Essen. Die Essener Polizei will gegen PS-Protzer vorgehen und hat eine Schwerpunktkontrolle durchgeführt. Das ist die Bilanz der Einsatzkräfte.

Bisher ist die Essener Polizei recht gut gefahren mit ihrer Strategie gegen die PS-Protzer auf den städtischen Straßen: Nach wie vor existiert in Essen wie in Mülheim nach Einschätzung der Behörde keine größere verfestigte Szene aus Rasern, Posern und den Datern, für die das Auto ein glänzendes Vehikel zum gegenseitigen Kennenlernen ist. Und die Tuner, die immer mehr Wert aufs Schrauben als auf Vollgas legten, tauchten in der Regel nur dann auf dem Radar auf, wenn sie sich darüber beschwerten, dass unerwünschte Bleifüße aus den anderen Fraktionen ihre friedlichen Treffen störten, indem sie sie als willkommene Showbühne kaperten.

Die Grenzen zwischen den Gruppen, sie waren erkennbar gezogen, doch inzwischen hat die Polizei Signale empfangen, die darauf hinzudeuten scheinen, dass sie zunehmend verwischen, vielleicht etwas größeres Gemeinsames entsteht, was die Verkehrssicherheit korrodieren lassen könnte. „Die Szene vermischt sich“, sagt Polizeidirektor Carsten Hamann, Leiter der Verkehrsdirektion der Polizei für Essen und Mülheim.

Um ein genaueres Lagebild zu bekommen und der Klientel mit den Karossen möglichst schnell klarzumachen, dass die beiden Städte nach wie vor kein gutes Pflaster für Regelbrecher auf vier Rädern sind, hat die Polizei am Freitag (4. Oktober) einmal mehr Gas gegeben und den Kontrolldruck hochgefahren. Zahlreiche Beamtinnen und Beamte aus den Inspektionen und des Verkehrsdienstes haben am Abend entsprechende Schwerpunkteinsätze an bekannten Hotspots gestartet, die sich bis in die Nacht zogen.

Laut Polizeisprecherin Sylvia Czapiewski dauerte der Einsatz von 18 Uhr bis 2 Uhr nachts. In den Fokus nahm die Polizei zwei Orte, an denen sie Hinweise auf Tuning-Treffen erhalten hatte: den Zollvereintreff (Parkplatz an der Econova Allee) und die Konrad-Adenauer-Brücke in Mülheim.

Die Bilanz: 13 Verwarngelder, zwei Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten, vier Kontrollberichte, eine Strafanzeige wegen Urkundenfälschung und noch einmal zwei Ordnungswidrigkeitsanzeigen wegen Vergehen, die nicht direkt etwas mit der Autoposer-Szene zu tun hatten (zum Beispiel wegen Fahren unter Einfluss von Betäubungsmitteln).

Polizei kontrollierte 200 Fahrzeuge in Essen

Czapiewski erklärt, dass Verwarngelder beispielsweise verhängt werden, wenn bestimmte Teile an den Tuning-Autos nicht im Fahrzeugschein eingetragen sind. So seien in eines der kontrollierten Autos sogenannte Distanzscheiben eingebaut gewesen, ohne dass es vermerkt war. Distanzscheiben dienen dazu, den Abstand der Reifen auf einer Achse zu vergrößern, die Reifen rücken damit also weiter nach außen.

In einem kontrollierten Auto stieß die Polizei am Freitag gleich auf mehrere nicht eingetragene Teile. „Daraufhin wurde die Weiterfahrt untersagt und die Betriebserlaubnis ist erloschen“, so Czapiewski. Heißt: Mit diesem Auto darf erst einmal niemand mehr fahren. In Essen wurden insgesamt etwa 200 Fahrzeuge kontrolliert, in Mülheim circa 50.

Geschwindigkeitskontrolle in Essen-Altendorf: Vier Fahrverbote

Teil des Schwerpunktes war außerdem eine Geschwindigkeitskontrolle an der Altendorfer Straße. Das Ergebnis hier: 35 Verwarngelder, 21 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten, vier Fahrverbote. „Der schnellste Fahrer war mit 100 km/h unterwegs“, sagt Czapiewski. Erlaubt sind auf der Altendorfer Straße 50 km/h.

21 Autoposer-Treffen zählte die Verkehrsdirektion im laufenden Jahr, 34 waren es im vergangenen, 28 in 2022 und 39 im Jahr zuvor. Zu den beliebtesten Anlaufstellen zählen neben dem Rhein Ruhr-Zentrum und der Zeche Zollverein etwa die Metro in Mülheim, wo sich noch im August die Insassen von bis zu 700 Autos trafen, der Essener Media Markt an der Gladbecker Straße, wo im Juli ein Stelldichein rund 200 junger Autofans aufgelöst wurde, oder der Kaufland-Parkplatz am Berthold-Beitz-Boulevard, an dem sich im Februar unschöne Szenen in einer für Essen bis dahin unbekannten Dimension abspielten.

Kampf gegen Autoposer in Essen: „Der Ton wird rauer“

„Eine Gruppe aus mehreren hundert Störern wurde gegenüber den Polizisten zunehmend aggressiv und bedrängte die Beamten. Auch den ausgesprochenen Platzverweisen kam die Gruppe nicht nach. Erst nachdem Verstärkungskräfte eingetroffen waren, konnten die Polizisten die Platzverweise durchsetzen und das Treffen auflösen. Hierbei kam auch ein Polizeihubschrauber zum Einsatz“, hieß es in der damaligen Mitteilung der Polizei.

Dass Anweisungen nicht befolgt werden, ist für Carsten Hamann ein klares Indiz: „Der Ton wird rauer.“ Dem hat Dem hat die Behörde nun mit ihrer Schwerpunktkontrolle etwas entgegengesetzt.

Polizei will Treiben auf der Rüttenscheider Staße unterbinden

Im Fokus der Ordnungshüter ist auch Rüttenscheid, das auf Poser eine besonders große Anziehungskraft auszustrahlen scheint: Auf den Pneus ihrer Boliden flanieren sie an den Gästen der Außengastronomien vorbei, um immer wieder auf Gaspedal zu drücken. Der zum Teil ohrenbetäubende explosionsartige Auspufflärm macht so manchen sprachlos. Das leidige Phänomen ist auch dem Chef der Verkehrsdirektion bekannt. Doch der vorüberrollenden Belästigung folgen tatsächlich so gut wie keine Beschwerden: Eine landete im vergangenen Jahr bei der Polizei, zwei waren es bislang in 2024.

Man wolle dieses Treiben auf der „Rü“ unterbinden, sagt Hamann. Doch der Weg zum Ziel ist aus Sicht der Behörde so personal- wie zeitintensiv, da den meist jungen Männern am Steuer dezidiert Ordnungsverstöße wie zum Beispiel eine vermeidbare Umweltbelastung durch unnützes Herumfahren nachgewiesen werden müssten.

Der zwischen der engen Bebauung schnell als zu heftig empfundene Krach der Motoren indes ist nicht nur ein subjektives Urteil genervter Kneipenbesucher oder Passanten. Der Polizei ist bekannt, dass werkseitig verbaute Auspufftechnik, die für einen „kernigeren“ Sound sorgen kann, aktiviert wird, obwohl sie nur auf außerstädtischen Straßen erlaubt ist. Leichter zu ahndende Geschwindigkeitsverstöße durch die Poser-Szene in Rüttenscheid seien hingegen nicht an der Tagesordnung.

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