Essen. Andrea Petković war im Tennis Weltklasse, nun schreibt sie erfolgreich Bücher. Bei der Lit.Ruhr sprach sie vom Leben nach dem letzten Aufschlag.

Rente mit 35! Für manchen mag das nach einer ziemlich verlockenden Perspektive klingen. Für Weltklasse-Tennisspielerin Andrea Petković wurde der Abschied vom Profisport zunächst einmal zum riesigen Bruch im Leben. Doch während andere die plötzliche Leere im Terminkalender mit Auftritten für die Klatschpresse füllen, schreibt Petković ein neues Buch. „Zeit, sich aus dem Staub zu machen“, lockte bei der Lit.Ruhr längst nicht nur Tennisfreunde aufs Welterbe Zollverein.

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Selbstzweifel, Zukunftsängste, Ausstiegsstrategien: Im Gespräch mit Moderator Jörg Thadeusz berichtet Petković eloquent und reflektiert über den Abschied vom Eingeübten, Vertrauten und den Umgang mit lebensentscheidenden Veränderungen, die eben nicht nur Tennisstars Probleme machen.

Auftritt bei der Lit.Ruhr in Essen: Andrea Petković im Gespräch mit Moderator Jörg Thadeusz.
Auftritt bei der Lit.Ruhr in Essen: Andrea Petković im Gespräch mit Moderator Jörg Thadeusz. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Denn als der Tag plötzlich 24 Stunden hat und man sich morgens fragen muss, wofür man aufsteht, bricht auch für Petković ein Gerüst weg, das ihr seit frühester Jugend Halt gegeben hat. Es gibt keinen Trainingsplan mehr, keine Grand-Slam-Turniere, keine Diätvorgaben, keinen Druck, keine Dopingkontrollen. Petković wirft erst mal ein Aspirin ein, benutzt Nasenspray, „ohne überhaupt krank zu sein“, isst Kuchen „bis mir schlecht wurde“, und kann den Geschmack der neuen Freiheit doch nicht genießen. „Es hat zwei Jahre gedauert, bis ich nicht mehr Tennisspielerin gesagt habe, wenn ich nach meinem Beruf gefragt wurde“, erzählt die mittlerweile 37-Jährige. Heute sagt sie „Rente“, obwohl das Leben alles andere als Ruhestand ist.

Andrea Petković: „Ich hab‘ Kuchen gegessen, bis mir schlecht wurde“

Petković ist mit ihrem zweiten Buch nach „Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht (2022) eine gefragte Stimme im Literaturbetrieb, schreibt für Zeitungen von FAZ bis Zeit und arbeitet als Tennismoderatorin für einen US-amerikanischen Spartenkanal. Aber selbst wenn sie von ihren Aufträgen in Los Angeles berichtet, klingt das so unprätentiös und bodenständig, als würde sie von einer Dienstreise nach Castrop-Rauxel berichten.

Petković ist eben auch noch das kleine Mädchen aus Darmstadt, das mit zwölf Jahren im Fernsehen Serena Williams beim Gewinn der French Open bewundert und beschließt, auch selber eine Weltklasse-Tennisspielerin zu werden. Zeitweise gehört sie zur Top-Ten der Weltrangliste, reüssiert in Paris und Wimbledon, doch zum ganz großen Sieg reicht es nie. „Angelique Kerber war immer ein bisschen besser“, sagt Petković heute ohne Neid, fast dankbar. Denn dass die deutsche Mitstreiterin bei den großen Turnieren meist die Nase vorn hatte, habe auch Druck genommen. Viele Konkurrentinnen von einst sind und waren heute beste Freundinnen der sympathischen, immer noch gertenschlanken Sportlerin.

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Ein Blick in die Damen-Umkleide des Weltklasse-Tennissports

Ihr Lit.Ruhr-Auftritt gibt aber nicht nur Einsicht in das Innenleben einer Ausnahme-Sportlerin, sondern schafft auch Platz für ein wenig Tennis-Voyeurismus, den Moderator Jörg Thadeusz augenzwinkernd auskostet. Ein kurzer Ausflug in die Damen-Umkleide des Weltklasse-Tennis ist da ebenso gestattet wie ein Blick auf die Big Names des weißen Sports von Roger Federer bis Tennislegende Rafael Nadal, der mit 38 Jahren nun auch seinen Rücktritt verkündet hat.

Andrea Petković: „Ich muss mich in neue Gewässer wagen“

Dass Leistungssportler deutlich früher vom Platz gehen müssen als gewöhnliche Arbeitnehmer, hat Petković gewusst. Und doch fällt ihr der Abschied vom Tennis immer noch nicht ganz leicht, auch literarisch. „Ich muss mich in neue Gewässer wagen“, sagt die Autorin und Vielleserin, die schon während ihrer aktiven Zeit als Sportlerin viel Zeit mit Schriftstellern wie Hemingway und Tolstoi verbracht hat. Ein neues Buch sei in Planung, verrät die 37-Jährige in Essen. Und sie will die Zeit nun auch ein bisschen für sich spielen lassen. Wenn sie in fünf Jahren niemand mehr kennen würde, dann wolle sie einfach mal auf öffentliche Tennisplätze gehen „und Männer herausfordern“, stellt Petković in Aussicht. Die Herren dürften von der Schlagfertigkeit ihres Gegenübers in jeder Hinsicht überrascht werden.

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