Essen.. Die Mängel am Essener Sportbad am Thurmfeld sind gravierend, die Gewährleistungen laut Stadt abgelaufen, eine Schließung unausweichlich.
Seit seiner Eröffnung im Januar 2016 begleiten technische Probleme den Schwimmbetrieb im Sportbad am Thurmfeld. Nun steht fest: Die Mängel an dem städtischen Hallenbad, das seinerzeit für rund zehn Millionen Euro als Ersatz für das lange vernachlässigte Hauptbad an der Steeler Straße errichtet wurde, sind gravierender als bisher bekannt. Ja, das Bad am Thumfeld ist ein Sanierungsfall.
So schonungslos beschreibt ein Bericht der Stadtverwaltung den Zustand des Bades, mit dem sich der zuständige Fachausschuss des Stadtrates in der kommenden Woche befassen wird. Die Sport- und Bäderbetriebe gehen dabei nicht nur auf die „außergewöhnliche Ausfallrate“ der Schwimmbadfilteranlage ein, sondern auch auf „den bedenklichen Zustand“ der keramischen Beckenauskleidung. „Obwohl erst seit etwa neun Jahren in Betrieb, weist diese bereits so gravierende Abnutzungserscheinungen auf, dass sie als nicht mehr funktionstüchtig eingestuft werden muss“, heißt es wörtlich.
Die Schäden an dem Essener Hallenbad sollen 2025 behoben werden
Demnach waren bei routinemäßigen Wartungsarbeiten „erhebliche Schäden“ an den Fliesen unterhalb der Hubböden der Schwimmbecken, mit deren Hilfe sich die Wassertiefe regulieren lässt, festgestellt worden. Mit Rücksicht auf anstehende Sportveranstaltungen sollten die Mängel erst Anfang des kommenden Jahres behoben werden.
Inzwischen hat sich der Zustand der Becken weiter verschlechtert. Ein unabhängiger Sachverständiger, den die Stadt hinzugezogen hat, hat diesen Verdacht bestätigt, nachdem er sich das Bad im Oktober angesehen hatte. Die Rede ist von „Ablösungserscheinungen“ und von „strukturellen Mängeln“, die eine „umfassende und nachhaltige“ Sanierung erforderlich machten. Die Stadt geht davon aus, dass das Bad dafür im kommenden Jahr mindestens fünf bis sechs Monate lang geschlossen werden muss.
Aktuell kann nur das kleinere Lehrschwimmbecken genutzt werden. Das deutlich größere Mehrzweckbecken bleibt dagegen „bis auf Weiteres“ geschlossen, wegen technischer Probleme mit der Filteranlage. Und das nicht zum ersten Mal. Die Anlage habe die Erwartungen „hinsichtlich Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit nicht erfüllt“, heißt es. Und das klingt noch freundlich. Ist die Anlage doch von Beginn an ein Ärgernis: Filter müssen alle drei Monate erneuert werden. Allein dafür belaufen sich die jährlichen Kosten auf 180.000 Euro.
Vor dem Baubeginn gab es Streit um die Architektur des Hallenbades
Die Sport- und Bäderbetriebe wollen die Anlage deshalb ersetzen, durch herkömmliche Sandfilter. Geschätzte Kosten: 1,2 Millionen Euro. Da die umfassende Planung Zeit in Anspruch nehme, sei mit dem Austausch nicht vor Ende kommenden Jahres zu rechnen. Übergangsweise soll deshalb eine kleinere Anlage installiert werden, für 370.000 Euro, möglicherweise schon im Februar, um den Betrieb des Schwimmbades aufrechtzuerhalten. Diese Anlage ließe sich in die größere Filteranlage integrieren, betont Sportdezernentin Simone Raskob.
Wie aber ist es möglich, dass ein Bad, das erst einige Jahre alt ist, solch gravierende Mängel aufweist? Das Sportbad war seinerzeit von der städtischen Verkehrs- und Versorgungsholding EVV gebaut worden, nach einem Entwurf der GSF Planungsgesellschaft für Sport- und Freizeitbauten mbH. Der war ganz auf die Bedürfnisse der Schwimmsportvereine zugeschnitten und von einer Jury zum Sieger eines Wettbewerbs gekürt worden. Streit gab es um die Architektur, denn Architekten unter den Jurymitgliedern hatten gerade diesen Entwurf als bloßen Zweckbau kritisiert und einen anderen zur Umsetzung empfohlen.
Umgesetzt wurde der Entwurf der GSF schließlich von dem Bauunternehmen Pellikaan, das mehrere Schwimmbäder als Referenz anführt. Die Politik deckelte die Kosten auf rund zehn Millionen Euro und legte großen Wert darauf, dass dieser Rahmen eingehalten wird. Genutzt wird das Bad allen voran von Schwimmvereinen und von Schulen für den Schwimmunterricht. Der Öffentlichkeit steht das Bad nur wochentags in den frühen Morgenstunden offen.
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Und nun? Sämtliche Gewährleistungsfristen seien abgelaufen. „Das wurde geprüft“, berichtet Simone Raskob. Vorrangiges Ziel sei es, sicherzustellen, dass der Betrieb des Bades störungsfrei laufe. Raskob: „Wir schauen nach vorne.“
Die Stadt will die anstehende Sanierung nun nutzen, um das Bad „energetisch zu optimieren“, durch eine Photovoltaikanlage zur Stromgewinnung auf dem Dach und durch die Installation von Luftwärmepumpen. Das Schwimmbadgebäude soll zudem durch einen etwa 300 Quadratmeter großen Anbau erweitert werden. Weil das Thurmfeldbad nicht genügend Platz bietet, um bei Großveranstaltungen alle Sportler unterzubringen, behilft man sich seit der Eröffnung mit Zelten, die gemietet und neben dem Bad aufgestellt werden. Macht pro Veranstaltung 14.000 Euro extra.
Die SG Essen nennt das Hallenbad unverzichtbar für den Schwimmnachwuchs
Wenn Bernhard Gemlau all den schlechten Nachrichten noch etwas Gutes abgewinnen will, dann ist es genau das: Die Zeltlager hätten ein Ende. Der Vorsitzende der Startgemeinschaft Essen ist Kummer gewohnt, wenn es ums Bad am Thurmfeld geht. Zwar trainieren die Top-Schwimmerinnen und Schwimmer der SG Essen im Rüttenscheider Schwimmzentrum, für die Nachwuchsschwimmer sei das Thurmfeldbad aber unverzichtbar. Dass das Bad bis zu sechs Monate ausfallen soll, sei „natürlich heftig“, sagt Gemlau. „Da geht es ans Eingemachte.“
Gemlau fürchtet, dass der Schwimmsport Mitglieder verlieren könnte und hofft, dass die Sommerferien für die Sanierung genutzt werden. Den Schwimmern bleibe nichts anderes übrig als auszuweichen. „Wir nehmen alle Bäder, die wir kriegen können“, sagt Gemlau und zeigt sich optimistisch: „Irgendwie schaffen wir das.“ Mit dem Bad am Thurmfeld seien sie bei der SG Essen ja ansonsten zufrieden. „Es ist ein nettes Bad.“ Wenn denn alles funktioniert.
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