Essen. Seit Wochen ist der Ruhrradweg im Essener Süden gesperrt, Stadtwerke beklagen viel Vandalismus. Jetzt drehte ein Radfahrer offenbar durch.
Seit einigen Wochen ist der Ruhrtalradweg in Höhe Heisinger Aue in Essen gesperrt, sehr zur Enttäuschung vieler Radfahrer und Fußgänger, die gerade jetzt in der Sommerzeit den ausgesprochen idyllischen Weg entlang der Ruhr nutzen möchten. Der Grund für die Sperrung: Die Stadtwerke bauen eine neue Brücke, die dem Weg zugute kommt und einen Altarm der Ruhr erschließen wird. Viele Nutzer wollen das nicht akzeptieren, nach Angaben des Unternehmens kam es bereits mehrfach zu Vandalismus an der Baustelle, und am Donnerstag (15.8.) eskalierte die Lage: Ein Radfahrer soll einen dort tätigen Baggerführer zusammengeschlagen haben.
Gewalt am Ruhrradweg: Der Radfahrer ist flüchtig, bestätigt die Polizei
Die Polizei bestätigte auf Anfrage den Vorfall: Man sei gegen 15.20 Uhr wegen einer Körperverletzung alarmiert worden, der geschädigte Mann sei durch die Beamten immerhin ansprechbar gewesen, ein Rettungswagen war vor Ort, um medizinische Hilfe zu leisten. „Der Radfahrer ist flüchtig“, so ein Polizeisprecher. Gesucht werden Zeugen des Vorfalls.
„Schlimm, einfach nur schlimm“, sagt der hörbar betroffene Stadtwerke-Sprecher Roy Daffinger, der kurz nach den Angriff verständlicherweise Mühe hat, seine Emotionen zu dämpfen. Die genauen Hintergründe der Tat sind zwar noch unklar. Für Daffinger ist aber naheliegend, dass der Angriff auf den Baggerführer mit der gereizten Stimmung zu tun hat und der vorläufige Höhepunkt einer ganzen Reihe krimineller Vorgänge ist, die den Stadtwerken an der Baustelle zu schaffen machen.
Beschädigte Baumaschinen und durchlöcherte Flüssigkeitsbehälter
Werktags sei während der Arbeitszeit bislang nichts passiert, am Wochenende aber gehe es richtig rund. Man habe Beschädigungen an Baumaschinen registriert sowie reihenweise umgeworfene und zerstörte Zäune. In einen großen Behälter mit Flüssigkeit hätten Unbekannte Löcher gebohrt, sodass dieser leerlief. „Es war nur Wasser, aber das wussten die ja nicht, es hätte auch eine gefährliche Flüssigkeit sein können, die dann hier im Naturschutzgebiet ins Erdreich gelaufen wäre“, empört sich Daffinger. „Die sollen uns endlich in Ruhe unsere Arbeit machen lassen, sonst dauert es alles doch noch viel länger.“
Hintergrund des Brückenbaus ist ein Großprojekt der Stadtwerke, die eine Druckleitung von Überruhr zur Wuppertaler Straße, einen so genannten Düker, bauen mussten. Dieser quert auch den Ruhrradweg. Nebeneffekt wird laut Daffinger sein, dass die Ruhr und der Ruhr-Altarm in der Heisinger Aue verbunden werden. Und damit die Radfahrer und Fußgänger diese Verbindung überqueren können, brauche es eben die neue Brücke. „Sie erhöht also im Grunde den Erlebniswert“, betont der Stadtwerke-Sprecher.
Wirt vom Fährhaus „Rote Mühle“ klagt über Einbruch bei den Umsätzen
Für Peter Soyk, dem Wirt vom Fährhaus „Rote Mühle“, einem beliebten und oft hochwassergeplagten Pausenort am Ruhrradweg, ist das allerdings derzeit nur ein schwacher Trost. Denn genau an der Roten Mühle beginnt die Sperrung, die erst an der Konrad-Adenauer-Brücke endet. Radfahrer aus Richtung Baldeneysee oder umgekehrt aus Richtung Ruhrallee werden von den Stadtwerken auf großen Schildern frühzeitig darauf verwiesen, dass sie ersatzweise die Radroute an der Wuppertaler Straße benutzen müssen.
Für Soyks Gastronomie hat das naturgemäß weitreichende Folgen: Der komplette „Durchgangsverkehr“ fällt weg. „Wir haben rund 30 Prozent weniger Gäste, und das in den umsatzstarken Sommermonaten“, klagt der Wirt. Wer zur Roten Mühle will, kann zwar hinfahren, muss aber auf dem selben Weg wieder zurück.
Viele bleiben daher wie empfohlen auf der Wuppertaler Straße. Die ist für Freizeitradler wegen des vierspurigen Autoverkehrs zwar keine attraktive Alternative ist, aber eine Sackgasse ist eben auch nicht gerade ideal. „Manche Radfahrer fahren trotz des Verbots an den Sperren vorbei und versuchen sich irgendwie durchzuschlagen“, hat Soyk beobachtet. Und einige wenige lassen ihrer Wut dann offenbar freien Lauf.
Viele fragen: Muss diese Baustelle denn unbedingt in der Sommerzeit sein?
Peter Soyk und andere, die mit Gewalt nichts am Hut haben, fragen sich allerdings schon: Musste diese aufwendige Baustelle denn unbedingt in der Sommerzeit sein? „Ja, das lässt sich nicht anders machen“, sagt Stadtwerke-Sprecher Daffinger. Andere Jahreszeiten birgten das Risiko von Hochwasser, Schnee und Eis oder matschigem Untergrund. Das verlängere potenziell die Bauzeit, und somit bleibe nur der Sommer.
Bis Mitte Oktober sei der Weg vorausssichtlich noch gesperrt. Wenn alles gut geht, steht die Brücke dann und kann für den Radverkehr freigegeben werden. „Wäre schön“, sagt Peter Soyk bitter, „wenn wir Anlieger über solche Termine auch einmal informiert würden“. Von der Sperrung hätten ihm die Stadtwerke nämlich nichts mitgeteilt, was schon deshalb bares Geld koste, weil er wegen des erwartbar geringeren Umsatzes auch weniger Mitarbeiter benötigt hätte.
„Wenn das so gewesen ist, hätten wir einen Fehler gemacht“, räumt Roy Daffinger ein, der eine Informationspanne aber nicht sicher bestätigen kann. Es wäre in jedem Fall ein weiteres negatives Detail einer Baumaßnahme, die den Stadtwerken keine Freude macht. Und auch sonst niemandem.
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