Essen-Rüttenscheid. Bei der Ehrenamt-Messe im Essener Grugapark wurde die Vielfalt freiwilligen Engagements erlebbar. Akteure berichten über persönliche Erlebnisse.

Bei der Ehrenamt-Messe auf den Farbenterrassen des Grugaparks, mitten im Trubel des zeitgleich stattfindenden Kindertages, informierten am vergangenen Sonntag (22.9.) gemeinnützige Organisationen und Initiativen unverbindlich über ihre Arbeit. Engagierte Menschen berichteten aus erster Hand, wie sie zum Ehrenamt gekommen sind.

Essener Augenoptiker engagiert sich für das Projekt „EinDollarBrille“

Augenoptiker Karl Reinhard Fischer zum Beispiel hatte in einem Fachmagazin vom Verein „EinDollarBrille“ gelesen: „Da hat es mich gepackt.“ Nun schauen ihm Kinder fasziniert zu, wie er in die einfache Biegemaschine einen Draht einlegt. Der achtjährige Rafael hat genau aufgepasst: „Er hat das irgendwie so gebogen und dann Gläser reingepackt und fertig.“ Auch seine fünfjährige Schwester Ronja hat begriffen, dass es in anderen Regionen der Welt Kinder gibt, die zwar dringend eine Brille bräuchten, deren Eltern aber das Geld nicht haben.

Rafael (8) und Ronja (5) schauen zu, wie Augenoptiker Karl Reinhard Fischer mit der Biegemaschine ein einfaches Brillengestell herstellt.
Rafael (8) und Ronja (5) schauen zu, wie Augenoptiker Karl Reinhard Fischer mit der Biegemaschine ein einfaches Brillengestell herstellt. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Der Materialwert der Brille liegt bei eben diesem einen Dollar. Die Menschen werden in ihren Dörfern getestet und erhalten sofort die passende Brille. Das System ist verblüffend effektiv, muss aber bekannter gemacht werden, so Fischer: „Wir gehen in Schulen, zu Rotariern oder Lions Clubs, wir sind auf Festen. Dafür benötigen wir Ehrenamtliche.“ Wer möchte, kann ihn unter karlreinhard.fischer@eindollarbrille.de kontaktieren.

Gute Gespräche auf der Ehrenamt-Messe sollen im Gedächtnis bleiben

Viele Essener wollen sich ehrenamtlich engagieren, wissen aber nicht wie und wo dies möglich ist. Da können Hendrik Rathmann und seine Mitstreiter von der Ehrenamt Agentur helfen: „Wir sprechen hier viele Bereiche an, ökologische und soziale Themen. Wer sich für die Gesellschaft einsetzen möchte, der soll es leicht haben und nicht lange nach einer passenden Einsatzstelle suchen müssen.“

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Die Ehrenamt-Agentur gehe mit ihren Messen gezielt dorthin, wo die Menschen seien: „Wir sind zum dritten Mal im Grugapark. So viele Besucher wie heute hatten wir aber noch nie, die sich auch gezielt informieren an den Ständen. Das sind Menschen, die sich ein Ehrenamt vorstellen könnten. Vielleicht nicht sofort, aber die guten Gespräche werden im Gedächtnis bleiben.“

Die Ehrenamt-Agentur geht mit ihren Messen gezielt dorthin, wo Menschen sind: Im Grugapark fand sie zum dritten Mal statt.
Die Ehrenamt-Agentur geht mit ihren Messen gezielt dorthin, wo Menschen sind: Im Grugapark fand sie zum dritten Mal statt. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Zwar sei augenfällig, dass viele Ältere im Ehrenamt stünden, doch auch Jüngere könnten sich engagieren: „Da müssen Anreize geschaffen werden und sich bei manchen Organisationen die Rahmenbedingungen ändern. Müssen ewig lange Vorstandssitzungen sein? Geht das nicht kompakter, geht das nicht digital? Wie ist es mit der Mitbestimmung? Machen die Älteren auch wirklich Platz für jüngere Ehrenamtliche?“

Ehrenamtliche Arbeit einer Essenerin vermittelt Glücksgefühle

Am Stand von „Mentor Die Leselernhelfer Essen“ lächelt Birgit Gärtner: „Ich war bei einer Bank beschäftigt und habe selbst keine Kinder. Aber dann bin ich doch tatsächlich über einen Zeitungsartikel auf diesen Verein aufmerksam geworden.“ Hier nehmen sich Ehrenamtliche Zeit, um mindestens ein Schuljahr lang einem Kind im eins zu eins beim Lesenlernen zu helfen: „Das sind oft Kinder, die in großen Schulklassen nicht so gesehen werden. Wir bauen Vertrauen auf und dann löst sich so mancher Knoten.“

Bei ihrem aktuellen Schützling habe es auf den ersten Augenblick gepasst: „Dieses Kind hat Mut gefasst und sich was getraut. Jetzt reicht es sogar für die Realschule. Was für ein Erfolg. Und für mich ein unbeschreibliches Glücksgefühl.“ Da immer mehr Schulen die Arbeit von „Mentor“ anfragen, werden auch immer mehr Ehrenamtliche benötigt. Allerdings müssten sie direkt nach Schulschluss Zeit haben.

Aus der Praxis gibt es einfache Rezepte und Hilfen für den Alltag

Am Stand der „Essbaren Stadt“ zeigen die Organisationen „Altenessen.blüht“ und „Ernährungsrat Essen“, wie einfach man leckeres Kräutersalz herstellen kann. Kristina Wendland zeigt, wie’s geht, dann mörsern die Kinder eifrig, bis sie genügend zusammen haben, um eine Tüte zu befüllen. Auch hier wächst die Zahl der Ehrenamtlichen beständig.

Die nächste Messe

Die Ehrenamt Agentur Essen bietet am Samstag, 12. Oktober, eine weitere Möglichkeit, sich über Ehrenamtliches Engagement in Essen zu informieren. Mitten in der Essener Innenstadt wird in das Grillo Theater eingeladen. Dort werden sich rund 30 Stände präsentieren. Bewusst an einem Samstag, so können Interessierte beim Shopping vorbeischauen

Noch sind Ausstellerflächen frei. Organisationen und Initiativen, die einen Stand kostenfrei buchen möchten, können sich unter anmeldung@ehrenamtessen.de bei der Ehrenamt Agentur melden.

Udo Stauber demonstriert am Stand von „Plan B international“ an einem „Tippi-Tap“, wie man auch in Regionen ohne fließend Wasser das Händewaschen ermöglichen kann. Ein Kanister, daran ein Faden, an dem ein Stock baumelt. Wenn man auf den tritt, tröpfelt Wasser aus dem Behältnis. So einfach wie genial. Für Stauber war der Weg zum Ehrenamt ein langer: „Ich wollte etwas zurückgeben, war aber beruflich eingespannt.“ Da habe er eine Patenschaft übernommen für ein Kind aus einer armen Region.

Daraus wurde mehr: „Vor 15 Jahren habe ich die Essener Aktionsgruppe von Plan B international mitgegründet. Wir sind in letzter Zeit stark gewachsen. In den vergangenen drei Monaten sind gleich acht neue Aktive dazugestoßen. Was für uns sehr, sehr viel ist.“ Die ehrenamtliche Tätigkeit bereite ihm auch heute noch viel Freude: „Man bekommt so viel zurück.“

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