Essen-Stadtwald. Die Kirche St. Theresia wurde zur Kita umgebaut. Entworfen hatte sie Architekt Carl Lütge. Was seine Enkelin zum Thema Urheberrecht sagt.
Aus der ehemaligen katholischen Kirche St. Theresia in Essen-Stadtwald ist eine Kita mit fünf Gruppen geworden, ein Teil des Gebäudes wurde zu einer kleinen Kapelle umgebaut. Die Kita ist bereits seit August in Betrieb und wurde mit der Kapelle im Oktober offiziell eingeweiht. Jetzt meldet sich die Inhaberin des Urheberrechts an der Kirche zu Wort.
Karena Lütge wäre gern regelmäßig über den Fortgang der Arbeiten an St. Theresia informiert worden. Das sei ihr von den Gemeindevertretern eigentlich auch zusagt worden, habe dann aber nur sehr sporadisch stattgefunden.
Die Enkelin des Architekten der Kirche St. Theresia in Essen-Stadtwald hat das Urheberrecht geerbt
Die 61-Jährige ist promovierte Kunsthistorikerin, mit „großem Herz für die Nachkriegsmoderne“, wie sie selbst sagt. Lange Zeit hat sie in Berlin gelebt und für verschiedene Medien gearbeitet. Seit Ende 2019 wohnt sie in Essen, ganz in der Nähe von St. Theresia, und ist freiberuflich tätig.
Ihr Großvater Carl Lütge war der Architekt der Kirche St. Theresia. „Ich bin die Urheberrechtserbin“, so Karena Lütge. Sie habe noch immer eine starke emotionale Bindung zu der Kirche. Angesichts der Erwartung, dass in den kommenden Jahren aufgrund sinkender Mitgliederzahlen immer mehr Kirchen aufgegeben, umgebaut oder abgerissen werden müssen, will sie für das Thema Urheberrecht und den Umgang damit sensibilisieren.
Im Rahmen des Pfarreientwicklungsprozesses im Bistum Essen war im Herbst 2017 das Aus für die Kirche St. Theresia an der Geitlingstraße/Leveringstraße, zuletzt Filialkirche der Pfarrei St. Lambertus, beschlossen worden. Die letzte Messe feierten die Gläubigen dort Pfingsten 2022. In den vergangenen anderthalb Jahren wurde der Kirchenbau für die neue Nutzung entkernt und grundlegend umgebaut.
Die neue Nutzung des Essener Kirchengebäudes hält die Kunsthistorikerin für sinnvoll
Den Umbau der Kirche für die Kita-Nutzung findet Karena Lütge im Prinzip „sinnvoll und notwendig“. Allerdings sei die Zustimmung zu diesem Projekt für sie nicht ganz einfach gewesen. Das habe unter anderem emotionale Gründe. „Meine Großeltern wohnten schräg gegenüber an der Goldfinkstraße, man konnte aus dem Küchenfenster auf die Kirche schauen“, sagt sie mit Blick auf das Elternhaus ihres Vaters. Dort habe der Großvater ein Architekturbüro besessen, habe von dort nicht nur St. Theresia, sondern auch etliche Wohnhäuser entworfen.
Die Aufgabe der 1958 geweihten Kirche war für die Kunsthistorikerin nicht nur aus persönlichen, sondern auch aus fachlichen Gründen schmerzhaft: „Der Kirchenbau war ein schöner und sehr durchdachter Entwurf.“
Nach dem Tod des Großvaters 1988 und inzwischen auch des Vaters ist Karena Lütge Inhaberin des Urheberrechts an der Kirche. Dieses bezieht sich auf bauliche Veränderungen und erlischt erst 2058, also 70 Jahre nach dem Tod des Architekten. „Ich bin mir nicht sicher, ob sich tatsächlich alle betroffenen Gemeinden auf die Suche nach den Rechteinhabern begeben“, so Lütge.
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Im Fall von St. Theresia war das jedoch der Fall. Die Verantwortlichen der Gemeinde hatten sie kontaktiert, sie habe dem Projekt am Ende zugestimmt. Quasi als Gegenleistung sei ihr zugesagt worden, dass man sie über den Fortgang der Arbeiten auf dem Laufenden halten werde. „Das ist aber nicht wirklich geschehen“, ist Lütge enttäuscht.
Vom letzten Gottesdienst in St. Theresia im Juni 2022 habe sie nur aus der Nachbarschaft erfahren, sei aus emotionalen Gründen nicht hingegangen. Lediglich zur Vorstellung des Projekts für die Gemeinde im Januar 2022 und ein Jahr später, als es um den ursprünglich nicht so geplanten radikalen Rückbau des Kirchenbaus ging, sei sie informiert worden. „Die drei von mir gewünschten Deckenlampen habe ich aber bekommen“, so Lütge, die die Arbeiten fotografisch dokumentiert hat. Wie es innen aussieht, wisse sie dagegen nur aus Zeitungsartikeln.
Mit den Verantwortlichen der Essener Gemeinde gab es offenbar ein Kommunikationsproblem
Seitens der Gemeinde gibt man Fehler zu: „Wir sind Frau Lütge sehr dankbar, dass sie unser Konzept zum Umbau der Theresiakirche konstruktiv aufgenommen hat. Leider ist unsererseits die Kommunikation dann im Projektverlauf schiefgelaufen. Da muss ich mir auch an die eigene Nase fassen“, schreibt der Gemeinderatsvorsitzende Claus Bonsen auf die Bitte um Stellungnahme.
Im Prinzip hätten sie die Umbaupläne und die Umsetzung, soweit sie das von außen beurteilen könne, überzeugt, so Lütge. „Die senffarbenen Klinker an der Fassade finde ich allerdings nicht so gelungen.“ Sie passten nicht zu den Steinen des Turms, der als Landmarke in Stadtwald erhalten bleibt.
Zum Thema Urheberrecht begrüßt die Kunsthistorikerin die Veröffentlichung des sogenannten Kirchenmanifests im Mai 2024. Darin gehe es um das (bau)kulturelle und gesellschaftlich-soziale Erbe von Kirchengebäuden. Aufgrund des drohenden Leerstands, Verfalls oder Abrisses von Sakralbauten wird in dem Manifest eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über den zukünftigen Umgang mit Kirchengebäuden gefordert.
„Kirchen sind mehr als religiöse Räume, sie sind Kulturgut“, betont Karena Lütge, die das Manifest nach eigenen Angaben bereits unterschrieben hat, denn für viele Nachkriegskirchenbauten bestehe noch Urheberrecht. Kirchen hätten eine große Bedeutung für die Nachbarschaft, prägten das Umfeld. „Deshalb sollte man die Nachbarn viel stärker in solche Projekte zur Nachnutzung von Kirchen einbeziehen.“
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