffte Konzept auch im nächsten Jahr beibehalten will: „Essen nimmt uns an, wir sind angekommen.“ Mit 4500 Zuschauern habe man das bislang beste Ergebnis eingefahren.

Am Mittwoch, 29. Januar, war das Festival mit der Weltpremiere von „The Giant Canvas“ gestartet. Am Samstag, 1. Februar, wurden die Auszeichnungen vergeben. Die Preise für die beste Regie und den besten Feature-Film gehen 2025 an den ukrainischen Filmemacher Egor Olesov für sein Drama „The Daughter“.

Der aufwühlende Spielfilm erzählt von dem Martyrium der 17-jährigen, hörgeschädigten Olga und ihrer Familie auf der Flucht vor russischen Soldaten. Olesov bezieht sich dabei auf das Massaker von Butscha im Februar 2022, bei dem hunderte Menschen Opfer der Gräueltaten der russischen Invasoren wurden.
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Dem Filmemacher, der bei der Preisverleihung in Essen nicht anwesend war, sei ein „kraftvolles Plädoyer für Menschlichkeit inmitten des Grauens“ gelungen, lobt die vierköpfige Jury den Film von „atemberaubender Intensität und Klarheit“.
Als beste Dokumentation wurde der US-amerikanische Film „The Accidental Spy“ von Anthony Wonke ausgezeichnet. Wonkes Doku erzählt die atemberaubende Geschichte eines Mannes, den die CIA kurz nach den Attentaten vom 11. September 2001 aus dem Gefängnis geholt hat, um ihn fortan als Top-Spion im Inneren von Al-Qaida einzusetzen. Der Film sei „meisterhaft dokumentiert und recherchiert“, sein Niveau „vergleichbar mit internationalen Spionagefilmen“, lobt die Jury.

Auch zwei deutsche Produktionen gehören zu den Preisträgern des Independent-Festivals. Benjamin Kramme wurde für das beste Drehbuch ausgezeichnet, das er zusammen mit seiner Frau und Hauptdarstellerin Jennifer Sabel geschrieben hat. „Ich sterbe. Kommst Du?“ ist die Geschichte einer jungen, unheilbar an Krebs erkrankten Frau, die sich in einem Hospiz mit den letzten großen Fragen des Lebens beschäftigen muss.
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Beste Nachwuchsregisseurin wurde Ilka Marie Sparringa für ihren Thriller „Ohne Wahrheit – Gridlocked“ über einen Familienvater, der unter mysteriösen Umständen seine Frau verliert. Mit Hauptdarsteller und Co-Autor Friedrich Bochröder hat Sparringa mehrere Jahre an dem Projekt gearbeitet. Am Abend der Preisverleihung erzählt die Filmemacherin aus Leer vom langen Weg zum ersten eigenen Langfilm. Zwei Jahre und rund 50.000 Euro habe man zunächst für das Projekt kalkuliert. Mittlerweile läge man in beiden Fällen „weit darüber“, erzählt Sparringa. Um das ehrgeizige Unterfangen mit 50 Schauspielern und 60 Drehorten zu stemmen („Zwei Drittel des Budgets haben wir selbst finanziert“) habe man so manchen Brotjob übernommen und Jahre investiert. Die Auszeichnung beim Snowdance-Filmfestival bedeute für das Team eine enorme Motivation und Wertschätzung: „Das gibt Kraft.“
Geschichten, die nicht vom Glamour der Filmindustrie, sondern vom Herzblut, von der Leidenschaft der Filmschaffenden erzählen, hört man viele beim Snowdance-Filmfestival. Auch für die beim Publikum äußerst beliebten Kurzfilmreihen waren wieder viele internationale Filmteams angereist. Anders als in den Vorjahren wurde der Preis in dieser Sektion diesmal nicht vom Publikum, sondern von der Jury vergeben. „Spaceman“ des kanadischen Filmemachers Dan Abramovici darf sich über die Auszeichnung freuen.
Snowdance-Festival zählt 4500 Besucher
Während das Kurzfilm-Programm allabendlich eine feste Fangemeinde ins bisweilen restlos ausverkaufte Sabu-Kino gelockt hat, hat Festival-Chef Tom Bohn bei den Langfilmen erstmals auch auf das sogenannte „Event-Screening“ gesetzt. Filme wurden auch in der Kreuzeskirche, im Autokino am Sulterkamp, sogar im Bottroper Maschinenhaus Bernepark gezeigt.
Nach Angaben Bohns wurden die externen Spielorte trotz der bisweilen größeren Distanzen angenommen. Weitere Off-Spielorte sollen auch im kommenden Jahr angeboten, womöglich sogar ausgebaut werden. Man sei mit Partnern in Essen im Gespräch. Gestartet war das Festival zunächst mit dem Konzept der „kurzen Wege“, alles zentral und citynah auszurichten. Mittlerweile sagt Bohn, die Kulturszene müsse kreativer und beweglicher werden, um Publikum zu erreichen.
Die vierte Ausgabe des Festivals für unabhängige Filmemacher aus aller Welt soll 2026 vom 4. bis 8. Februar laufen.
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