Essen-Rellinghausen. Die Restaurierungsarbeiten auf Schloss Schellenberg in Essen sind abgeschlossen. Der Festsaal kann jetzt wieder gemietet werden.
Nach rund vier Jahren Arbeit ist die Restaurierung des Rittersaals auf Schloss Schellenberg in Essen-Rellinghausen abgeschlossen. Zur feierlichen Wiedereröffnung mit geladenen Gästen haben die Eigentümer des Schlosses, Max und Antoinette Freiherr und Freifrau von Elverfeldt-Ulm, für Freitag, 30. August, eingeladen.
Die Decke im historischen Rittersaal von Schloss Schellenberg in Essen wurde restauriert
Beinahe wäre der bau- und kunsthistorisch wertvolle Rittersaal, der für private Feste angemietet werden kann, für immer verloren gewesen. Mehrere Holzbalken der tragenden Decke waren gebrochen oder beschädigt. Die eindrucksvolle Stuckdecke aus dem 17. Jahrhundert war durchgebogen, Teile der Verzierungen, teils in Muschelform, drohten herabzufallen. Eine grundlegende Restaurierung in enger Absprache mit dem Denkmalschutz war deshalb unumgänglich.
2019 hatte der inzwischen verstorbene Hausmeister Heiko Spilker, „Mann für alle Fälle“ im Schloss Schellenberg, Alarm geschlagen: Er hatte Risse im Stuck entdeckt, die offenbar immer größer wurden. „Risse habe ich auch gesehen, aber man denkt halt zunächst, es ist ja ein altes Gebäude“, erinnert sich Rentmeister Peter Langwald, der für die Verwaltung der Rentei Schellenberg zuständig ist.
Doch alles war viel schlimmer: Ein tragender Holzbalken war gebrochen, drückte wie ein abgeknickter riesiger Zahnstocher auf die Stuckdecke. „Es sah aus wie ein offener Schienbeinbruch“, erklärt Restauratorin Susanne Heym vom Denkmalteam FMK und zeigt Bilder des Schadens. Dadurch seien andere Balken stärker belastet und ebenfalls geschädigt worden – eine Art Dominoeffekt.
Teile der Stuckdecke im Essener Schloss drohten herabzufallen
Bei den folgenden Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Decke des Rittersaals älter als die Wände ist. Die Stuckdecke war im Laufe der Jahrhunderte immer wieder restauriert und dem Zeitgeschmack entsprechend gestaltet worden, wie die einzelnen Schichten zeigen. Die älteste Fassung war um 1660 entstanden.
Bei der aktuellen Restaurierung hielt man sich an die zweite, um 1830 entstandene, Fassung, um sie gegebenenfalls einmal mit der ersten Version der Wände in Einklang zu bringen. Bei der ersten Fassung der Decke gab es noch keine stuckverzierten Wände. Die mit farbigen Malereien gestalteten Medaillons wurden, soweit rekonstruierbar, wieder hergestellt, nachdem sie zwischenzeitlich übermalt worden waren. „Ein bisschen Interpretation ist natürlich dabei“, so Bildhauermeister und Restaurator Michael Streuff von der Firma Restauratoren Kartäuserhof. Teile der Stuckverzierungen mussten nachmodelliert werden.
Dass oberhalb der Stuckdecke im Laufe der Zeit immer neue Böden verlegt wurden, führte schließlich zu einer 300-prozentigen Überlastung, erklärt der Verwalter die starke Verformung der Decke. Sie wurde bei den Arbeiten zunächst bergmännisch abgestützt, damit von oben an der Konstruktion gearbeitet werden konnte. Zwischen den maroden Holzbalken wurden Stahlträger eingezogen, Querträger halten jetzt die Holzbalken.
