Essen-Haarzopf. Klaus Pelizaeus ist seit Jahrzehnten in der Schlagerbranche aktiv, hat über 800 Titel geschrieben. Wie seine Songs schnell ins Radio kommen.
Die Musikbranche hat sich in den letzten Jahren verändert. Doch ein Haarzopfer beweist musikalisches Durchhaltevermögen: Im September vor 25 Jahren, genauer gesagt am 9.9.99, gründete der Komponist und Produzent Klaus Pelizaeus (71) sein Plattenlabel „A la tete“. Der französische Name sollte Programm sein, bedeutet er doch so viel wie „An die Spitze“. Und genau da wollte der Essener hin.
Schon elf Jahre zuvor hatte der Haarzopfer mit dem offensichtlichen Faible für Schnapszahlen am 8.8.88 in Werden die Künstlervermittlung und Musikproduktion Alibaba ins Leben gerufen. Dass beide Unternehmen mit A beginnen, ist dabei kein Zufall: Sie stehen bei alphabetischer Auflistung immer weit oben.
Essener gründete vor 25 Jahren sein eigenes Plattenlabel
„Seit jeher war es schwierig, deutschsprachige Titel bei Branchengrößen wie Universal, BMG oder Sony unterzubringen. Was lag da näher, als selbst ein Label zu gründen? Hat man einen geeigneten, freien Interpreten gefunden, kann man selbst ins Risiko gehen, den Titel im Studio aufnehmen und veröffentlichen. So müssen Song-Angebote nicht wochenlang hin- und hergeschickt werden, um das Licht der Welt zu erblicken“, erinnert sich Klaus Pelizaeus, was ihn zur Gründung seines eigenen Plattenlabels veranlasste.
Trotz aller Schwierigkeiten sei es ihm damals mit seiner Alibaba-Musikproduktion gelungen, dort unter Vertrag stehende Interpreten bei etablierten Labels unterzubringen. Dort arbeiteten sie teils mit bekannten Künstlern aus der Schlagerbranche zusammen. So war zeitweise Michael Kern beim gleichen Label wie Bernd Clüver und Gitte Haenning, Eugen & Akkordmalocher waren Kollegen von Ibo und den Flippers, Xandra Hag die Kollegin von Ingrid Peters und Markus und Playa Rouge stand beim gleichen Label unter Vertrag wie Angelika Milster und Andrea Berg, zählt der Haarzopfer auf.
Schnelligkeit zählt für den Essener Komponisten und Produzenten
Ein eigenes Label war für Pelizaeus dennoch wichtig, schon um seine eigenen Werke besser zu vermarkten: „Über 800 bei der GEMA gemeldete Pelizaeus-Songs wollten problemloser auf den Markt.“ Das sei seit nun 25 Jahren durch „A la tete Records“ schneller möglich. Aber nicht nur seine eigenen Lieder kamen über das Label auf den Markt, sondern auch über 200 Weihnachts- und Countrysongs. So veröffentlichte „A la tete“ CDs mit Graham Bonney, Peter Petrel, Windows, Randolph Rose, Ted Herold, Playa Rouge, Michael Kern, Rhinestones oder Lars Vegas.
Und wie schafften es die Titel ins Radioprogramm? Redakteure der Radiosender erhielten damals CDs und konnten dann entscheiden, ob der Titel für das jeweilige Programm geeignet war oder nicht, berichtet der Musikexperte. „Jeder Redakteur erhält wohl an die 15 CDs am Tag, also rund 100 die Woche. Rund 95 Prozent wirft er weg, die Radio-kompatiblen Songs archiviert er. Am Foto zu sparen, wäre schlecht. Das Cover sollte professionell gestaltet sein, um die erste Auswahlrunde überhaupt zu überstehen“, so Pelizaeus. Bekannte Namen hätten es sicherlich leichter als Newcomer.
So kommen die Beteiligten an ihr Geld
Für die Veröffentlichung eines produzierten Musik-Titels benötigte man laut Klaus Pelizaeus schon damals ein Labelcopyright (LC-Nummer). Nur so hätten Songs vor dem Siegeszug des Internets in Radio und Fernsehen gespielt, erfasst und honoriert werden können.
Für die Urheber (Komponist und Textdichter) sowie die Verleger ist laut Pelizaeus in erster Linie die Verwertungsgesellschaft GEMA zuständig. Die Ausschüttung für die Schallplattenfirmen (Labels) und Künstler (Sänger, Bands, Studiomusiker, Chöre) erfolge durch die GVL. Bei jedem Radioeinsatz eines Werkes, heutzutage auch bei Streamings in den bekannten Portalen, fließen Gelder an die Beteiligten.
Die Vorarbeit für das Auswahlverfahren habe damals am heimischen Wohnzimmertisch in Haarzopf stattgefunden. Seine Familie habe die CDs in Hüllen gesteckt, sie mit dem Cover versehen und in wattierten Umschlägen per Post losgeschickt. „Dann hieß es, warten und hoffen, dass das musikalische Werk Gefallen findet und bei möglichst vielen Sendern in den Playlisten auftaucht“, so Pelizaeus.
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Seit Jahren laufe das Auswahlverfahren allerdings digital. Dabei könne man sehen, welcher Sender gesichtet, herein gehört und den Titel fürs Programm angefordert habe.
Der Haarzopfer ist bis heute auch hinter den Kulissen der Musikbranche aktiv, sorgt dafür, dass die Künstler das Geld bekommen, das ihnen zusteht, wenn ihre Titel irgendwo gespielt werden. „Ich bin seit rund 20 Jahren Mitglied im GEMA-Wertungsausschuss, habe dort als Vorsitzender bei den Textdichtern dieses Jahr den Sänger und Produzenten Michael Holm abgelöst.“ Dieser Ausschuss vergebe Punkte für etwa 2500 Textdichter. „So habe ich einmal im Jahr Andrea Berg, Rapper Cro oder Dieter Bohlen auf dem Tisch.“
Branchenkenner aus Essen-Haarzopf ist für die GEMA tätig
Im GEMA-Werkausschuss, in dem Pelizaeus seit sechs Jahren tätig ist, würden auf Antrag Werke höhergestuft, wenn sie eine „besondere, schöpferische Tiefe“ hätten. Das betreffe vornehmlich Chansons, Werke von Liedermachern und Kabarettisten. „Zudem bin ich geschäftsführender Kurator der GEMA-Sozialkasse für Textdichter – wir verwalten rund 6,8 Millionen Euro jährlich –, sowie Mitglied in der Hörfunk-Kommission und im Aufnahme-Ausschuss“, sagt der Produzent.
Sein Label „A la tete“ sei aber auch nach 25 Jahren noch aktiv: „In Kürze wird ein neuer Weihnachtstitel mit der Countrygruppe Rhinestones aufgenommen.“ Spätestens im Oktober solle der Song ins Auswahlverfahren starten.
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