Essen. Jetzt finden an Essens Schulen die Tage der Offenen Tür statt. Sind das nur Show-Tage, die man ignorieren kann? Nein, sagt unser Redakteur.

Etwa 5.500 Viertklässlerinnen und Viertklässler an Essener Schulen wechseln im Sommer 2025 auf eine weiterführende Schule. Deshalb gibt es derzeit aufwändig vorbereitete Tage der Offenen Tür, mit denen die Schulen für ihre Arbeit werben.

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Genau, diese Tage sind Werbung: An den Tagen der Offenen Tür präsentieren sich die Schulen von ihrer besten Seite. Das bedeutet, ein wenig überspitzt gesagt: Man wird Sie durch neu gestaltete Fachräume oder frisch renovierte Gebäude-Trakte führen und damit auch diskret davon ablenken wollen, dass die Turnhalle seit einem halben Jahr wegen Schimmel geschlossen ist.

Man wird viel erzählen über Unterrichtskonzepte und Talentförderung und MINT-Zertifikate, über das lebendige Austauschprogramm und die regen Aktivitäten der Schule nach dem letzten Klingeln, die vielen Arbeitsgemeinschaften und Theater- und Chor- und Konzert-Termine, aber es wird Ihnen niemand erzählen wollen, wie viele Stunden Englisch im letzten Halbjahr nicht gegeben wurden, weil zu viele Lehrerinnen und Lehrer ständig fehlen wegen Krankheit, außerdem freie Stellen nicht besetzt werden können, weil das passende Personal nicht aufzutreiben ist.

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Man wird viel erzählen über Digitalisierung und digitales Lernen und iPads für alle, aber vermutlich wird man Ihnen nicht erzählen, dass mancherorts die ersten Jahrgänge bereits wieder zurückrudern mit der Digital-Offensive, weil die Schülerinnen und Schüler einfach zu abgelenkt sind beim Benutzen der Geräte und im Unterricht ständig auf Seiten surfen, die eigentlich gesperrt sind.

Warum lohnt sich der Besuch der Tage der Offenen Tür an den Schulen dennoch? Fünf Gründe.

Die fünf Gründe, warum man Tage der Offenen Tür besuchen sollte

  1. Eine Schule kann sich nicht verstellen, auch nicht an einem Tag der Offenen Tür. Wenn Sie in kurzer Zeit mehrere verschiedene Schulen besuchen, werden Sie feststellen, dass die Atmosphäre in den unterschiedlichen Häusern tatsächlich unterschiedlich ist. Das hat vor allem mit handelnden Personen zu tun. Arbeiten Lehrerinnen und Lehrer schon lange erfolgreich zusammen, fühlen sich als Team und wertgeschätzt von der Schulleitung, überträgt sich das auf die Atmosphäre. Sie als Gast werden das merken.
  2. Räume spielen eine große Rolle. Dass viele Schulen in baulich schlechtem Zustand sind, ändert nichts an der Tatsache, dass es wichtig ist, die Räume selbst anzuschauen, ehe man sich für eine Schule entscheidet. Machen Sie sich klar, dass Ihr Kind in den nächsten Jahren sehr viel Zeit in diesen Räumen verbringen wird, auch wenn diese derzeit womöglich renovierungsbedürftig wirken. Sie mieten ja auch keine Wohnung, ohne diese vorher selbst angeschaut zu haben.
  3. Achten Sie auf Kleinigkeiten. Wie wird Ihr Kind von Mitgliedern der Schulgemeinschaft angesprochen? Wie werden Sie selbst als Elternteil angesprochen? Sind die Lehrerinnen und Lehrer jederzeit bereit dazu, Auskunft zu geben? Haben Sie das Gefühl, die Lehrerinnen und Lehrer brennen für die Inhalte, die sie im Unterricht vermitteln sollen – ist also Leidenschaft im Spiel? Und hält die Schulleitung nur Vorträge, oder sind auch kritische Fragen zugelassen? Lassen Sie die Eindrücke, die Sie gemeinsam mit Ihrem Kind machen, erst mal sacken, ehe Sie entscheiden. Und lassen Sie vor allem die Unterschiede auf sich wirken, die Sie beim Besuch der einzelnen Schulen feststellen werden.
  4. Welche Schule ist die beste für Ihr Kind? Ganz abgesehen von dem Eindruck, den Sie vor Ort persönlich machen: Die Fahrzeit ist ein entscheidender Faktor dafür, wie viel Freizeit Ihr Kind in den nächsten Jahren haben wird. Wie viel Stunden in Bus und Bahn, Umstiege und somit Unsicherheiten wollen Sie Ihrem Kind zumuten? Grundsätzlich gilt die Faustregel: Je näher eine Schule am Wohnort ist, desto besser. Das Grundschul-Prinzip „Kurze Beine kurze Wege“ gilt für ältere Kinder auch. Sie selbst ersparen sich übrigens viel Stress, wenn Sie die Distanz zur Schule berücksichtigen oder vorher der Frage nachgehen, wie kompliziert die Anfahrt mit Bus und Bahn ist. Denn der nächste Ruhrbahn-Streik kommt bestimmt.
  5. Sollte Ihr Kind allein die Entscheidung fällen? Nein. Sie sollten die Entscheidung gemeinsam mit Ihrem Kind treffen. Und dazu sollten sie gemeinsam die Tage der Offenen Tür besuchen. War Ihr Kind begeistert von einer Schule, weil es bei den Experimenten im Physik-Trakt so imponierend laut geknallt hat, sollten Sie Ihrem Kind diese Faszination nicht nehmen. Nur: Erlebnisse von Vorführungen sollten nicht die einzige Grundlage für die endgültige Entscheidung sein.

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