Essen-Steele. Die Arbeiten des Essener Kunstschreiners Erich Pilz kann man ab 4.8. in Steele sehen. Seine Werke geben Einblicke in vergangene Zeiten.

„Wenn mein Vater nicht arbeitete, hat er gemalt“, erinnert sich Marianne Malischewski an ihre Kindheit in Horst. Ohne Zweifel schuf der ausgebildete Kunstschreiner Erich Pilz bis Anfang der 2000er Jahre eine Flut von Werken. Eine neue Ausstellung in der Galerie der Steeler Bürgerschaft im Stadtgarten zeigt einen Querschnitt. Eröffnung ist am Sonntag, 4. August, um 12 Uhr.

„Sehr gelungen“, findet Marianne Malischewski die Hängung der 25 Werke aus verschiedenen Jahrzehnten. Motive fand Pilz (1910-2005) in seinem nächsten Lebensumfeld. Der gebürtige Krayer zeichnete oft und gern die Schleuse in Horst, die Fachwerkhäuser im alten Steeler Ortskern, Schloss Horst und immer wieder Ruhrlandschaften.

In Kursen habe sich der Autodidakt weitergebildet und auch die Aktmalerei erlernt. „Da saß dann schon mal ein nacktes Modell in unserem Wohnzimmer“, lacht seine Tochter Marianne Malischewski, die früher als Schaufenstergestalterin in Essen und Umgebung tätig war.

Essener Künstler besuchte unter anderem die Folkwang-Schule

Etliche Gemälde und Zeichnungen konnte ihr Vater zu Lebzeiten selbst verkaufen. Einige hat die nunmehr 82-Jährige der Familie vererbt. Pilz besuchte von 1936 bis 1940 die Essener Kunsthandwerker- sowie die Folkwang-Schule. Im Keller des Horster Wohnhauses in Ruhrnähe ist noch die Werkstatt mit der Hobelbank des Künstlers erhalten. Dort seien die nun im Stadtgarten präsentierten Holzarbeiten entstanden, wie „Gänsereiten im Bergmannsbusch“, „Bauernhof Ridder“ sowie die Intarsien-Darstellungen „Triptychon“ und „Pferd mit Schleuse“ aus dem Jahr 1958.

Marianne Malischewski, die Tochter des Künstlers, präsentiert gemeinsam mit Arnd Hepprich (r.) und Gerd Neysters (l.) die Ausstellung in Essen-Steele.
Marianne Malischewski, die Tochter des Künstlers, präsentiert gemeinsam mit Arnd Hepprich (r.) und Gerd Neysters (l.) die Ausstellung in Essen-Steele. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Die Schleuse, technisches Bauwerk zwischen Bochum-Dahlhausen und Steele-Horst, verewigte Pilz öfter. Nicht nur mit Tusche, Aquarell- oder Ölfarben auf Papier und Pappen, auch in Holz. In ein dort ausgebautes Stück Mooreiche bannte er Regionalgeschichtliches: Knechte beim Anspannen der Arbeitspferde zum Kohletransport. Im 18. und 19. Jahrhundert, bevor die Eisenbahn das Ruhrtal eroberte, beförderte man Kohle auf Plattboden-Schiffen, so genannten „Ruhraaken“.

Tochter des Essener Künstlers: Heute wäre er ein „grüner Umweltaktivist“

Flussabwärts trug die Strömung die Kähne, den Fluss hinauf zogen starke Pferde die Aaken von gepflasterten Uferwegen, den Treidel- oder Leinpfaden. „Ab 1774 bis 1780 wurden zwischen Fröndenberg-Langschede und Ruhrort 16 Schleusen errichtet, darunter die Horster. Am 9. August 1780 soll das erste Schiff die Strecke ohne Umladung der Fracht durchfahren haben“, ergänzt Arnd Hepprich, Vorsitzender des Steeler Archivs, für das er die Schau organisierte. „Ein Bild von Erich Pilz hängt in Steele in jedem fünften Haushalt“, beschreibt Hepprich die lokale Berühmtheit.

