Essen. „Safe City“ heißt das Konzept, das gegen die Drogen- und Messerkriminalität in der Innenstadt wirken soll. Es sieht auch Waffentrageverbote vor.
Mehr Beamte auf den Beinen, die mehr Präsenz zeigen und wirksamer fahnden können, dazu mobile Videokameras, die möglichst lange scharf gestellt werden, ein Waffentrageverbot für identifizierte Straftäter und überraschende Razzien mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei in der kriminellen Szene: Mit einem ganzen Paket von repressiven als auch präventiven Maßnahmen will die Polizei Essen gegen Straftäter und -taten im Drogenmilieu der Innenstadt mobil machen.
Der Handlungsdruck steht außer Frage: Die Kriminalitätsbelastung auf einen Hektar hochgerechnet ist in der City bis zu zehnmal so hoch wie im Rest der Stadt, etwa 20 Prozent aller stadtweit registrierten Straftaten werden im Stadtkern begangen, allen voran Rauschgift-, Raub-, Gewalt- und Messerdelikte.
Das soll sich ändern, und zwar „nachhaltig“, verspricht Polizeipräsident Andreas Stüve: Für mehr tatsächliche und mehr gefühlte Sicherheit soll das auf mindestens ein Jahr angelegte Konzept „Safe City“ sorgen, das der Behördenleiter zusammen mit dem neuen Chef der Inspektion Mitte, Polizeioberrat Achim Kroner, am Mittwoch im Präsidium vorstellte.
Die Videoanlage ist bis zum Ende des Jahres fest gebucht
Es ist mehr als eine simple Fortsetzung dessen, was die Polizei im Sommer begonnen hat, als an der Marktkirche zum ersten Mal eine Videobeobachtung aufgebaut und die strategische Fahndung ausgebaut wurde, die Einsatzkräften anlasslose Kontrollen erlaubt. Die Beschwerden über die ausufernde Drogenszene mit all ihren kriminellen Begleiterscheinungen hatten da bereits überhandgenommen, das allgemeine Sicherheitsgefühl drohte komplett unter die Räder zu geraten. Nach einer vorübergehenden Überwachungspause, weil die Kameras bei der Fußballeuropameisterschaft benötigt wurden, wird wieder weiter überwacht. Und die Anlage ist erst einmal bis zum Ende des Jahres fest gebucht - mit Option auf Verlängerung, hofft Andreas Stüve.
Nach den ersten Erfahrungen ist Achim Kroner überzeugt, dass Straftaten schon durch die bloße Anwesenheit des Technik-Trumms an der Marktkirche verhindert und nicht nur verdrängt werden. Die Livebilder, die an die Leitstelle übertragen werden, ermöglichen es der Polizei aber auch, schnell und effektiv Einsätze bei beobachteten Delikten steuern zu können.
Ein Plus von 25 Polizistinnen und Polizisten hilft
Zu dem Konzept, das Kroner entwickelte, gehört aber nicht nur eine entsprechende technische Ausstattung, sondern auch eine ganz entscheidende Voraussetzung: Zum ersten Mal seit Jahren hat die Behörde an der Büscherstraße zum Stichtag 1. September nennenswerten personellen Zuwachs bekommen: Ein Plus von 25 Vollzugsbeamtinnen und -beamten versetzt die Behörde an der Büscherstraße überhaupt erst in die Lage, bei den Maßnahmen gegen die Drogenkriminalität mit all ihren Begleiterscheinungen deutlich aufzusatteln.
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Das bedeutet zum Beispiel, mehr Gesicht zeigen zu können, auch wieder im Verbund mit dem Kommunalen Ordnungsdienst. Die Doppelstreifen aus Polizisten und Ordnungsamtsmitarbeitern sollen regelmäßig im Einsatz sein. Eine ständige polizeiliche Streife soll zudem sichtbar auf Schusters Rappen unterwegs sein. Alle Verkehrskontrollen sollen um den Blickwinkel „Sichere Innenstadt“ erweitert werden. Womöglich besteht Handlungsbedarf, wenn dabei ein verdächtiger, weil behördenbekannter Name auftaucht, oder ein Autofahrer heute einen Wagen benutzt, an dessen Steuer gestern noch jemand anderes saß, skizziert Kroner zwei Beispiele.
In Mannschaftsstärke an Hotspots auftauchen
Dazu sind regelmäßige Schwerpunkt-Einsätze gemeinsam mit der Stadt geplant, bei denen die Behörden in Mannschaftsstärke ein- bis dreimal pro Woche an bekannten Szene-Hotspots auflaufen wollen - etwa an der Schützenbahn, am Viehofer Platz oder an der Kleine Stoppenberger Straße, wo für die Polizei schon einmal eine Erfolgsstory begann: Als Beamte gegen einen regen Handel mit Drogen einschritten, flüchtete einer der mutmaßlichen Dealer in eine Wohnung an der Eltingstraße und enttarnte so ein gut gefülltes Rauschgift-Depot.
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Mehrere Kilogramm Betäubungsmittel (BTM) aller Art, Dealgeld, Bajonette und Macheten wurden sichergestellt - und die Polizei sah einen Verdacht bestätigt, so Kroner: Dass BTM- und Messerdelikte eng zusammenhängen. Ähnlich erfolgreich war nach gründlicher Observation ein schlagartiger Zugriff Anfang Oktober auf die Szene an der Schützenbahn, der, unübersehbar wie er war, viele Neugierige anzog. „Dass die Bürger nicht geklatscht haben, war alles“, meint der Polizeioberrat, der auch deshalb überzeugt ist, dass ein entschiedeneres Vorgehen der Staatsgewalt gegen die Kriminalität in der Innenstadt auf Zustimmung treffen wird.
Straftätern soll es verboten werden, Waffen zu tragen
Noch nicht ganz spruchreif, aber in Arbeit ist erstmals in Essen auch ein sogenanntes Waffentrageverbot, das gegen identifizierte Straftäter verhängt werden soll. Wer dagegen verstößt und erwischt wird, kann mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro belangt werden. Diese personalisierten Einzelverfügungen, deren Einhaltung im Rahmen der strategischen Fahndung überprüft werden kann, weil „wir in jede Tasche gucken können“, so Andreas Stüve, ist nicht zu verwechseln mit einer Waffenverbotszone. Die gilt für Jedermann in einem klar abzugrenzenden Gebiet - etwa in der Düsseldorfer Altstadt, einem ausgesprochenen Messerhotspot, den Essen nach wie vor eben nicht hat, so der Polizeipräsident.
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