Essen. Im Moltkeviertel eskaliert der Streit um das Haus Schinkelstraße 38. Eine Klage stoppt den Abriss vorerst, aber „Böden und Ausstattungen“ sollen schon mal weg.
Nachbarn des Hauses Schinkelstraße 38 im Moltkeviertel haben wie angekündigt vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Anfechtungsklage gegen die Abrissgenehmigung der Stadt Essen eingelegt. „Damit verschiebt sich zunächst der geplante Abriss des Gebäudes bis auf weiteres“, erklärte die Stadt in einer Mitteilung. Allerdings will man dennoch mit den vorbereitenden Abrissarbeiten in der Villa beginnen. Es würden „beispielsweise Böden und Ausstattungen entfernt, die auch für eine Sanierung bei Erhalt des Gebäudes notwendig wären“, so die Stadt.
Soll die Villa noch vor einer Entscheidung unbewohnbar gemacht werden?
Die Frage steht im Raum, ob das knapp 100 Jahre alte Gebäude durch das Herausreißen der Böden und anderer Innenausstattungen noch vor einer Gerichtsentscheidung faktisch unbewohnbar gemacht werden soll. Denn nach Darstellung der „Aktionsgemeinschaft Moltkeviertel/Neu“, die den Kläger unterstützt, sei die Villa in einem guten Zustand und bis vor wenigen Wochen noch bewohnt gewesen.
Die Aktionsgemeinschaft verweist darauf, dass das Haus Schinkelstraße 38 ebenso denkmalwürdig sei wie zahlreiche Nachbarhäuser, die bereits unter Schutz stehen und so den Ensemble-Charakter des historisch wertvollen Moltkeviertels stützen. Auch die Denkmalpfleger des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) hätten der von der Stadt auf Abriss gekauften Villa eine „besonders erhaltenswerte Bausubstanz“ attestiert.
Grundstück für das Haus Schinkelstraße 38 soll für neue Grundschule genutzt werden
Hintergrund des gesamten Streits ist das Vorhaben der Stadt Essen, das Gebäude der früheren Bundesbankfiliale an der Moltkestraße in eine Grundschule umzubauen, die möglichst zum Schuljahr 2026/2027 bezugsfertig sein soll. „Um ein gemäß den Schulbaurichtlinien der Stadt Essen für die Anzahl der Schüler ausreichendes Platzangebot zu schaffen, soll das Bestandsgebäude um einen Anbau erweitert werden“, heißt es seitens der Stadt. Und dafür soll das Grundstück genutzt werden, auf dem das Haus Schinkelstraße 38 steht.
Ungeachtet der aufschiebenden Wirkung der Klage können aber nach Ansicht der Stadt die vorbereitenden Arbeiten schon weiter laufen: Neben dem erwähnten Entfernen von Innenausbauten der Villa, soll deshalb auch die Entkernung des Bundesbankgebäudes starten. Letzteres ist unstrittig, der Gebäudekomplex aus den 1980er Jahren gilt als nicht erhaltenswert.
Nach Darstellung der Stadt sei ein Erhalt der Villa „umfassend geprüft“ worden
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Anders das Haus Schinkelstraße 38. Ob dieses erhalten und in der bestehenden Form in die Pläne für die neue Grundschule integriert werden könnte, habe man „umfassend geprüft“, so die Stadtverwaltung. Aus baulichen, sicherheitstechnischen und funktionalen Gründen sei das aber nicht möglich gewesen. Die Aktionsgemeinschaft Moltkeviertel bestreitet diese Darstellung. Ihr zufolge sei nie ernsthaft versucht worden, die Grundschule zwar zu ermöglichen und trotzdem die Villa zu erhalten. Letztlich gehe es der Stadt darum, auf dem Villengrundstück „Platz für parkende Fahrräder und Autos“ zu schaffen.
Im Rathaus sieht man hingegen keine Veranlassung, von den Abriss-Plänen abzurücken. Alle Maßnahmen würden „in enger Abstimmung mit der Unteren Denkmalbehörde sowie unter Beachtung der Erhaltungssatzung für das Moltkeviertel umgesetzt, um die denkmalrechtlichen und architektonischen Vorgaben des Viertels zu wahren“, heißt es. Das runderneuerte Bundesbank-Gebäude - den Architektenzeichnungen zufolge ein langgezogener schlichter Riegel, der eine Holzfassade erhalten soll - werde sich im übrigen „harmonisch in das Umfeld einfügen“.
Kritik am Baustil des runderneuerten Bundesbank-Gebäudes
Auch das sieht die Bürgerinitiative vollkommen anders. „In unmittelbarer Nähe liegen die denkmalgeschützten Bauten des Robert-Schmidt-Berufskollegs (der früheren Baugewerkschule), des Koppers-Komplex mit Wohnhaus und Firmensitz, des Wohnhauses des Bundespräsidenten Gustav Heinemann und etwa zwanzig denkmalgeschützte Wohnhäuser längs der Schinkelstraße“, heißt es in einer Stellungnahme. Wie das Gebäude sich in diesen Reigen harmonisch einfügen solle, erschließe sich wohl nur wenigen - „zumindest nicht den Bewohnern und Freunden des Moltkeviertels“.
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