Essen-Katernberg. Beim Pop-up-Hochzeitsfestival in Essen konnten sich Heiratswillige unbürokratisch das Jawort geben. Wir haben ein Paar begleitet.

„LOVE“ steht in großen, weißen Leuchtbuchstaben auf der Wiese vor dem Förderturm der Zeche Zollverein. Paare in festlichen Outfits laufen Hand in Hand über das Gelände des Weltkulturerbes. In der Ferne erklingen romantische Melodien, gespielt auf einer Trompete.

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Der Grund dafür, dass an diesem Wochenende auf Zollverein so viel Liebe in der Luft liegt, ist das Pop-up-Hochzeitsfestival. Es findet erstmals in Essen statt und wird von „Segen45“, einem Startup der evangelischen Kirche, organisiert. Das Angebot: Heiratswillige Paare können sich ganz spontan, unbürokratisch, ohne aufwendige Formalitäten und kostenlos in fünf verschiedenen Locations auf dem Welterbe-Gelände das Jawort geben.

Zwei Varianten der Vermählung beim Essener Pop-up-Hochzeitsfestival

Pop-up-Hochzeitsfestival der Evangelischen Kirche
Viele Paare nutzten die Gelegenheit fürs spontane Ja-Wort. Sie konnten zwischen zwei Varianten der Vermählung wählen. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Dafür sind rund 30 Pfarrerinnen, Pfarrer und Prädikanten – ehrenamtliche Prediger – vor Ort und ermöglichen den Paaren eine feierliche Trauung. Das Angebot der „Spontan-Hochzeit“ nutzen auch Nicole (55) und Jan (50) Diessel aus Schonnebeck. „Wir sind seit 16 Jahren ein Paar und haben im Mai 2024 standesamtlich geheiratet. Bisher hat sich die kirchliche Hochzeit noch nicht ergeben, für mich gehört sie aber dazu, um das Ganze komplett zu machen“, erklärt Nicole Diessel, die durch Zufall im Internet von dem Heiratsangebot erfahren habe: „Wir haben uns vor zwei Tagen ganz spontan dazu entschieden, heute kirchlich zu heiraten.“

„Wir haben uns vor zwei Tagen ganz spontan dazu entschieden, heute kirchlich zu heiraten.“

Nicole Diessel, Braut

Kennengelernt habe sich das Paar über ein Internetradio, so Jan Diessel: „Wir sind beide Gothic-Fans und mögen die Band ,Unheilig‘, das hat uns sofort verbunden.“ Das Konzept des Pop-up-Hochzeitsfestivals sieht zwei Varianten der Vermählung vor, wie Birte Smieja aus dem „Segen45“-Team erklärt: „Bei uns haben Paare die Möglichkeit, spontan vorbeizukommen und ihre Beziehung feierlich segnen zu lassen – unabhängig von ihrer Konfession. Dieses Angebot steht allen Paaren offen.“

Pop-up-Hochzeitsfestival der Evangelischen Kirche
Auch fürs musikalische Begleitprogramm war gesorgt. Paare konnten sich ein Lied wünschen. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Aber: „Soll es sich jedoch um eine offizielle kirchliche Trauung handeln, die ins Stammbuch eingetragen wird, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Das Paar muss bereits standesamtlich verheiratet sein und darf noch keine kirchliche Trauung gehabt haben. Zudem muss mindestens eine der beiden Personen Mitglied der evangelischen Kirche sein.“

Fünf unterschiedliche Orte für die Trauung auf Zollverein: von Kohlenwäsche bis Blumenbogen

