Essen. Frauen mit Kinderwunsch sollten den Arztbesuch nicht ewig hinauszögern, sagt ein Essener Arzt. Warum auch Männer sich untersuchen lassen sollten.

Dr. Norbert Nosal ist Chefarzt in der Frauenklinik des Elisabeth-Krankenhauses, und er wünscht sich, dass Patientinnen mit unerfülltem Kinderwunsch früher Hilfe suchen: „Es ist halt sehr schwierig, mit 45 Jahren noch schwanger zu werden.“ Der erste Weg müsse nicht gleich ins Kinderwunschzentrum führen, es gebe auch andere Anlaufstellen für die Frauen und ihre Partner. Gemeinsam mit dem Netzwerk „Mama to Bee“* lädt Nosal für Dienstag, 8. Oktober, zu einem Info-Nachmittag ein.

Dr. Norbert Nosal, Chefarzt der Frauenklinik im Essener Elisabeth-Krankenhaus

„Es ist halt sehr schwierig, mit 45 Jahren noch schwanger zu werden.“

Dr. Norbert Nosal, Chefarzt der Frauenklinik im Essener Elisabeth-Krankenhaus, rät, die Familienplanung nicht ewig hinauszuschieben

Wenn eine 20-Jährige zum Zeitpunkt ihres Eisprungs Sex habe, werde sie mit hoher Wahrscheinlichkeit schwanger. Mit steigendem Alter nehme die Fruchtbarkeit jedoch ab, betont der Mediziner. Es komme vermehrt zu Knoten der Gebärmutter (Myome), Verklebungen der Eileiter oder Veränderungen der Eierstöcke. Laut Statistischem Bundesamt sind Frauen hierzulande im Schnitt 31,7 Jahre alt, wenn sie ihr erstes Kind gebären. Und viele glauben, bestärkt durch soziale Medien und späte Promi-Mütter, dass sie gleichsam unbegrenzt Zeit haben. Ein Irrtum, sagt Nosal.

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Ja, es gebe die 60-jährige Mutter, doch die habe neben der künstlichen Befruchtung mit Sicherheit auf eine Eizellspende zurückgreifen müssen. Sein Rat: „Je früher man sich mit dem Thema auseinandersetzt, desto besser.“ Selbst, wenn man noch gar nicht mit der Familiengründung starten möchte.

Oft ist Endometriose die Ursache für eine ungewollte Kinderlosigkeit

Beispielhaft nennt Dr. Nosal die Endometriose (Infokasten), die am 8. Oktober besonderes Augenmerk bekommen soll: Denn sie ist Schätzungen zufolge bei etwa der Hälfte der Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch die Ursache. Die Krankheit macht sich meist durch heftige Menstruationsschmerzen bemerkbar, die oft auch von Frauenärzten als normale Begleiterscheinung der Regel fehlinterpretiert werden.

„Die Endometriose gilt als Chamäleon der Gynäkologie und wird daher vielfach erst nach Jahren diagnostiziert“, erklärt Nosal. Häufig, wenn die betroffenen Frauen vergeblich versuchen, ein Kind zu bekommen. Denn in der Zwischenzeit hat die Endometriose chronische Entzündungen und Verwachsungen im Bauchraum verursacht.

Info-Nachmittag zu Kinderwunsch und Endometriose

Das Netzwerk Kinderwunsch lädt zum Info-Nachmittag am Dienstag, 8. Oktober, von 14 Uhr bis 18.30 Uhr, im Hörsaalzentrum (bitte Beschilderung folgen) des Elisabeth-Krankenhauses, Klara-Kopp-Weg 1 in Essen.

Fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ist ungewollt kinderlos. Für viele der Betroffenen wird der unerfüllte Kinderwunsch zur Belastungsprobe, sorgt für tiefe Trauer. Die Frauenklinik im Elisabeth-Krankenhaus und die Praxis Sakura Osteopathie möchten Betroffenen zur Seite stehen und bieten an dem Nachmittag Vorträge, Info-Stände und einen direkten Austausch an. Es geht um verschiedene Therapieansätze, reproduktionsmedizinische und operative Techniken werden erläutert. Ein Schwerpunktthema ist die Endometriose.

Ein unerfüllter Kinderwunsch kann vielfältige Ursachen bei Mann oder Frau haben. „Bei 40 bis 50 Prozent der Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben, ist Endometriose die Ursache“, sagt die Endometriose-Vereinigung Deutschland. Bei der gutartigen Erkrankung wächst Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter. Es siedelt sich etwa an den Eierstöcken, im Bauch- und Beckenraum an. Manche Betroffene haben keine Beschwerden, andere Frauen leiden unter heftigen Schmerzen, vor allem während der Menstruation. Die Krankheit kann zu chronischen Entzündungen, Vernarbungen und Verwachsungen und letztlich zu Unfruchtbarkeit führen.

