Essen. Die Essener Petfluencerin Carina Wingender hat mit Aufklärung über Qualzuchten den „German Petfluencer Award“ gewonnen. Wir haben sie getroffen.

Interessiert schnüffelt Mopsdame Henriette (10) am Wegesrand, bevor sie zurück zu Frauchen Carina Wingender (32) huscht und sie mit ihren großen, braunen Kulleraugen erwartungsvoll anschaut. „Henriette ist wahnsinnig süß anzusehen, aber sie ist eine Qualzucht und schwer krank“, sagt die Essenerin. Seit vier Jahren klärt die „Petfluencerin“ auf ihrem Instagram-Account „Mops_Aktivismus“ über sogenannte Qualzuchten auf.

„Viele Rassen, wie beispielsweise Möpse, Boxer oder Bulldoggen, leiden aufgrund ihrer charakteristischen Merkmale, wie der ,Brachizephalie‘, also der Kurzköpfigkeit, unter schweren Atemproblemen. Hinzu kommen Augenerkrankungen, Skelettanomalien, Herzerkrankungen und zahlreiche weitere Krankheiten, die den Tieren erhebliches Leid zufügen.“ Rund 16.000 Personen folgen dem Profil der Tierschützerin. Deren Ziel es sei, durch Aufklärung ein Zuchtverbot für Qualzucht-Rassen zu erwirken. In diesem Jahr hat Wingender für ihr Engagement den „German Petfluencer Award“ in der Kategorie „Purpose“ gewonnen.

Die Essenerin Carina Wingender hat den „Oscar der Petfluencer“ bekommen.
Die Essenerin Carina Wingender hat den „Oscar der Petfluencer“ bekommen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

„Ich habe mich sehr über diese Art der Anerkennung gefreut. Die Kategorie ,Purpose‘ steht dafür, dass mein Profil einen sinnvollen Zweck erfüllt – in meinem Fall ist das der Tierschutz.“ Hauptberuflich ist Carina Wingender Architektin, aktuell macht sie eine Ausbildung zur Hundetrainerin. Auf das Thema Qualzuchten sei sie erst gekommen, als sie selbst stolze Besitzerin von Henriette war: „Schon seit meiner Kindheit war es mein größter Traum, eines Tages einen Mops zu besitzen. Seit ich mich erinnern kann, war ich ein begeisterter Mops-Fan. Durch Filme oder Prominente, die ebenfalls Hunde dieser Rasse hatten, empfand ich das Aussehen dieser Tiere immer als völlig normal.“

Als sie sich vor zehn Jahren die kleine Mopsdame Henriette bei einem Züchter kauft, ist der Welpe acht Wochen alt und Wingenders ganzes Glück: „Ich war der glücklichste Mensch der Welt. Ich musste aber dann leider schnell feststellen, dass mein Hund gesundheitliche Probleme hat. Erst fing sie an zu humpeln, weil sie durch ihren Körperbau Schwierigkeiten mit der Kniescheibe hatte, dann kamen Probleme mit der Atmung dazu.“

Plötzlich kollabierte Mops Henriette bei einem Spaziergang

Eines Tages, so erzählt Wingender, sei Henriette bei einem Spaziergang plötzlich kollabiert: „Es fühlte sich an wie ein Alptraum. Zum Glück kam eine Joggerin vorbei, die sich mit Erster Hilfe für Hunde auskannte und mir half, Henriette in die Tierklinik zu bringen, wo ihr glücklicherweise noch geholfen werden konnte.“

Im Laufe der Zeit, so berichtet die „Petfluencerin“, seien bei der Mopsdame immer mehr Erkrankungen an den Augen, den Zähnen, dem Bewegungsapparat und den Atemwegen dazugekommen. „Es war ein langer Prozess, bis ich mir eingestehen konnte, dass mein Hund schwer krank ist und leidet.“ Mehr als elf Operationen an der kleinen Henriette, über 25.000 Euro an Operationskosten und das seelische Leid von Hund und Frauchen haben Wingender dazu bewegt, möglichst viele Menschen über das Tierleid aufklären zu wollen.

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„Das Problem, warum Qualzuchten für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit sind, ist das Normalisieren der betroffenen Rassen. In Filmen, in der Werbung, oder auf den Social-Media-Accounts von Prominenten: Überall wird man mit den vermeintlich niedlichen Hundegesichtern mit der kurzen Schnauze und den großen Kulleraugen konfrontiert.“ Dies führe zu einer solchen Akzeptanz und Normalität, dass es kaum gesellschaftliche Kritik an diesem Tierleid gebe, beklagt Wingender.

In Tierläden findet man beispielsweise Mäntel, die speziell für den Körperbau von Möpsen konzipiert sind

Außerdem, so erklärt sie weiter, verdienen viele Branchen gut an diesen Hunderassen: „Tierärzte verdienen durch die Behandlung viel Geld, während Tierfutterhersteller speziell auf kurzschnäuzige Rassen abgestimmtes Futter anbieten. Auch in Tierläden findet man beispielsweise Mäntel, die speziell für den Körperbau von Möpsen konzipiert sind.“

Auf ihrem Instagram-Account möchte die 32-Jährige aber niemanden verurteilen, sondern aufklären: „Mein Ziel ist es, die Menschen auf Qualzuchten aufmerksam zu machen und sie zum Umdenken zu bewegen. Ich möchte diejenigen, die einen betroffenen Hund haben, über die gesundheitlichen Probleme aufklären, damit sie ihren Tieren, beispielsweise durch Operationen, helfen können. Idealerweise erreiche ich die Menschen, bevor sie sich ein Tier anschaffen.“

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