Essen-Bergerhausen. Der Gartenbauverein Essen-Süd feiert sein 100-jähriges Bestehen. Die 92 Gärten sind aktuell vergeben, doch viele wollen eine Parzelle pachten.

Vor 100 Jahren entstand der Gartenbauverein Essen-Süd. Seitdem hat sich das Kleingartenwesen sehr verändert. Derzeit ist der Wunsch nach einer grünen Oase mitten in der Stadt bei vielen Menschen wieder groß. Der Vereinsvorsitzende Guido Krück kann das gut verstehen.

Nach diversen Zusammenlegungen und Abspaltungen ist der Verein in seiner heutigen Form seit den 1960er Jahren an der Straße Am Krausen Bäumchen in Bergerhausen, unweit des Siepentals, ansässig. Vor 100 Jahren stand weniger der Aspekt der Erholung, als der der Ernährung im Vordergrund. „Die Selbstversorgung stand damals an erster Stelle, war teils überlebenswichtig“, sagt Guido Krück.

Seit fünf Jahren führt Guido Krück den Gartenbauverein Essen-Süd.
Seit fünf Jahren führt Guido Krück den Gartenbauverein Essen-Süd. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Die Menschen bauten damals nicht nur Obst und Gemüse für den Eigenbedarf an, sondern hielten auch Kleintiere wie Kaninchen und Hühner, die sie schlachteten. „Heute sind Kleingärtner und Kleintierzüchter in verschiedenen Vereinen organisiert, allerdings alle unter dem Dach des Stadtverbandes der Kleingärtnervereine“, so Krück.

Der Gartenbauverein Essen-Süd ist seit den 1960er Jahren in der Nähe des Siepentals ansässig

Nach dem Zweiten Weltkrieg, als in ausgebombten Städten wie Essen extreme Wohnungsnot herrschte, durfte man in den Lauben sogar übergangsweise wohnen. Das ist heute nicht mehr erlaubt. Auf dem Gelände des Gartenbauvereins Essen-Süd gibt es laut Guido Krück allerdings noch zwei Parzellen mit Meldeadresse. „Die ist an die aktuellen Pächter gekoppelt und erlischt, wenn sie den Garten aufgeben. Dort wohnt aber sowieso niemand mehr“, sagt der Vorsitzende.

Ursprünglich waren Kleingärten nicht so sehr zur Versorgung mit Lebensmitteln, sondern eher dafür gedacht, dass sich Stadtkinder an der frischen Luft bewegen sollten. Das war zumindest die Idee des Leipziger Arztes Moritz Schreber (1808-1861), nach dem die „Schrebergärten“ benannt wurden. Eine Idee, die Krück bis heute gut gefällt. Deshalb begrüßt er den aktuell stattfindenden Generationswechsel in der Anlage. „Wir bevorzugen junge Familien mit Kindern“, sagt er. Ein Garten werde von der Kita St. Raphael bewirtschaftet, „damit Kinder lernen, dass Nudeln nicht auf den Bäumen wachsen“, sagt Guido Krück und lacht.

Eine Warteliste für die Parzellen führt der Essener Verein nicht

Die Nachfrage nach Kleingärten sei auf jeden Fall vorhanden, habe sich durch die Coronazeit noch einmal verstärkt. Derzeit sind alle 92 Gärten der Bergerhauser Anlage besetzt. „Eine Warteliste führen wir nicht. Wenn jemand einen Garten pachten möchte, muss es passen“, so der Vorsitzende, der sich über aussagekräftige Bewerbungen freut und auch ein bisschen darauf achtet, wo sich die Parzelle befindet. „Wenn die Gärten rechts und links an ältere Menschen vergeben sind, passt vielleicht eine Familie mit kleinen Kindern an der Stelle nicht so gut“, erläutert Krück.

92 Gärten gehören zur Anlage des Gartenbauvereins Essen-Süd an der Straße Am Krausen Bäumchen. Die Pächter investieren oft viel Zeit und Mühe in ihre grünen Oasen.
92 Gärten gehören zur Anlage des Gartenbauvereins Essen-Süd an der Straße Am Krausen Bäumchen. Die Pächter investieren oft viel Zeit und Mühe in ihre grünen Oasen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Die Anlage des Gartenbauvereins Essen-Süd ist rund 36.000 Quadratmeter groß, die Durchschnittsgröße der Parzellen liegt bei 386 Quadratmetern. Ein Kleingarten koste je nach Größe 300 bis 500 Euro pro Jahr. Es gelte nach wie vor die alte Regel, dass die Fläche jeweils zu einem Drittel für den Anbau von Obst und Gemüse, für die Grünfläche und die Laube genutzt werden soll. Letztere dürfe bis zu 24 Quadratmeter groß sein. „Aber ganz so streng sehen wir das alles nicht“, sagt der Vorsitzende. Einige Regeln, die im Bundeskleingartengesetz verankert und schon lange nicht mehr überarbeitet worden seien, könne man durchaus einmal an die veränderte gesellschaftliche Realität anpassen, findet er. „Die Arbeitszeiten der Menschen zum Beispiel sind ja heute ganz anders.“

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Wenn Menschen ihre Parzelle kündigten, sei meist das Alter der Grund. Es gebe aber auch über 90-Jährige, die ihren Garten nicht aufgeben wollen. „Wir helfen uns ja gegenseitig“, betont Krück den Gemeinschaftsgedanken. Das Vereinsleben verändere sich: „Früher hat man sich am Zaun mit dem Gartennachbarn darüber unterhalten, wie die Wasserleitung zu reparieren ist, heute wird das gegoogelt“, beobachtet der Vereinsvorsitzende.

Das Gespräch über den Gartenzaun hat ein bisschen an Bedeutung verloren

Die Menschen beschäftigten sich heute die meiste Zeit mit sich selbst oder mit ihrem Handy. „Viele sind so gestresst, dass sie gar keine weiteren Aufgaben, zum Beispiel im Vorstand, übernehmen wollen“, sagt Krück. Er selbst sei vor 14 Jahren Mitglied geworden, weil seine Frau sich einen Kleingarten gewünscht habe. Vorsitzender wollte er eigentlich nicht werden, übt das Amt aber nun seit fünf Jahren aus.

Rund um die Gaststätte Ruhrpott-Idylle wird das Vereinsjubiläum am Samstag, 31. August, gefeiert.
Rund um die Gaststätte Ruhrpott-Idylle wird das Vereinsjubiläum am Samstag, 31. August, gefeiert. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Jedes Jahr gibt es ein Sommer- und ein Nikolaus-/Weihnachtsfest für die Mitglieder. Nicht nur die suchen Erholung in der offenen Anlage Am Krausen Bäumchen und in der dazugehörenden Gaststätte Ruhrpott-Idylle mit großem Biergarten, die der Verein verpachtet hat. Beide sind auch für Nichtmitglieder offen. Der angrenzende Vereinssaal mit Terrasse bietet Platz für 40 bis 60 Personen und wird für Feiern vermietet. Das 100-jährige Vereinsbestehen wird mit einem Sommerfest am Samstag, 31. August, ab 14 Uhr, gefeiert. Auch Nachbarn und Interessierte sind dazu eingeladen. Es gibt Kinderaktionen wie Schminken, Glücksrad und Torwandschießen, abends legt ein DJ auf.

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