Essen. Als Ersatz für die Fahrradstation im Hauptbahnhof plant die Stadt Essen übergangsweise eine Parkgarage für 80 Räder - an einem unwirtlichen Ort.
Die Fahrradstation am Essener Hauptbahnhof schließt zum Jahresende; die Neue Arbeit der Diakonie Essen gibt den Betrieb auf. Die Stadt Essen will möglichst schnell Ersatz schaffen. Noch im Laufe des Januar sollen auf dem Parkplatz an der Weiglestraße, etwa 300 Meter entfernt vom Bahnhof, vorübergehend vollautomatische Parkgaragen aufgestellt werden. „Das ist unser Ziel“, sagte Essens Verkehrsdezernentin Simone Raskob im Gespräch mit der Redaktion. Die Fahrradverbände sind aber nicht begeistert.
Laut Raskob handelt es sich bei den Fahrradgaragen um ein vollautomatisches, digital nutzbares und sicheres Parksystem. Im Bereich der Weiglestraße sollen fünf Parkgaragen platziert werden. Die Stadtverwaltung hatte zuvor den Bedarf bei Nutzern der Fahrradstation am Nordausgang des Hauptbahnhofs abgefragt, berichtete Raskob. Das Ergebnis: „Mindestens 80 wollen ein solches System nutzen.“ In der Fahrradstation der Diakonie können bis zu 200 Fahrräder abgestellt werden.
Der ADFC hatte den Parkplatz am Südausgang des Essener Hauptbahnhofs als Standort vorgeschlagen
Beim Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) hält man nichts von dieser Zwischenlösung. Der Parkplatz an der Weiglestraße sei zu weit entfernt und alles andere als attraktiv, insbesondere in den Morgenstunden und am Abend. Der Parkplatz liegt unterhalb der Helbingbrücken der A40, ein dunkler und wenig einladender Ort. Früher boten sich dort Stricher ihren Freiern an. Dass am Parkplatz die „Protected Bike Lane“ beginnt - die mit Betonsperren gesicherte Radspur in Richtung Innenstadt -, kann die Nachteile des Standorts aus Sicht des ADFC nicht aufwiegen.
Als Alternative habe der ADFC vorgeschlagen, Fahrradgaragen auf dem Parkplatz am Südausgang des Hauptbahnhofs aufzustellen, berichtet Sprecher Marc Zitan. Für Pkw sollte demnach allein die Umfahrung für Taxen weiterhin geöffnet bleiben. Die Stadt lehnte dies ab. Vor allem Kurzzeitparker, die Reisende zum Bahnhof bringen oder dort abholen, nutzen den Parkplatz am Südausgang.
Aus den Worten des Zitans spricht Frust: „Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass es am Hauptbahnhof ein attraktives Fahrradparkhaus geben muss, das rund um die Uhr geöffnet sein muss“, betont Marc Zietan. Dass die Neue Arbeit der Diakonie Essen die Fahrradstation am Hauptbahnhof nicht über das Jahresende hinaus betreiben wird, ist lange bekannt. Die Beschäftigungsgesellschaft hatte den Vertrag mit der Stadt Essen bereits im vergangenen Jahr gekündigt.
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Die Neue Arbeit hatte den Rückzug mit engen Vorgaben zur Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen begründet, mit deren Hilfe die Beschäftigungsgesellschaft die Radstation betreibt. Längere Öffnungszeiten seien deshalb nicht möglich. Auch fehle Personal. Und: Eine Automatisierung der Radstation sei nach Angaben der Deutschen Bahn nicht möglich. Wie zu hören ist, sollen auch Anforderungen an den Brandschutz und hohe Kosten für die Versicherung abgestellter Räder eine Rolle gespielt haben.
Im Parkhaus am Südausgang des Essener Hauptbahnhofs sollen bis zu 1000 Fahrräder untergebracht werden
Weil die ehemalige Expressgutabfertigung kein idealer Standort ist für eine Radstation, hatte die Stadt sich auf Suche nach einem anderen Standort in Bahnhofsnähe gemacht. Im September vergangenen Jahres berichtete Simone Raskob von ersten, konstruktiven Gesprächen mit dem Eigentümer und Betreiber des Parkhauses am Südausgang, der Firma Contipark. Bis zu 1000 Fahrräder könnten dort untergebracht werden.
Wie Contipark bestätigte, führt das Unternehmen mit der Stadt Essen Gespräche über eine Radstation. Eine finale Entscheidung gebe es aber noch nicht. Zu weiteren Details wollte Contipark sich nicht äußern. Denkbar wäre, dass die Stadt Etagen anmietet oder das Parkhaus sogar erwirbt. Fest steht, dass es für den gewünschten Zweck umgebaut werden müsste.
Der ADFC fürchtet deshalb, dass die Zwischenlösung an der Weiglestraße eine Lösung auf Dauer werden könnte. Es wäre nicht das erste Provisorium, das sich als langlebig erweist. Laut Simone Raskob sollen die Parkgaragen mindestens für die Dauer eines Jahres an der Weiglestraße aufgestellt werden. Als Betreiber käme die Ruhrbahn infrage, sie könnte laut Raskob auch die Fahrradstation im Parkhaus am Südausgang übernehmen. Mit dem kommunalen Verkehrsunternehmen ist darüber das letzte Wort aber noch nicht gesprochen.
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