Eine Firma für die anspruchsvollen Arbeiten zu finden, war schwierig
Das alles nahm viel Zeit in Anspruch. Die Suche nach einer passenden Firma war schwierig. „Eine solche Spezialaufgabe trauen sich nicht viele zu“, sagt Peter Langwald. Zudem musste man auf die Zusage von Fördergeldern warten, die nach der Schadensaufnahme bei Bund und Land beantragt wurden. Die Kosten für die Arbeiten lägen im mittleren sechsstelligen Bereich, erklärt Architekt Ulrich Krautwald. Ob auch die Wände des Rittersaals irgendwann restauriert würden, sei deshalb auch eine finanzielle Frage.
Schloss Schellenberg an der Renteilichtung befindet sich seit 1452 im Besitz der Familie Vittinghoff-Schell, deren Nachfahren die heutigen Eigentürmer von Elverfeldt-Ulm sind. Bis 1910 wohnte die Familie tatsächlich im Schloss. Dann sollte zu Hochzeiten des Ruhrbergbaus Kohle durch den Schellenberger Wald, wo sich ein Schacht befand, zum Abtransport Richtung Ruhr gebracht werden. „Das wollte der Baron nicht. Er zog vor Gericht, verlor aber. Davon und vom Lärm der Kohleloren, die am Schloss vorbei rumpelten, offenbar massiv genervt, verließ er mit seiner Familie das Schloss und ließ sich im Schloss Kalbeck bei Weeze am Niederrhein nieder, wo sich bis heute der Sitz der Familie befindet“, erklärt Langwald. Schloss Schellenberg blieb jedoch Eigentum der Familie.
Seit rund 20 Jahren sind Unternehmen auf dem Schloss-Gelände ansässig
Von 1920 bis in die 1960er Jahre wurde Schloss Schellenberg dann vom katholischen Fürsorgeverein als Unterkunft für ledige Mütter genutzt. Danach richtete die Polizei NRW dort eine Schul- und Fortbildungsstätte ein, die 2003 in eine landeseigene Immobilie verlegt wurde. „Noch immer kommen Kinder der damals hier untergebrachten Mütter vorbei und wollen wissen, wo ihr Leben begonnen hat“, sagt der Rentmeister.
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Überlegungen, in dem ab 2003 ungenutzten Schloss ein Hotel oder Seniorenheim einzurichten, seien schnell wieder verworfen worden. Die Immobilie besteht aus zu vielen unterschiedlichen Gebäuden und ist zudem nicht barrierefrei. So sei die Idee zu einem Büropark mit kleinen Einheiten entstanden. Nach und nach baute man die Gebäude um, sobald sich ein Mieter fand. Heute wirkt das Areal wie ein kleines Dorf mit rund 25, meist inhabergeführten, Firmen.
Rund 6000 Quadratmeter Mietfläche stehen zur Verfügung. „Das hier ist ideal für Menschen, die ein besonderes Arbeitsambiente zu schätzen wissen. Für Leute, die mal eben in der Mittagspause in den Supermarkt wollen, ist das hier natürlich nichts, dazu ist es zu weit draußen“, sagt der Rentmeister. Probleme, die Einheiten zu vermieten, gebe es nicht, die Lage sei offenbar beliebt. Auf dem rund vier Hektar großen Gelände mit Park seien unter anderem Anwälte, Steuerberater, Vermögensberater, Psychologen, Werbeagenturen, Pharmaunternehmen, eine Pflegeschule, eine Privatschule, eine Kita und eine Kochschule ansässig.
Der Rittersaal sei immer eine Art Gemeinschaftsfläche gewesen, sei für Vorträge, Präsentationen und Sitzungen der Bezirksvertretung genutzt worden, habe der Polizei und der Kochschule als Speisesaal gedient. Nach der nun erfolgten Restaurierung kann der knapp 90 Quadratmeter große Saal mit einem weiteren Nebenraum auch wieder mit Tischen und Stühlen möbliert und für Feste gemietet werden. 80 bis 120 Leute finden dort Platz. Auf Hochzeiten oder Partys, bei denen viel getanzt werde und es laute Musik bis spät in die Nacht gebe, wolle man künftig allerdings verzichten – zum Schutz der Anwohner und der historischen Bausubstanz.
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