Essen/Mülheim. Die Behörde an der Büscherstraße soll mehr Planstellen bekommen. Noch ist es Plus auf dem Papier, doch schon jetzt ist die Skepsis groß.

Während die SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag seit nunmehr einem Monat auf Antworten des Innenministers zur Personalentwicklung im Polizeipräsidium Essen/Mülheim wartet, sickern erste Informationen zur künftigen Verteilung der Kräfte durch: Ja, die hiesige Behörde soll mehr Planstellen bekommen. Und nein, ausreichend wird der angekündigte Zuwachs vor dem Hintergrund eines weiter wachsenden Aufgabenspektrums einmal mehr nicht sein. So jedenfalls schätzt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die sich abzeichnende Lage ein.

Zehn der angekündigten zusätzlichen Stellen seien für den Aufbau einer Inspektion gegen die zunehmende Cyberkriminalität vorgesehen. Dass die Polizei der zunehmenden Kriminalität im virtuellen Raum den Kampf ansagen will, sei ein wichtiger Schritt. Umso unverständlicher ist es für Jörg Brackmann, GdP-Vorsitzender für Essen und Mülheim, allerdings, dass an den erforderlichen Beförderungsstellen für die Führungskräfte sowie an Aufstiegsmöglichkeiten für die spezielle Sachbearbeitung gespart werde: „Der Aufbau einer solchen Dienststelle erfordert hohe Motivation und stetige Fortbildung. Hier nicht zu investieren, ist nicht angemessen.“

Ein erster Blick auf die Belastungsbezogene Kräfteverteilung

Brackmann hat bereits einen Blick auf die sogenannte Belastungsbezogene Kräfteverteilung (BKV) des Landes werfen können und kommt zu dem Schluss: Das auf dem Papier angekündigte Plus von 18,42 Sollplanstellen (17,42 Polizeibeamte und ein Regierungsbeschäftigter) für Essen und Mülheim bleibe hinter den Erwartungen zurück. Von einer tatsächlichen Entlastung könne kaum die Rede sein.

„Während wir im vergangenen Jahr optimistisch waren, dass das Tal des Personalabbaus durchschritten ist, zeigt sich nun, dass der Anstieg sehr flach ist und bei weitem nicht ausreicht. Die versprochenen Zuwächse in den Nettozahlen sind zwar vorhanden, aber definitiv kein Grund zum Feiern“, sagt Brackmann, der dabei betont, dass es sich bei den Zahlen bislang nur um angekündigte Sollstellen handele. Entscheidend sei, wie viel zusätzliches Personal tatsächlich am 1. September seinen Dienst in Essen und Mülheim aufnehmen werde. Erst dann sei klar, ob die Zugänge die Abgänge überwiegen werden oder zumindest ausgleichen können.

Erst dann steht auch fest, wie viele der Nachwuchskräfte ihren Abschluss nach ihrem dreijährigen Studium bei der Polizei NRW wirklich geschafft haben. Die Befürchtungen sind groß, dass die Rechnung nicht aufgehen könnte. Die Abbrecherquote steigt seit Jahren und ist inzwischen erschreckend hoch: Sie liegt bei fast 25 Prozent. Was bedeutet: Jede und jeder vierte Aspirant auf eine Beamtenstelle in der Landesbehörde fällt durch.

Im vergangenen Jahr gab es einen schmächtigen Zugewinn

Für Brackmann ist das eine alarmierende Entwicklung: „Wir als GdP haben bereits im vergangenen Jahr darauf hingewiesen, dass an der Ausbildung nicht gespart werden darf. Die aktuellen Zahlen bestätigen unsere Befürchtungen, dass die Erhöhung der Kursgrößen und das Sparen an Ausbildern und Sachmitteln negative Auswirkungen haben. Es ist essenziell, dass die jungen Kolleginnen und Kollegen bestmöglich ausgebildet werden, um den Anforderungen des Studiums und letztlich des Polizeidienstes gewachsen zu sein.“

Im vergangenen Jahr hatte die BKV noch Planstellen-Plus von 23,24 bei den Beamten und 7,93 bei den Regierungsbeschäftigten ausgeworfen. Am Ende blieb es bei einem tatsächlichen Zuwachs von 23 Köpfen. Was rein rechnerisch bedeutete: Bei rund 2000 Vollzugsbeamtinnen und -beamten in beiden Städten ergab sich ein mehr als schmächtiger Gewinn von 0,7 Prozent.

Ständiger Objektschutz bedeutet personelle Herausforderungen

Das war und ist nicht genug, so Brackmann mit Blick auf die aktuellsten Herausforderungen: Vor dem Hintergrund der weltpolitischen Krisen und Kriege stelle der ständige Schutz von sensiblen Objekten die Behörde vor „weitere große personelle Herausforderungen“. Die dafür zugewiesenen Stellen reichten bei weitem nicht aus, so der GdP-Vorsitzende: „Wir müssen sogar bei anderen Behörden um Unterstützung bitten, um alle erforderlichen Maßnahmen durchzuführen und eine zu starke Belastung anderer Dienststellen zu minimieren.“ Finde man auf Sicht keine Lösung, müsse für diese Aufgaben auf das Stammpersonal des Polizeipräsidiums Essen zurückgegriffen werden, was wiederum zu Engpässen an anderer Stelle führe.

Wie auch immer das personelle Fazit zum Stichtag 1. September schlussendlich ausfallen wird - für Brackmann steht schon jetzt fest: „Es wird weiterhin ein personeller Kraftakt sein, die Stärken der Polizeiwachen, der Kriminalwache sowie der Einsatzleitstelle auf dem Niveau von 2023 halten zu können.“

  • Die Lokalredaktion Essen ist auch bei WhatsApp! Abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Kanal: direkt zum Channel!

[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]