Essen-Rüttenscheid. Die Pläne der Hopf-Gruppe waren umstritten. Geschoss-Zahl, öffentlich geförderter Wohnraum, Verkehrsauswirkungen: Das ist der aktuelle Stand.

Beim Bauprojekt an der Rüttenscheider Brücke tut sich etwas – zumindest langsam. Die Hopf-Gruppe will dort einen Komplex aus vier Gebäuden errichten, mit Wohnungen und gewerblicher Nutzung. Jetzt hat die zuständige Bezirksvertretung 2 der Aufstellung des entsprechenden Bebauungsplanes mehrheitlich zugestimmt. Als Nächstes wird der Ausschuss für Stadtentwicklung, -planung und Bauen in seiner Sitzung am 7. November darüber entscheiden.

Die Fläche, um die es geht, befindet sich auf dem Messeparkplatz P2 (südlich des Girardethauses). Sie wird im Norden durch die südliche Grenze der Grugatrasse, im Osten durch die Flächen des Messeparkplatzes auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Rüttenscheid, im Süden durch die Wittekindstraße und im Westen durch das Brückenbauwerk der Rüttenscheider Straße begrenzt.

Geplant ist eine Mischung aus Wohnnutzungen (hiervon circa 30 Prozent als öffentlich geförderter Wohnungsbau), Gewerbe, Büro und Dienstleistungen. Im Erdgeschoss an der Rüttenscheider Brücke ist auch kleinflächiger Einzelhandel vorgesehen. Das Bebauungskonzept umfasst vier hohe Gebäude auf einem Parkgeschosssockel, die sich von Westen nach Osten entlang der Wittekindstraße in die Tiefe des Baugrundstückes gliedern. 

Stadt Essen: Lücke zwischen Girardethaus und Wittekindstraße soll geschlossen werden

In der Beschlussvorlage für den Bebauungsplan erklärt die Stadt den Anlass der Planung: Die Lücke zwischen dem Girardethaus und der Wittekindstraße werde als „städtebauliche Zäsur“ empfunden. Eine Schließung dieser Lücke, verbunden mit der Ausgestaltung eines großzügigen Platzbereiches, könnte „eine engere Verzahnung der Rüttenscheider Straße zu beiden Seiten der Rüttenscheider Brücke bewirken und die Wohn- und Aufenthaltsqualität weiter stärken.“

Bauprojekt Rüttenscheider Brücke: Diese Visualisierung zeigte Architekt Martin Nienhaus in der Sondersitzung der Bezirksvertretung 2.
Bauprojekt Rüttenscheider Brücke: Diese Visualisierung zeigte Architekt Martin Nienhaus in der Sondersitzung der Bezirksvertretung 2. © HPP Architekten

Außerdem soll das Bauprojekt dazu beitragen, weiteren Wohnraum zu schaffen und damit einen Beitrag zur Deckung des gesamtstädtischen Wohnungsbedarfs zu decken. Die Stadt muss nach eigenen Angaben circa zusätzliche 16.500 Wohneinheiten bis zum Jahr 2030 schaffen.

In den vergangenen Jahren gab es allerdings viel Streit um das Bauprojekt. Nicht wenige Bürgerinnen und Bürger wünschten sich, dass es nicht umgesetzt wird. Zu ihren Kritikpunkten und Befürchtungen gehörten unter anderem: zu hohe Geschosszahl, negative Auswirkungen auf das Klima im Stadtteil und eine stärkere Verkehrsbelastung. Es gab dann 2020 eine vorgezogene Bürgerbeteiligung mit zwei Foren und einem Workshop.

Bürgerin verweist auf Hitze im Stadtteil Rüttenscheid

„An die Ergebnisse dieses Workshops haben wir uns bei der heutigen Planung gehalten“, sagt Klaus Sälzer, Geschäftsführer der Hopf-Gruppe. Bezogen auf die Anzahl der Geschosse bedeutet dies zum Beispiel eine Staffelung. Zum Girardethaus gelegen sind bis zu sieben Stockwerke vorgesehen, zur südlich gelegenen Wittekindstraße staffelt es sich herunter auf fünf Geschosse.

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Dass die Sorgen angesichts des Bauprojektes noch nicht vom Tisch sind, wurde gleich zu Beginn der BV-Sitzung klar. „Ganz Rüttenscheid ist laut der aktuellen Klimaanalyse eine Hitzeinsel“, stellte eine Bürgerin in der Einwohnerfragestunde fest. Sei denn genau ermittelt worden, ob und inwiefern der massive Gebäudekomplex mehr Hitze speichere? Gebe es Vorgaben zu Materialien und Farben, die dafür sorgen könnten, dass genau das nicht passiere? Eine andere Bürgerin wollte wissen, ob es angesichts der ohnehin schon hohen Verkehrsbelastung rund um die Rüttenscheider Straße nicht die Möglichkeit gebe, Fahrzeuge direkt vom Parkdeck zur Alfredstraße zu leiten.

