Essen. William Kentridge hat in Essen den mit 10.000 Euro dotierten Internationalen Folkwang Preis erhalten. Seine Kunst kommt 2025 ins Museum.
Auf der Videoleinwand gibt es den doppelten William Kentridge dieser Tage schon zu sehen. „Self-Portrait As A Coffee Pot“ heißt die Videoarbeit, die in einer Art Selbstgespräch als Reflexion über Kunst und Künstlerdasein daherkommt. Im kommenden Jahr dann wird der Südafrikaner mit seiner Kunst an zwei Standorten gleichzeitig vertreten sein. Das Essener Museum Folkwang und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden feiern Kentridge zum anstehenden 70. Geburtstag parallel mit zwei großen Ausstellungen, die das vielgestaltige bildnerisches Werk des Künstlers präsentieren. Weil das Zusammengehen unterschiedlicher Kunstformen auch ein zentraler Bestandteil der Folkwang-Idee ist, wird der künstlerische Tausendsassa in diesem Jahr bereits mit dem Internationalen Folkwang Preis ausgezeichnet. Die mit 10.000 Euro dotierte Ehrung nahm Kentridge am Montagabend (4. November) persönlich in Essen entgegen.
- „Versuch‘s mit weniger guten Ideen!“, sagt William Kentridge
- Barbara Klemm macht Augenblicke reif für die Ewigkeit
- Hans Ulrich Obrist - ein Handlungsreisender der Kunst
In seinem Werk verbinde Kentridge Kunst und Leben und überwinde die Grenzen zwischen bildender und darstellender Kunst, heißt es in der Begründung des Folkwang Museumsvereins, der die hohe Auszeichnung seit 2010 vergibt. Darüber hinaus sei die Vermittlung künstlerischer Inhalte an das Publikum für William Kentridge „integraler Bestandteil seines Schaffens“, so die Begründung. Dieses Publikum findet der 69-Jährige auf der Kasseler documenta oder der Biennale von Venedig ebenso wie in international bedeutenden Opernhäusern oder bei der Ruhrtriennale.
NRW-Kulturstaatsministerin Ina Brandes erinnerte in ihrer Laudatio denn auch an den Werdegang des Zeichners, Bildhauers, Regisseurs und Filmemachers. Eigentlich habe der Sohn jüdischer Emigranten aus Litauen immer schon vieles gleichzeitig gewollt. An den Kunsthochschulen hätte man allerdings abgeraten, der Erfolg sei ausgeblieben. Bis sich Kentridge am Ende um die Beschränkungen von außen nicht mehr gekümmert habe. Sein Durchbruch. Und vielleicht sogar eine Lehre fürs Leben, findet Brandes; doch lieber seiner Leidenschaft zu folgen als sich von starren Karrierevorgaben einengen zu lassen.
2025 wird sich das Folkwang-Publikum mit der interdisziplinären Arbeitsweise des Künstlers umfassend bekannt machen können. Neben den Zeichnungen, Grafiken, Skulpturen und animierten Kurzfilmen, mit denen Kentridge in den 1980ern berühmt wurde, werden eigens für die Folkwang-Ausstellung konzipierte Mehrkanal-Projektionen Einblick in sein Schaffen für das Musiktheater geben. Gezeigt werden sollen auch Arbeiten, die sich mit der Geschichte Essens verbinden lassen, „etwa mit dem Aufschwung und Niedergang der Montanindustrie oder dem kolonialen Erbe“, heißt es in einer Ankündigung des Folkwang-Museums.
Der Vater war im Anwalts-Team von Nelson Mandela
Die Auseinandersetzung mit dem Thema Kolonialismus und der Einsatz für Menschenrechte und Menschenwürde kennzeichnet seit langem das Werk von Kentridge, dessen Vater zum Team weißer Anwälte gehörte, die in den 1950er und 1960er Jahren die schwarzen Widerstandskämpfer um Nelson Mandela verteidigten. Neben dem „permanenten Anarbeiten gegen Ungerechtigkeit“ zähle für den Künstler vor allem die Auseinandersetzung mit der Apartheid-Vergangenheit und der Fakt, „dass Erinnern ein Akt der Verantwortung ist“, sagt Marion Ackermann, Laudatorin und Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.
In Dresden wird man ab Herbst 2025 auch das „Centre for the Less Good Idea“ (Zentrum für weniger gute Idee) aus Johannesburg einladen. Der „interdisziplinäre Inkubator“ wurde 2016 von Kentridge gegründet. Ein Ort für die freie künstlerische Entfaltung, an der auch Folkwang-Gründer Karl Ernst Osthaus gewiss Gefallen gefunden hätte, glaubt Museumschef Peter Gorschlüter.
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