Pop-up-Hochzeitsfestival der Evangelischen Kirche
Birte Smieja gehört zum Team von „Segen45“, einem Startup der evangelischen Kirche, das das Festival organisiert hat. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Neben den formalen Voraussetzungen gibt es bei der Anmeldung vor Ort noch weitere Entscheidungen zu treffen: Die Paare dürfen sich einen Song aussuchen, der während der Zeremonie live gespielt wird. Außerdem müssen sie sich für einen der fünf angebotenen Trauorte entscheiden: „Die Paare haben die Möglichkeit, unter einem Blumenbogen im Färbergarten, im Boho-Stil zwischen Birken und Vogelgezwitscher, in der Kohlenwäsche, regenbogenbunt im Auditorium oder in luftiger Höhe auf der Mannschaftsbrücke zu heiraten“, so Smieja und fügt hinzu: „Die Mannschaftsbrücke, die Kohlenwäsche und der Blumenbogen haben sich heute als beliebteste Orte für unsere Hochzeitspaare herausgestellt.“

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Laut Veranstaltungsteam kommen an diesem Tag rund 90 Paare, um zu heiraten. Dabei kommen die Heiratswilligen nicht nur aus Essen, so Smija: „Ein Paar ist sogar aus Berlin angereist, viele sind auch aus anderen Ruhrgebietsstädten hergekommen.“

„Wir freuen uns sehr, dass wir kostenlos an einem so schönen Ort heiraten dürfen. Das wäre sonst unbezahlbar.“

Jan Diessel, Bräutigam

Nicole und Jan Diessel haben sich für eine offizielle kirchliche Trauung mit Eintrag ins Stammbuch, unter dem Regenbogen im Auditorium entschieden. Der Bräutigam erklärt: „Wir freuen uns sehr, dass wir kostenlos an einem so schönen Ort, wie der Zeche Zollverein, heiraten dürfen. Das wäre sonst unbezahlbar.“

Von den Kleidern, die vor Ort kostenlos zum Verleih angeboten werden, muss das Ehepaar Diessel keinen Gebrauch machen: „Wir haben den heutigen Anlass dazu genutzt, um noch einmal die Sachen von der standesamtlichen Hochzeit zu tragen“, so die Braut. Ein neues Detail in puncto Outfit gibt es spontan doch noch: Einer der vor Ort angebotenen Haarkränze aus frischen Blumen soll den Hochzeitslook von Nicole Diessel perfekt machen.

Pfarrerin führt ein kurzes Vorgespräch mit dem Essener Paar, dann beginnt die Zeremonie

Um die Vermählung persönlich gestalten zu können, bittet Pfarrerin Elisabeth Müller zum Vorgespräch. Nachdem sie sich einen persönlichen Eindruck von Nicole und Jan Diessel gemacht hat, führt sie das Brautpaar, gemeinsam mit den beiden Trauzeugen, zum Ort des Geschehens. Mitten im gewohnten Samstagsbetrieb auf dem Zollverein-Gelände, wo Familien Tischtennis spielen, Kinder auf dem Spielplatz toben und Radfahrer den Weg kreuzen, steht ein Baum, der mit Regenbogenflaggen und bunten Luftballons geschmückt ist. „Aufgeregt bin ich nicht, ich verspüre nur Vorfreude“, betont die Braut, als sie den Ort der Trauung sieht.

Eine Sängerin und ein Keyboarder warten bereits und empfangen das Hochzeitspaar mit einer Coverversion von „Marry You“ von Bruno Mars. Die musikalische Unterhaltung lässt auch Passanten aufmerksam werden, die sich spontan auf eine Bank setzen und die Hochzeit gespannt verfolgen. Nach einer persönlichen Rede, die Elisabeth Müller für die Diessels hält, erklingt der Wunschsong „Das Beste“ von Silbermond, der das Hochzeitspaar zu Tränen rührt. Nach der Zeremonie schaltet Elisabeth Müller eine Seifenblasenmaschine ein und streut getrocknete Blütenblätter über das Brautpaar. Nicole und Jan Diessel sind überwältigt: „Wir haben es uns nicht so wunderschön vorgestellt. Diese Trauung war viel schöner als unsere standesamtliche Hochzeit und hat all unsere Erwartungen übertroffen.“

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