Martin Nienhaus vom beauftragten Architekturbüro HPP Architekten betonte, dass dem Investor daran gelegen sei, viel Grün zu schaffen. Vorgesehen seien begrünte Innenhöfe und Dachbegrünung, außerdem Grünwiesen und Sträucher, sodass Insekten und Vögel sich über die Grünflächen vernetzen könnten. Auch an den Fassaden wolle man gerne Grün unterbringen. Insgesamt, so erklärt Nienhaus, werde es auf dem Messeparkplatz am Ende „deutlich mehr Grünfläche als momentan vorhanden“ geben.

Rüttenscheider Grünen-Vertreter: Verkehrssituation jetzt schon „eklatant“

Auch die Bezirksvertreterinnen und -vertreter arbeiteten sich an den Plänen für das Bauprojekt ab. „Wir sind immer noch sehr skeptisch“, betonte zum Beispiel Malte Lantin, Fraktionsvorsitzender der Grünen in der BV 2, und verwies einmal mehr auf die Gebäudehöhe und die verkehrliche Situation. Barbara Hofmann (SPD) machte auf die bereits hohe Verdichtung im Bereich Rüttenscheid-Süd aufmerksam. Umso wichtiger sei es vor diesem Hintergrund, dass die Wohnungen für alle bezahlbar seien und die 30 Prozent öffentlich geförderten Wohnungen nicht etwa mit sozialer Infrastruktur wie Kitas verrechnet würden. Zudem sei die Verkehrssituation jetzt schon „eklatant“, es herrsche hoher Parkdruck. Es sei deshalb nötig, die Konzepte für ruhenden und fließenden Verkehr noch einmal in den Blick zu nehmen.

Vonseiten der CDU-Fraktion der Fraktion FDP/A.B. gab es zunächst Zustimmung für das Projekt – allerdings ebenfalls Bedenken angesichts der Auswirkungen auf den Verkehr. Sowohl Markus Panofen (CDU) als auch Falk Grünebaum (FDP) wollten wissen, ob der Investor nicht weitere Stellplätze schaffen könnte. Positiv hoben die Vertreterinnen und Vertreter mehrerer Fraktionen das Potenzial des Vorplatzes hervor, verbunden mit der Bitte, ihn großzügig und als Begegnungsraum für den Stadtteil zu gestalten.

Bauprojekt an der Rüttenscheider Brücke: Bis zur Umsetzung dauert es noch

Als Vertreter des Stadtplanungsamtes stellte sich Friedhelm Stärk Fragen und Kritik. Er verwies noch einmal auf den hohen Bedarf an Wohnungen in Essen und auf Rüttenscheid als beliebte Wohnlage. Die Quote von 30 Prozent öffentlich gefördertem Wohnungsbau solle im städtebaulichen Vertrag festgelegt werden, eine Verrechnung mit sozialer Infrastruktur werde es nicht geben. Die Idee einer direkten Verbindung zur Alfredstraße sei allerdings nicht umzusetzen, weil man die Gebäude während der Messeverkehre, wenn sehr viel los ist, nicht verkehrstechnisch sicher erschließen könne. Der Investor sei bemüht, so viele Stellplätze zu schaffen wie möglich.

Unter Berücksichtigung ihrer Anmerkungen erhoben die Fraktionen von CDU (vier Stimmen), SPD (drei Stimmen) und FDP/A.B. (zwei Stimmen) keine Bedenken gegen die Aufstellung des Bebauungsplanes. Die Grünen (sechs Stimmen) sprachen sich geschlossen dagegen aus. Wenn der Planungsausschuss seine Entscheidung getroffen hat, könnte die Veröffentlichung des Bebauungsplanes mit der Begründung einschließlich Umweltbericht und den wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen folgen. Im Frühjahr 2025 könnte es dann den nötigen Satzungsbeschluss des Rates geben.

Auch wenn das Projekt wahrscheinlich bald die ersten Hürden nimmt, wird es bis zur Umsetzung wohl noch dauern. Bis zum Baustart warten noch verschiedene Schritte. Zum Zeitplan kann Klaus Sälzer dementsprechend aktuell noch nichts sagen, genauso wenig wie zu Detailfragen wie der genauen Anzahl der Wohnungen oder deren Schnitt. Derzeit seien 120 bis 130 Wohnungen im Gespräch, so Sälzer.

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