Essen-Altenessen. Der Rechtsstreit zwischen KD 11/13 und dem Essener Ehepaar Duy endet mit einem Vergleich: Spätestens im Sommer wird das „deinKult-Café“ ausziehen.
Zwei Stunden hat die Vorsitzende Richterin Dr. Astrid Wallow für den Termin eingeplant, am Ende dauert er gut drei Stunden. Doch damit scheint der seit Jahren schwelende Streit zwischen den Betreibern des „deinKult-Café“ in Altenessen und deren Vermieterin, der KD 11/13 GmbH, endlich beigelegt. Das beliebte Café wird seinen Standort im Gebäude an der Karl-Denkhaus-Straße zwar tatsächlich räumen müssen, allerdings nicht sofort und auch nicht ohne eine Entschädigungszahlung.
Vorausgegangen war dem Gerichtstermin ein schier endloser und auch für die Richterin kaum noch nachvollziehbarer Schriftwechsel zwischen den beteiligten Parteien: direkt und über Anwälte, per Brief, Mail, Handynachricht. Die Kommunikation: festgefahren. Die Fronten: verhärtet.
Rechtsstreit um das Essener Café hat eine lange Vorgeschichte
Die Vorgeschichte hat mittlerweile so viele Kapitel, dass sie hier auf das Wesentliche reduziert werden soll: Im Juli 2023 erhielt das Ehepaar Duy die Kündigung des Mietvertrags für die Café-Räumlichkeiten, mit Wirkung zum 31. Dezember 2023. Eigentlich hatten Neslihan und Eyyüphan Duy für die Dauer von acht Jahren gemietet, ihr Vertrag sollte regulär bis November 2027 laufen.
Als Reaktion auf die Kündigung mobilisierten sie Stammgäste und Politik und engagierten einen Rechtsanwalt. Dieser hielt die Kündigung für unwirksam, der Betrieb lief weiter. Doch die KD 11/13 GmbH wollte die Immobilie verkaufen, ein Interessent war schließlich gefunden, hatte aber offenbar Pläne für das Gebäude, in denen das „deinKultCafé“ nicht vorkam.
Unterdessen gingen die Streitigkeiten weiter: um fehlende Betriebskostenabrechnungen und nicht vorgelegte Bilanzen, um die Höhe von Umsätzen und damit verbundene Gewinnbeteiligungen, um Räumungsaufforderungen, plötzlich abgesperrte Behindertentoiletten und abgeknipste Stromversorgung für Außenbeleuchtung und Leuchtreklame. Auch aufgrund der zahlreichen mündlichen Absprachen zum Mietvertrag ergaben sich immer neue und immer mehr Streitpunkte.
Richterin rät Essener Café-Betreibern und dem Geschäftsführer der KD 11/13 zu einem Vergleich
Zurück zum Gerichtstermin: Das Mietverhältnis sei in einigen Punkten vollkommen unzureichend geregelt gewesen, stellt die Richterin fest. „Dieser Rechtsstreit ist in meinen Augen völlig unnötig.“ An der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung habe sie durchaus Zweifel. Doch schnell machen auch die vermeintlich unwirksam gekündigten Mieter klar, an diesem Vertrag nicht mehr festhalten zu wollen: Zu zerrüttet sei das Vertrauensverhältnis; auch im Kontakt mit dem künftigen Eigentümer sei bereits zuviel vorgefallen. Da Tuncer Kalayci, Geschäftsführer der KD 11/13, das ebenso sieht, ist man sich ausnahmsweise mal einig. „Sie finden nicht mehr zusammen, Sie müssen jetzt Schadensbegrenzung betreiben“, so die Richterin.
Doch das Ringen um eine einvernehmliche Lösung zur Abwicklung des Vertrages bleibt schwierig. Denn die gegenseitigen Beschuldigungen sind weiterhin nicht ausgeräumt; ein Entgegenkommen knüpft jede Seite an Bedingungen, die die eine erst erfüllen will, wenn zunächst die andere etwas tut. Man dreht sich im Kreis. Mehrfach sieht es so aus, als drohe ein Rechtsstreit durch alle Instanzen.
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Eindringlich aber redet die Richterin beiden Parteien zu, es darauf nicht leichtfertig ankommen zu lassen: „Wenn Sie das durchziehen, bedeutet das unfassbare nervliche Belastung“, von den Kosten ganz zu schweigen. Ein solcher Prozess werde dauern: „Sie riskieren jahrelange Unklarheit.“ Auch angesichts der völlig verworrenen Vorgeschichte rät sie wiederholt zu einem Vergleich und nimmt geduldig alle Bedürfnisse und Forderungen auf, die zunächst weit auseinander liegen.
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Neslihan und Eyyüphan Duy verlangen eine Entschädigung für die getätigten Investitionen und die Zusicherung, das Café störungsfrei betreiben zu können, bis sie Ersatzräumlichkeiten beziehen. Tuncer Kalayci wiederum will eine möglichst kurze Restlaufzeit und zudem die Miete erhöhen. Außerdem stehen weiterhin etwaige Nachforderungen wegen einer vereinbarten Gewinnbeteiligung im Raum. Die Duys hingegen verweisen darauf, dass sie in den vergangenen Jahren sogar während der coranobedingten insgesamt 400-tägigen Schließung Betriebskostenvorauszahlungen geleistet hätten, die niemals ordnungsgemäß abgerechnet, geschweige denn zurückerstattet worden seien. Gewinne hätten sie nicht gehabt.
Dazu muss man wissen, dass das Café im Zusammenspiel mit dem Verein Jugendhilfswerk deinKult e.V. vor allem eine soziale Funktion im Stadtteil erfüllen soll. Dazu gehören zahlreiche Projekte und Aktionen, vor allem zugunsten von Jugendlichen. Aktuell würden über den Verein fast 150 Jugendliche unterstützt. Das würdigt auch die Richterin, die betont, dass ihr die Situation „rein menschlich“ sehr leid tue.
Essener Cafébetreiber suchen nun neue Räume in Altenessen
Einzig dem Bemühen und der Geduld der Richterin ist es am Ende auch zu verdanken, dass ein Kompromiss geschlossen werden kann: Die Vorgeschichte soll nun ruhen, beide Seiten verpflichten sich, keinerlei Dokumente mehr nachzufordern. Somit entfallen sowohl Betriebskostenabrechnungen und mögliche Rückzahlungen als auch etwaige Gewinnbeteiligungen. Spätestens zum 30. Juni 2025 werden die Duys die Café-Räume an den künftigen Eigentümer übergeben. Sie erhalten bis Mitte November 2024 eine Entschädigung in Höhe von 10.000 Euro für ihre getätigten Investitionen in das Café.
Der Vergleich regelt auch weitere strittige Punkte, so dass nun für einige Monate Ruhe einkehren sollte. Ruhe, die Neslihan und Eyyüphan Duy dringend brauchen, um den Betrieb weiterzuführen und gleichzeitig einen neuen Standort finden zu können. Ein „fader Nachgeschmack“ bleibe, sagen sie, wirklich zufrieden sind sie nicht. Doch sie wollen nun wieder nach vorne schauen und ihre Energie in die Arbeit stecken.
Der Käufer der Immobilie, der Essener Filmemacher Hamid Merhi, ist als baldiger Eigentümer rechtlich an die vor Gericht geschlossenen Vereinbarungen gebunden. Sobald er ins Grundbuch eingetragen ist, werden sich die Duys allerdings mit allen Anliegen zum noch laufenden Mietverhältnis mit ihm auseinandersetzen müssen.
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