Essen. Möglichst „unnötige Verteuerung des Wohnens vermeiden“, appelliert die Lobby-Organisation. Ratsmehrheit dürfte dem Vorschlag des Kämmerers folgen.
Ob nun Eigentum oder angemietet – die Kosten für das Dach über dem Kopf seien schon jetzt hoch genug: „Der Essener Stadtrat sollte eine unnötige Verteuerung des Wohnens vermeiden“, fordert deshalb Rik Steinheuer, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen. Er appelliert deshalb, der Empfehlung von Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp zu folgen und für die Grundsteuer B ab 2025 getrennte Hebesätze für Wohn- und Gewerbe-Grundstücke zu beschließen.
Der Steuerzahler-Bund rennt im Essener Stadtrat mit seinem Appell voraussichtlich offene Türen ein
So wie es derzeit aussieht, rennt die Lobby-Organisation im Essener Stadtparlament damit offene Türen ein: CDU und Grüne, die im Land ja diese Möglichkeit erst gesetzlich verankerten, dürften ihre Position auf Stadt-Ebene kaum konterkarieren. An ihrer Seite erklärtermaßen die Linkspartei, deren Sprecherin Heike Kretschmer dieser Tage einen einheitlichen Hebesatz als „ungerecht und nicht zuzumutbar“ bezeichnete.
Hintergrund: Modellrechnungen haben ergeben, dass sich die Grundsteuer durch die zum 1. Januar einsetzenden neuen Berechnungs-Grundlagen unterschiedlich entwickeln würde. Ein Einheits-Hebesatz würde gewerblich genutzte Immobilien zu Lasten von Wohn-Grundstücken deutlich verteuern. Um diese Unwucht ausgleichen zu können, räumt das Land den Kommunen die Möglichkeit ein, unterschiedlich hohe Steuersätze zu beschließen. Für Essen heißt das: Um wie bisher 137,7 Millionen Euro an Einnahmen aus der Grundsteuer B zu erzielen, müsste der einheitliche Hebesatz auf 825 Prozent steigen. In der gesplitteten Variante liegt der Hebesatz für Wohn-Grundstücke dagegen bei 670 Prozent, der für Gewerbe-Grundstücke kletterte auf 1236 Prozent.
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Das Splitting ist rechtlich allerdings nicht unumstritten. Ein vom NRW-Städtetag beauftragtes Gutachten sieht ein beachtliches finanzielles Risiko, sollten Betroffene gegen das Hebesatz-Splitting klagen und am Ende Recht bekommen. Die Stadt müsste dann in nennenswertem Umfang einkassierte Grundsteuer zurückzahlen, ein Ausfall-Risiko, das die Finanzexperten im Rathaus auf rund 25,9 Millionen Euro schätzen. Vor allem die FDP teilt die Skepsis: „Das Splitting spaltet unsere Stadtgesellschaft“, warnt der FDP-Landtagsabgeordnete und örtliche Chef der Liberalen, Ralf Witzel, es sorge „für einen Flickenteppich schon bei benachbarten Ruhrgebietskommunen“.
In der Tat deutet sich an, dass eine ganze Reihe von Ruhrgebiets-Kommunen lieber auf einen Einheits-Hebesatz setzen. Gleichwohl gibt es auch Gutachten, die zur gegenteiligen Auffassung kommen. Auf sie nehmen etwa die Essener Linken Bezug, wenn sie sich für das Splitting aussprechen. Auch der Bund der Steuerzahler betont mit Verweis auf diese Expertisen, die unterschiedlichen Sätze könnten durchaus „rechtssicher eingeführt werden“.
Offen ist noch, ob die Essener Politik bei der Etat-Verabschiedung am 27. November die aus dem Rathaus empfohlenen Zahlen noch graduell verändert oder wie von Kämmerer Grabenkamp vorgelegt komplett übernimmt. Für Letzteres spricht der Umstand, dass sich die Nutzer von Wohn-Grundstücken nicht umgewöhnen müssten. Auch bislang liegt der Hebesatz für die Grundsteuer B bei 670 Prozent.
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