Essen. An einer Verkehrswende geht für die Essener SPD kein Weg vorbei. Der Wandel soll „sozial“ gestaltet werden - und ginge zu Lasten des Autoverkehrs

Zehn Monate vor der Kommunalwahl hat sich die SPD auf ein Grundsatzprogramm zum Thema „Verkehr“ verständigt. In dem achtseitigen Papier beschreiben Essens Sozialdemokraten, wie sie Mobilität in Essen zukünftig gestalten wollen. Den vorhandenen Verkehrsraum will die SPD neu verteilen, zugunsten von Fußgängern, Radfahrern sowie Bus und Bahn und zu Lasten des Autos.

Eine Verkehrswende sei keine Option mehr, sondern eine Notwendigkeit, heißt es in dem Leitantrag, den die SPD am Dienstagabend (30. Oktober) auf ihrem Parteitag in der Gustav-Heinemann-Gesamtschule einstimmig beschlossen hat. Den Fokus in der Verkehrspolitik will die SPD dabei aber auf „soziale Aspekte“ richten, wie die stellvertretende Vorsitzende des Essener SPD-Unterbezirkes, Julia Kahle-Hausmann betonte, die federführend an dem Entwurf mitgearbeitet hatte.

Die Essener SPD fordert eine „Mobilitätsgarantie“ für alle Bürgerinnen und Bürger

„Alle Menschen, unabhängig von ihrem Einkommen, Alter, Geschlecht oder Wohnort, müssen die Möglichkeit haben, sicher, schnell und bezahlbar in der Stadt zu bewegen“, schreibt die SPD in ihrer Präambel. Wörtlich ist von einer Mobilitätsgarantie die Rede, ohne dass klar wird, wie die Bürgerinnen und Bürger diese Garantie einlösen können, sollte die SPD die Wahl denn gewinnen.

Auch wer kein Auto besitzt, soll von A nach B kommen. Die SPD will deshalb das Schienennetz ausbauen, die Betriebszeiten von Bahnen und Bussen ausweiten und die Taktzeiten verdichten. Auch „Bussi“, der Shuttle-Service der Ruhrbahn, soll nach dem Geschmack der SPD öfter fahren. Ausbauen wollen die Sozialdemokraten auch den Radverkehr wie auch die Ladeinfrastruktur für Elektro-Mobilität. Für die durchaus umstrittenen E-Scooter fordert die SPD Abstellzonen, um zu verhindern, dass die Roller weiter wahllos in der Gegen herumliegen.

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Der Autoverkehr dürfte es indes schwerer haben. „Straßen, Plätze und Parkflächen, die bisher überwiegend von Autos genutzt werden, sollen künftig zugunsten einer gerechten Verteilung des Verkehrsraums umgestaltet werden“, schreibt die SPD. Gehwege dürften nicht länger durch parkende Autos blockiert werden. Die SPD spricht hier von einer Null-Toleranz-Politik. „Wir fordern, was die Straßenverkehrsordnung bereits vorgibt, aber nicht umgesetzt wird“, betont Julia Kahle-Hausmann. Die SPD hat es noch einmal aufgeschrieben.

Öffentlichen Parkraum in der Innenstadt wollen die Sozialdemokraten „nicht mehr im Übermaß zur Verfügung stellen“, wie es heißt. Schließlich seien die Parkhäuser nicht ausgelastet. Parkgebühren sollten aber nur dann erhöht werden, wenn es genügend andere Mobilitätsangebote gebe. Die SPD denkt dabei auch an die Stadtteilzentren, so Julia Kahle-Hausmann. Wer trotzdem mit dem Auto fahren will, müsste fürs Parken im Zweifel auch mehr bezahlen.

Gastreferent warnt Essener SPD vor höheren Gebühren fürs Anwohnerparken

Ausgebaut sehen möchte die SPD das Angebot an Park-and-Ride-Parkplätzen, nicht nur für Besucher der Innenstadt, sondern auch für die vielen Berufspendler aus anderen Städten. Sie könnten ihr Auto am Stadtrand abstellen und beispielsweise mit Shuttle-Bussen weiterfahren. Auf den Straßen möchte die SPD in dichtbesiedelten Teilen der Stadt mehr Tempo 30.

Für die SPD sei die Verkehrswende keine Ideologie, sondern notwendig, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, betont Parteivorsitzender Frank Müller in Anspielung an die Luftbelastung durch Verbrennermotoren. Näheres dürfte im Kommunalwahlprogramm zu lesen sein.

Michael Zyweck, SPD-Stadtverordneter aus Herne, Verkehrsexperte beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und auf dem Parteitag am Dienstag Gastreferent, riet seinen Genossinnen und Genossen zu Augenmaß, etwa bei der Erhöhung der Gebühren fürs Anwohnerparken. Eine solche Erhöhung träfe nicht Eigenheimbesitzer, sondern eher Mieter in dichtbesiedelten Stadtquartieren, die nicht anders könnten, als auf der Straße zu parken. „Das ist klassische SPD-Klientel“, warnte Zyweck.

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