Essen-Altenessen. Schwedischer Investor baut für 22 Millionen Euro für das DRK und investiert in die Essener Sozialstruktur. Warum Nachbarn in Altenessen aufatmen.
Discounter, Bahlsen-Werksverkauf, Sozialkaufhaus: Das Gelände an der Stauderstraße 86 in Essen hat schon so einiges hinter sich. Doch damit ist es jetzt vorbei. Über eine Tochtergesellschaft hat das schwedische Unternehmen Hemsö Fastighets AB das Grundstück bereits 2020 erworben. Die alten Gebäude unmittelbar neben der Stauder-Brauerei sind mittlerweile abgerissen, aktuell wird auf der 3700 Quadratmeter großen Fläche die Baugrube ausgehoben. Bis voraussichtlich April 2026 soll hier das „DRK Pflegezentrum Stauderstraße“ entstehen. Offizieller Spatenstich war am Dienstag (12.11.).
22 Millionen Euro lässt sich Hemsö das Neubauvorhaben in Essen kosten – und sieht sich dabei weniger als Investor, denn als „langfristiger Eigentümer von sozialer Infrastruktur“, wie Jens Nagel, Geschäftsführer von Hemsö Deutschland, es formuliert.
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16 Pflegeheime besitzt das Unternehmen bereits in NRW, bundesweit sind es insgesamt 80. „Wir sind darüber hinaus sehr aktiv im Bau und der Vermietung von öffentlichen Schulen“, sagt Nagel – und schiebt noch weitere Zahlen nach: „Hemsö hat aktuell einen Bestand in Deutschland von anderthalb Milliarden Euro, anderthalb Milliarden in Finnland und fünf Milliarden in Schweden.“ „Selbstverständlich“ wolle Hemsö Geld verdienen, doch wolle man dies auf eine „bestimmte Art und Weise“ tun: „Wir bauen das Rückgrat der Gesellschaft und investieren ausschließlich in Objekte, die eben direkt oder indirekt von der Gesellschaft genutzt werden.“
Etwa in das neue Pflegeheim in Altenessen, für das mit dem Kreisverband Essen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) bereits ein Mieter für die kommenden 20 Jahre gefunden ist. Händeringend hatte das DRK zuvor nach einem Ersatzstandort für eine seit den 1970er Jahren bestehende Pflegeeinrichtung an der Minnesängerstraße in Freisenbruch gesucht, die aufgrund von Brandschutzmängeln Ende 2021 geschlossen werden musste.
Mit dem Neubau an der Stauderstraße, so Alfred Franzen, Vorsitzender des DRK-Kreisverbandes Essen, habe man nun eine „hochmoderne Alternative“ und eine angemessene Ergänzung für die beiden bestehenden DRK-Einrichtungen in Essen-Rüttenscheid und Essen-Horst gefunden.
Neues Pflegeheim in Essen-Altenessen: barrierefrei und energieoptimiert
Rund 6000 Quadratmeter Gesamtnutzfläche wird das neue, vollständig barrierefreie Pflegezentrum haben. Geplant sind bei dreigeschossiger Bauweise insgesamt 116 Zimmer, aufgeteilt auf einen vollstationären Bereich mit 96 Plätzen und eine solitäre Kurzzeitpflege mit 20 Einzelzimmern im Erdgeschoss. Letztere richtet sich an Menschen, die regulär zu Hause versorgt werden und nur eine vorübergehende stationäre Pflege, etwa nach Krankenhausaufenthalten, benötigen. Ebenfalls im Erdgeschoss untergebracht sind eine Cafeteria und ein Friseur.
DRK-Pflegezentrum Stauderstraße
Weitere Informationen zum Projekt erteilt der DRK-Kreisverband Essen unter der Rufnummer 0201 8474204 und per E-Mail unter stauderstr@drk-essen.de.
Die Internetseite des Kreisverbandes ist unter www.drk-essen.de zu erreichen.
Gebaut wird nach streng nachhaltigen Richtlinien, angestrebt ist der sogenannte „Silber Standard“ der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Vorgesehen ist beispielsweise eine 40 Quadratmeter große Photovoltaik-Anlage. Vor allem aber gehe es um Maßnahmen, „über die wir möglichst wenig Energie verbrauchen und die langfristig auch die Betriebskosten senken, weil wir im Technikbereich zum Beispiel darauf achten, möglichst wartungsarme Komponenten einzusetzen“, erläutert Christian Rogalla von der SGI Care GmbH, der das Gesamtvorhaben steuert.
Zugleich lege man Wert darauf, nicht nur einen möglichst attraktiven Lebensort für künftige Bewohner, sondern – „Stichwort: Fachkräftemangel“ – auch attraktive Arbeitsplätze zu schaffen. „Wir bauen beispielsweise drehbare WC-Sitze in die Badezimmer ein. Das kostet zwar mehr, rechnet sich aber in vielerlei Hinsicht. Die Bewohner können das Bad dann so lange wie möglich selbstständig nutzen, weil die Sitze ihnen das Hinsetzen und Aufstehen erleichtern.“ 2,1 Millionen Euro flössen zudem über die KfW-55-Förderrichtlinie in das Projekt, welche die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ebenfalls an strenge Auflagen für die energetische Optimierung knüpfe.
Unattraktive Förderung: Vorerst letztes Projekt des Investors im Pflegebereich
Nagel: „Wir haben da glücklicherweise noch eine alte Förderzusage bekommen; diese Unterstützung der KfW gibt es mittlerweile nicht mehr.“ Eine Lücke in der Förderlandschaft, die auch der Grund sei, „warum diese Maßnahme in Altenessen zunächst einmal unsere letzte dieser Art ist. Was Neubauprojekte im Pflegesegment angeht, sind wir zurzeit extrem zurückhaltend. Leider sind wir nicht die einzigen“. Zwar gebe es mit dem „zinsverbilligten Darlehen“ eine Förderalternative der KfW, doch die sei „keinesfalls so attraktiv“ wie die alte KfW-55-Förderung.
„Um den zusätzlichen Bedarf an Pflegeplätzen decken zu können, müssten wir in den nächsten zehn Jahren jeden Wochentag ein neues Pflegeheim in Deutschland öffnen.“
Nagel bedauert die grundsätzliche Entwicklung: „Der Bedarf an stationärer und ambulanter Pflege steigt enorm. Und es wird nicht einmal ansatzweise in dem Maße neu gebaut, wie es notwendig wäre. Um den zusätzlichen Bedarf an Pflegeplätzen decken zu können, müssten wir in den nächsten zehn Jahren jeden Wochentag ein neues Pflegeheim in Deutschland öffnen. Und das nur, um den akuten Bedarf zu decken – nicht um vorzusorgen.“
Der Neubau an der Stauderstraße, resümiert Franzen, soll ab April 2026 ein Ort sein, „den 96 Menschen ihr Zuhause nennen, an dem sich Menschen erholen können und sich auch die Mitarbeitenden wohlfühlen“.
Schon jetzt ist eine Gruppe trotz der massiven Bauarbeiten dankbar für die Entwicklung in Altenessen: die unmittelbaren Nachbarn. Agron Berisha etwa wohnt direkt nebenan. Und für ihn ist klar: „Das Projekt ist eine tolle Wertsteigerung für das Umfeld. Früher sind wir oft mit der Leiter über die Mauer auf das alte Gelände, wo die Gebäude nach und nach verfielen, um sauberzumachen. Wir hatten Angst, dass sich das Ungeziefer bis zu uns ausbreitet. Jetzt wird alles neu, schön und sauber. Und das wurde auch dringend Zeit.“
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