Essen-Heisingen. Nach intensiver Debatte: Ernst-Tengelmann-Ring in Heisingen behält Namen des Hitler-Unterstützers, bekommt aber erläuternde Zusatzschilder.

Der Essener Unternehmer Ernst Tengelmann war ein Nazi-Kollaborateur. Das ist Fakt. In Heisingen diskutiert man deshalb seit mittlerweile drei Jahren, ob sein Name im öffentlichen Raum Verwendung finden sollte. Eine Bushaltestelle wurde bereits umbenannt, jetzt erhält die gleichnamige Straße zumindest eine Erklärung: Die Bezirksvertretung 8 hat in ihrer September-Sitzung einstimmig beschlossen, für die Straßenschilder des Ernst-Tengelmann-Rings Zusatzschilder herstellen und aufhängen zu lassen. Sie sollen den Namensgeber und seine Bedeutung geschichtlich einordnen.

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Auf dem Tisch liegt das Thema tatsächlich bereits seit Herbst 2021: Damals hatte ein von den Grünen im Bezirk 8 in Auftrag gegebenes Gutachten der Ruhr-Universität Bochum die NS-Vergangenheit Ernst Tengelmanns detailliert aufgearbeitet. Das Ergebnis: Tengelmann war neben seiner leitenden Tätigkeit im Ruhrbergbau auch der erste Essener Stadtrat, der der NSDAP beitrat. Unter anderem als so genannter Wehrwirtschaftsführer agierte er als rechte Hand des verurteilten Kriegsverbrechers Friedrich Flick. Außerdem finanzierte der Unternehmer den entscheidenden Wahlkampf der Partei zur Reichstagswahl 1933 mit, der letztlich zur Machtergreifung der Nationalsozialisten führte.

Ruhrbahn hat Haltestelle in Essen-Heisingen umbenannt

Jan-Karsten Meier, Ratsherr und Grünen-Fraktionschef in der Bezirksvertretung 8, hatte die Diskussion um die Benennung der Haltestelle seinerzeit angestoßen und bemängelt, dass ein simpler Haltestellen-Name diese historischen Fakten unkommentiert lasse. Zum Fahrplanwechsel im August 2023 machte die Ruhrbahn daher schließlich aus der Haltestelle „Tengelmann-Ring“ die „Soniusstraße“.

Auch eine Umbenennung des Ernst-Tengelmann-Rings stand ursprünglich zur Diskussion. Der Gutachter hatte mit Blick auf die Belange der Anrainer jedoch vorgeschlagen, „den eigentlichen Straßennamen zu belassen und erläuternde Informationstafeln im Umfeld aufzustellen“. So werde eine umfassende Einordnung von Namensgebungsprozess und Person möglich. „Früher hätte man die Straße wahrscheinlich umbenannt“, so Meier. „Heute wird das über Zusatzschilder historisch aufgearbeitet.“

Grünen-Ratsherr Jan-Karsten Meier hatte schon 2021 eigene Informationstafeln an zwei Straßenschildern am Ernst-Tengelmann-Ring und an der damaligen Haltestelle  „Tengelmann-Ring“ in Heisingen angebracht. Die Schilder sind mittlerweile wieder verschwunden.
Grünen-Ratsherr Jan-Karsten Meier hatte schon 2021 eigene Informationstafeln an zwei Straßenschildern am Ernst-Tengelmann-Ring und an der damaligen Haltestelle  „Tengelmann-Ring“ in Heisingen angebracht. Die Schilder sind mittlerweile wieder verschwunden. © Jan-Karsten Meier

Zur Veranschaulichung hatte der Ortspolitiker schon 2021 entsprechende Schilder selbst anfertigen lassen und aufgehängt. „Als die Anwohner das gesehen haben und nachlesen konnten, wer Ernst Tengelmann war, haben mir einige gesagt: In so einer Straße will ich eigentlich nicht wohnen.“ Bereits im Herbst 2021 signalisierten die Grünen Bereitschaft, eine Umbenennung des Ernst-Tengelmann-Rings auf ausdrücklichen Wunsch der Anwohner zu unterstützen, doch: „Solange die Anwohner nicht aktiv werden, wird der Straßenname wohl bestehen bleiben“, so Meier.

Straßenname in Essen-Heisingen bleibt bestehen

Nach dem einstimmigen Beschluss des Stadtteil-Parlaments können nun aber zumindest offizielle Schilder angebracht werden. Verwendet werden soll dafür ein vom Essener Haus der Geschichte formulierter Text: „Ernst Tengelmann 1870-1954, Generaldirektor der Essener Steinkohlenbergwerke 1913-1942, IHK-Präsident 1922-1943, Stadtverordneter 1913-1945, NSDAP-Mitglied seit 1930, Unterstützer Adolf Hitlers und des NSDAP-Wahlkampfes 1933, ,Wehrwirtschaftsführer‘ im Nationalsozialismus, Mitverantwortlicher für den Zwangsarbeitereinsatz auf den Zechen der Essener Steinkohlenbergwerke“.

Die Kosten für Produktion und Anbringung liegen bei 100 Euro pro Schild. Die insgesamt 300 Euro stellt die Bezirksvertretung zur Verfügung. Noch hängen die Schilder allerdings nicht. „Und ich hoffe, dass sie nicht der Haushaltssperre zum Opfer gefallen sind“, so Meier. In der November-Sitzung der BV wolle man daher den Stand der Dinge noch einmal bei der Stadtverwaltung abfragen.

Die BV 8 tagt am 5. November um 17.30 Uhr im Bürgertreff Ruhrhalbinsel, Nockwinkel 64.

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