Eine frühe Diagnose sei also wünschenswert, weil sie den betroffenen Frauen einen langen Leidensweg erspare und eine ungewollte Kinderlosigkeit verhindern könne. Und: „Bis vor zehn Jahren musste man immer operieren, um eine Endometriose zu behandeln. Heute ist in vielen Fällen auch eine medikamentöse Behandlung mit Hormonen möglich.“

Jahrelange Odyssee und spätere Enttäuschung vermeiden

Patrick Salogga ist kein Arzt, sondern Osteopath, Heilpraktiker und Physiotherapeut, er arbeitet in der Praxis „Sakura“. Dort beschreiben mitunter junge Frauen ihre Rückenschmerzen so, dass er Hinweise auf eine Endometriose sieht. „Die denken oft noch nicht an ein Kind, aber ich rate ihnen: ,Lasst Euch untersuchen.‘“ Ein Tipp, der ihnen womöglich eine jahrelange Odyssee und eine spätere Enttäuschung erspart.

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Salogga (36) und seine Praxis-Partnerin Bettina Höhfeld-Schikfelder (40) haben aus eigener Erfahrung einen geschärften Blick für das Thema Kinderwunsch: Beide haben heute zwei Kinder, beide mussten dafür Umwege einschlagen. „Auf meiner Kinderwunschreise habe ich verschiedene Therapiemöglichkeiten kennengelernt“, erzählt er. Folgerichtig gehören zu dem von ihm gegründeten Netzwerk „Mama to Bee“* auch Praxen für Akupunktur, Naturheilkunde und Ernährungsberatung. Die Ansprechpartner nehmen sich Zeit für die Beratung, hören den Paaren gut zu.

Netzwerk informiert rund um das Thema Kinderwunsch

Bieten Informationen und Austausch zum Thema Kinderwunsch (v.l.): Patrick Salogga, Bettina Höhfeld-Schikfelder (beide Praxis Sakura Osteopathie) und Dr. Norbert Nosal, Chefarzt der Frauenklinik im Essener Elisabeth-Krankenhaus.
Bieten Informationen und Austausch zum Thema Kinderwunsch (v.l.): Patrick Salogga, Bettina Höhfeld-Schikfelder (beide Praxis Sakura Osteopathie) und Dr. Norbert Nosal, Chefarzt der Frauenklinik im Essener Elisabeth-Krankenhaus. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Für Bettina Höhfeld-Schikfelder ist das Netzwerk ein Herzensprojekt, fand sie sich doch viel zu schnell in einer Kinderwunschklinik wieder, als es mit ihrer zweiten Schwangerschaft nicht klappte. Sofort sei ein Therapiefahrplan samt Operation und künstlicher Befruchtung aufgestellt worden.

Bettina Höhfeld-Schikfelder vom Netzwerk „Mama to Bee“

„Dr. Nosal empfahl, die Eileiter durchzuspülen – und einen Monat später war ich schwanger.“

Bettina Höhfeld-Schikfelder vom Netzwerk „Mama to Bee“ findet, Frauen würden zu schnell in die Kinderwunschklinik geschickt

Sie fühlte sich überrumpelt und wandte sich an Dr. Nosal, den sie von früheren Behandlungen kannte. „Er empfahl, die Eileiter durchzuspülen – und einen Monat später war ich schwanger.“ Sie möchte Frauen ermutigen, vor dem Weg in die Kinderwunschklinik andere Ansätze auszuprobieren, etwa die Physiotherapie, die zum Beispiel in Dänemark bei Kinderwunsch üblich sei. Und manchmal helfe es schon, wenn sich eine Frau besser mit ihrem Zyklus vertraut mache, den Zeitpunkt ihres Eisprungs kenne. „Eisprungtests gibt es in der Drogerie“, ergänzt Nosal.

Erst zum Frauenarzt, dann ins Kinderwunschzentrum

Frauen, die ein Jahr vergeblich versuchen, schwanger zu werden, sollten zunächst einen Termin bei ihrem Gynäkologen vereinbaren, über 35-Jährige nach einem halben Jahr, betont Dr. Nosal. „Den letzten Aufschlag macht das Kinderwunschzentrum.“ Die Erfolgsquote dort liege bei etwa 30 Prozent.

In etwa der Hälfte der Fälle liege die Ursache für eine ungewollte Kinderlosigkeit übrigens beim Mann. Obwohl der Untersuchungsaufwand bei Männern minimal und bei Frauen riesig sei, gebe es trotzdem noch Partner, die sich gegen einen Arztbesuch sträuben. „Ich operiere keine Frau, solange kein Spermiogramm des Mannes vorliegt.“

Netzwerk-Name ist ein Wortspiel

* Zum Namen des Netzwerks „Mama to Bee“: Bee heißt auf Englisch Biene, sie findet sich im Logo. Gesprochen klingt der Name wie „werdende Mama“ (was sich „to Be“ schriebe).

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