Ein Detail der Holzarbeit „Gänsereiter“ von Erich Pilz: Diese und andere Werke kann man bald in Essen-Steele sehen.
Ein Detail der Holzarbeit „Gänsereiter“ von Erich Pilz: Diese und andere Werke kann man bald in Essen-Steele sehen. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Die letzte Ausstellung von Pilz liegt etwa zehn Jahre zurück und fand im Amtsgericht statt. Nach heutigen Maßstäben sei ihr Vater ein „grüner Umweltaktivist“, meint Marianne Malischewski bei der Vorbesichtigung der Werkschau. „Die massive Veränderung von Alt-Steele ab Ende der 1960er bis in die 1970er Jahre hat ihm sehr missfallen.“ Wiederholt hielt der Horster die hübschen Fachwerkfassaden und deren Abbruch fest. Stets idyllisch hingegen blieb das Umfeld seines Wohnhauses.

„Wir hatten Hühner und Puten im Garten“, erzählt die Tochter. Das Federvieh residierte in einer schmucken Fachwerkvilla, die Pilz selbst errichtet hatte und später malerisch aufgriff, wie eines der Gemälde in der Stadtgarten-Galerie beweist.

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Essener Kunstschreiner schnitzte einst viele Holzfiguren

„Mein Vater arbeitete viele Jahre als Schreiner in Möbelfabriken, zunächst in Kray. Und er spielte Mandola. Die Instrumente baute er selbst und gründete 1932 das Krayer Mandolinenorchester ‚Gut Klang` mit.“ Als Kunstschreiner bei Krupp hatte er oft in der Villa Hügel zu tun.

In jener Zeit schnitzte Pilz viele Holzfiguren. Sogar Preise habe er für einige Werke gewonnen, weiß seine Tochter. Bis heute ziert übrigens eine von ihm mitgestaltete Wandmalerei die Stützmauer am Taxihalteplatz des Bahnhofs Steele. Sie entstand im Juni 1987 im Rahmen des Festivals „Folkwang 87“. Viele Künstler wirkten mit, Pilz malte die Fachwerkhäuser und die Schmiedeszene.

Erich Pilz sei in Steele „ein echtes Phänomen“, betont der Steeler Künstler und Galerist Gerd Neysters, im Vorstand der Steeler Bürgerschaft aktiv. „Pilz hat als nicht-akademischer Künstler einen hohen Bekanntheitsgrad und ist bis heute unvergessen.“ Lob findet Neysters vor allem für die technisch „sehr gute“ Umsetzung der Motive auf Holz. Doch auch Pilz‘ lokale Verbundenheit gefalle ihm.

Grund genug, der im Frühling gestellten Anfrage des Steeler Archivs für diese Veranstaltung in den Räumen der Steeler Bürgerschaft gern nachzukommen. „Obendrein sind wir ja befreundete Vereine“, fügt Arnd Hepprich hinzu, der schon einige Ausstellungen im Stadtteil erfolgreich auf die Beine stellte.

Ausstellung bis 18. August

Die Ausstellung des Horster Künstlers Erich Pilz (1910 bis 2005) wird am Sonntag, 4. August, um 12 Uhr eröffnet. Die Werkschau mit ortsgeschichtlichen Gemälden, Grafiken und Holzarbeiten ist bis einschließlich Sonntag, 18. August, in der Galerie der Steeler Bürgerschaft im Stadtgartengebäude zu sehen.

Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch, Freitag jeweils 16 bis 18 Uhr; Sonntag 14 bis 18 Uhr. Am Stadtgarten 1, 45276 Essen. Auf Anfrage können die Exponate käuflich erworben werden.       

Selbstbildnis des Essener Künstlers 14 Tage im Entrée der Stadtgarten-Galerie

Ein „großer, starker Typ, der absolut nicht still sitzen konnte“, sei ihr Vater gewesen. Umso schwerer fiel ihm sein Lebensende. „Das letzte Jahr konnte er leider nur noch liegend im Bett verbringen, da ihm die Kraft fehlte“, berichtet die Tochter. Doch nun begrüßt der Horster Künstler 14 Tage die Besucher im Entrée der Stadtgarten-Galerie, wie auferstanden voller Schaffensfreude: In einem Selbstbildnis aus dem Jahr 1958, in Malerschürze mit Holzleiste und Werkzeug.

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