Essen. Zwei syrische Geschwister ohne Geschäftserfahrung, aber mit großen Plänen: Aus ihrem Essener Lokal soll eine bald Franchise-Kette entstehen.

Sie rückt mit dem Oberkörper näher an den Tisch. „Mut? Den habe ich nie gebraucht. Es ging nie darum.“ Ihre Stimme wird sanfter und fester. „Ich war davor wie eingesperrt, voll Energie. Ich brauchte keinen Mut, nur eine Chance.“

Gemeinsam mit ihrem Bruder Mouaz eröffnete Maria Mobayed Ende 2021 ihre eigene Cocktailbar an der Friedrich-Ebert-Straße 85 in Essen. Drei Jahre zuvor kam die Syrerin nach Deutschland und sammelte Erfahrungen in der Gastronomie. Schon damals wusste sie, dass sie eines Tages einen eigenen Laden haben möchte. Aber die Frage blieb: Wie und wann?

Gemeinsam mit ihrem Bruder Mouaz Moubaid startete sie die „Mari la Mora Cocktailbar“. Mittlerweile ist der Laden für den besten orientalischen Obstsalat in NRW bekannt, das finden zumindest viele Gäste. Sie kommen aus NRW, Belgien und den Niederlanden. Auf Instagram folgen ihnen mehr als 16.000 Menschen. Viele von ihnen verbinden Glück und Freude mit den Desserts von Mari la Mora.

Mouaz, Assistenzarzt, und Maria, Grafikdesignerin, eröffneten Ende 2021 gemeinsam ihre Cocktailbar in Essen
Mouaz, Assistenzarzt, und Maria, Grafikdesignerin, eröffneten Ende 2021 gemeinsam ihre Cocktailbar in Essen

 Gastro in Essen: „La Mora“ bedeutet „die Brombeere“

Der Name „Mari la Mora“ leitet sich von Marias Namen ab. „La Mora“ bedeutet auf Spanisch „die Brombeere“. Im Laden der Geschwister gibt es mehr als fünfzig Gerichte. Besonders beliebt ist der „Mari la Mora Obstsalat“: eine Mischung aus Beeren, Eis, arabischer Sahne (Qischta), Nüssen und Nutella. Der Bestseller ist jedoch der „Kaiser“. Er wird schichtweise serviert – Obst, selbstgemachte Qishta, Saucen und Nüsse bilden eine bunte Abfolge. Acht verschiedene Kaiservarianten hat Maria davon entwickelt.

Die Idee zu „Kaiser“ stammt aus Alsalhiya, einem Stadtteil von Damaskus. Dort entwickelten Cocktailbars spezielle Sorten mit arabischem Qischta, Bananen und Nüssen. Diese Luxusgetränke waren bekannt und beliebt. Viele Syrer beneideten die Damaszener um diese besonderen Lokale. Manche Gäste kommen heute aus Nostalgie ins Essener Maria la Mora, um sich an den besonderen Geschmack des Kaisers zu erinnern.

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Bei Mari la Mora in Essen bieten die Geschwister zahlreiche Süßspeisen an, einige mit arabischer Qischta.
Bei Mari la Mora in Essen bieten die Geschwister zahlreiche Süßspeisen an, einige mit arabischer Qischta.

In Syrien Medizin studiert, in Essen eine Cocktailbar eröffnet

Maria und Mouaz starteten ihre Cocktailbar ohne Business-Erfahrung. Maria, die in Saudi-Arabien Grafikdesign studiert hat, sammelte Erfahrungen in verschiedenen deutschen Gastronomiebetrieben. Mouaz, der in Syrien Medizin studiert hatte, arbeitete als Assistenzarzt in Aachen. Gemeinsam entwickelten sie ihre Cocktailbar. Maria kreiert die Rezepte, kümmert sich um das Marketing und bedient die Gäste. Mouaz kümmert sich um Verwaltung, Bürokratie und Personal.

„Wir haben unterschiedliche Aufgaben, aber wir sind beide Perfektionisten“, sagt Mouaz. Für beide sei wichtig, dass die Gäste glücklich die Cocktailbar verlassen und mit Vorfreude wiederkommen. Deshalb achten sie auf jedes Detail. „Genauso wichtig ist uns, dass unsere Mitarbeiter glücklich sind und gerne zur Arbeit kommen. Denn Lächeln ist ansteckend.“

Qischta ist eine wichtige Zutat in vielen Süßspeisen in der arabischen Welt. „Unsere Qishta ist auf traditionelle Weise zubeitet und hat beste Qualität“, sagt Maria Moubayed. Sie erklärt den aufwendigen Prozess: Immer wieder wird die dünne Haut von der kochenden Milch abgeschöpft. Sie verwendet frische Vollmilch und fetthaltige Sahne. Bei niedriger Hitze wird die Mischung langsam erhitzt und gerührt.

Qischta oder Ashta ist eine reichhaltige, dickflüssige Creme, die im gesamten Nahen Osten sehr bekannt und beliebt ist. Jetzt gibt es sie auch in Essen.
Qischta oder Ashta ist eine reichhaltige, dickflüssige Creme, die im gesamten Nahen Osten sehr bekannt und beliebt ist. Jetzt gibt es sie auch in Essen.

