Essen. Das Verwaltungsgericht hält die Abbiegezwänge in Rüttenscheid für rechtswidrig und attestiert der Stadt schwere Fehler. Simone Raskob ist gescheitert.
Das Wort Desaster wird mitunter zu oft bemüht, hier ist es wohl doch einmal angemessen: Erneut hat die Stadtverwaltung mit ihrer selbst ernannten „Verkehrsoptimierung“ in Rüttenscheid vor Gericht Schiffbruch erlitten, und beim nunmehr zweiten Mal schien den Verwaltungsrichtern bei aller gebotenen juristischen Nüchternheit fast ein bisschen der Kragen zu platzen.
Mit Ass und König erhielt eine Besitzerin mehrerer Boutiquen Recht, die sich in ihren Rechten in Rüttenscheid durch die Politik der Autoverdrängung empfindlich eingeschränkt sieht. Stimmt, bestätigten ihr die Richter. Die Begründung, in scharfem analytischen Ton gehalten, liest sich streckenweise wie eine Abrechnung. Aufgeführt wird eine ganze Kette von Fehlleistungen, die dann zu den rechtswidrigen Maßnahmen führten.
Essen-Rüttenscheid: Zwischen den Zeilen entlarvt das Gericht eine rein ideologisch getriebene Verkehrspolitik
Mindestens zwischen den Zeilen entlarvt das Gericht eine rein ideologisch getriebene Verkehrspolitik, die sich nicht einmal mehr die Mühe macht, mit nachvollziehbaren Zahlen und Fakten aufzuwarten. Beim Fehlinterpretieren und politischen Instrumentalisieren von Verkehrsunfällen muss man der Stadt sogar blanken Zynismus vorwerfen, ebenso übrigens beim Simulieren von Bürgerbeteiligung.
Denn am Ende wird eh immer alles so gemacht, wie es Simone Raskob in die autofeindliche Marschrichtung passt. Oberbürgermeister Thomas Kufen hat zwar versucht, die den Grünen angehörende Verkehrsdezernentin hie und da an die Kette zu legen, manchmal auch den gröbsten Unfug verhindert, anderes zumindest verzögert. Doch am Ende erwies sich die äußerst machtbewusste Raskob noch stets als die Zähere.
Verkehrsdezernentin Raskob weiß die Essener Grünen und die Umwelthilfe hinter sich
Die Grünen in der schwarz-grünen Ratskoalition stehen ihr treu zur Seite, im Hintergrund droht zu Raskobs Gunsten die Deutsche Umwelthilfe. Die hat in Essen zwar niemand gewählt, doch fühlt sich der Verein trotzdem aufgerufen, hier ein verkehrspolitisches Exempel zu statuieren - in gebieterischem Ton, wie ihn die grünen Junker lieben.
Die Richter haben sich vom Wortnebel der Stadtverwaltung allerdings ebenso wenig täuschen lassen wie eine – was Rüttenscheid betrifft – zunehmend kritische und besorgte Öffentlichkeit. Es ist und bleibt ja unfassbar, dass der einzige Essener Stadtteil, der in jeder Hinsicht funktioniert und noch immer große Vitalität ausstrahlt, mit derartigen Experimenten traktiert wird.
Am besten wäre es, Raskob träte zurück oder würde entlassen, die Doppelklatsche des Verwaltungsgerichts böte Gründe genug, zumal es sich nur um die Spitze des Eisbergs handelt. Der Stadtrat kann leider nur mit Zweidrittel-Mehrheit dem Treiben von ungeeigneten städtischen Wahlbeamten ein Ende machen, was derzeit natürlich illusorisch ist.
Etwas frech: Der OB dreht die Frage der Verantwortung einfach um
Bedauerlich ist allerdings auch, dass der Oberbürgermeister zu den tieferen Gründen des Gerichtsentscheids offiziell kein Wort verliert, stattdessen die Kritiker als das eigentliche Problem markiert. Zu tadeln ist demnach also nicht, wer den Karren mit falschen und auch noch rechtswidrigen Maßnahmen an die Wand fährt, sondern diejenigen, die sich dagegen politisch und juristisch zur Wehr setzen? Das ist schon ein wenig frech.
Aber auch darauf hat das Gericht eine erfreulich klare Antwort gegeben: Die Stadtverwaltung ist nicht allmächtig, sie hat nachvollziehbare Begründungen zu liefern, wenn sie schon Bürgern derartige Einschränkungen zumutet.
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