Im Mari la Mora gibt es Drinks, Obstsalate und Cocktails. Die Rezepte, Soßen und Sorten hat Maria selbst entwickelt und genau aufgeschrieben. „Alles ist aufs Gramm genau abgewogen“, erklärt sie, „damit es immer gleich schmeckt, egal, wer es zubereitet. Ihr Ziel ist es, nicht nur eine Cocktailbar zu betreiben, sondern eine Kette in Deutschland aufzubauen.

Cocktailbar in Essen: Eine zweite Filiale ist jetzt in Bonn entstanden

Seit der Eröffnung im November 2021 arbeitet Maria sieben Tage die Woche. Die offiziellen Öffnungszeiten sind von 11 bis 23 Uhr, aber sie fängt früher an und bleibt länger, damit alles nach Plan läuft und alles perfekt vorbereitet ist.

Auf die Frage, ob sie wusste, wie herausfordernd es sei, ein eigenes Geschäft zu führen, zieht Maria die Augenbrauen hoch, schürzt die Lippen und schüttelt den Kopf. „Nein“, antwortet sie. Ein leichtes Lächeln huscht über ihr Gesicht, als sie zu Mouaz hinüberblickt: „Aber wir hätten nie gedacht, dass wir zwei Jahre später eine weitere Filiale eröffnen würden.“

Anfang Juni 2024 feierten die Geschwister die Eröffnung in Bonn. Der neue Standort bietet mehr Platz und eine Terrasse. Dieser Laden soll der Start einer expandierenden Franchise-Kette sein.

Die Geschwister haben alle Ersparnisse ausgegeben

Gemeinsam steckten sie ihre Energie, Kreativität und Ersparnisse in das Projekt. „All in“, sagt Maria. Nebenbei arbeitete Mouaz weiter im Krankenhaus, um das Ganze zu finanzieren. Der Laden sah sich zahlreichen Herausforderungen gegenüber: von den abrupt steigenden Lebensmittelpreisen bis hin zur Coronavirus-Pandemie.

Vor der Eröffnung in Essen hatten die Geschwister ihre gesamten Ersparnisse ausgegeben. „Bis auf den letzten Euro”, sagt Mouaz lachend. „Dann stellten wir fest, dass wir noch eine Pager-Rufanlage brauchten.” Aber das Geld reichte nicht, „also haben wir es auf Raten bestellt - sechs Euro im Monat.“ Kurz vor der Eröffnung der zweiten Filiale in Bonn, zwei Jahre später, erhielt er die Nachricht, dass der Betrag komplett abbezahlt sei, erzählt er.

Viele Gäste verbinden Maria la Mora mit Glück und Lebensfreude. Dies ist Teil der Identität der Essener Cocktailbar geworden.
Viele Gäste verbinden Maria la Mora mit Glück und Lebensfreude. Dies ist Teil der Identität der Essener Cocktailbar geworden.

Die Kommentare bei Instagramm machen sie glücklich und stolz

Am Tag vor unserem Gespräch schloss Maria den Laden um fünf Uhr morgens ab. Nach der offiziellen Schließung blieb sie, um weiterzuarbeiten: Sie schälte Früchte, machte Dienstpläne, bereitete Zutaten zu. „Ich öffnete die Tür, trat hinaus und stand allein auf dem Viehofer Platz, die Morgendämmerung brach gerade an. In der einen Hand hielt ich meinen großen Rucksack, in der anderen einen Becher Eis“, erzählt sie.

„Ich habe mir die Kommentare auf unserem Instagram-Kanal durchgelesen. Viele beschreiben unseren Laden als ‚Glücksfabrik‘ und ‚Happiness Factory‘. Für einen Moment war ich vom Glück überwältigt. Mir wurde klar: Wir haben es geschafft.Maria lächelt: „Es macht mich sehr glücklich und stolz, dass so viele Kommentare Fröhlichkeit und Freude mit unserem Laden verbinden. Das ist jetzt ein Teil der Identität von Maria la Mora“.

 „Egal, was sich uns in den Weg stellt“, Mouaz und Maria sind fest entschlossen, ihre Idee weiter voranzutreiben und weitere Mari la Mora-Läden zu eröffnen - in ganz Deutschland.
 „Egal, was sich uns in den Weg stellt“, Mouaz und Maria sind fest entschlossen, ihre Idee weiter voranzutreiben und weitere Mari la Mora-Läden zu eröffnen - in ganz Deutschland.

Mouaz und Maria sind entschlossen, ihre Idee weiter voranzutreiben und weitere Mari la Mora-Läden zu eröffnen - in ganz Deutschland. „Egal, was sich uns in den Weg stellt“, fügt Maria hinzu und ballt ihre Hand, die auf dem Tisch liegt, leicht zur Faust. Sie schaut ihren Bruder an, der zustimmend nickt: „Eines muss man über Maria wissen: Sie kennt kein ,unmöglich‘.

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