Essen. Monika Behm (64) und Willi Ingold (70) kümmern sich um Menschen mit Demenz. Mit regelmäßigen Besuchen bringen sie Struktur in deren Heimalltag und sorgen gleichzeitig für willkommene Abwechslung
Freiwillig ins Altenheim? Für Monika Behm und Willi Ingold gibt es nichts Schöneres. Beide engagieren sich ehrenamtlich in den Wohn- und Pflegeeinrichtungen der Nikolaus Groß Stiftung und unterstützen Menschen mit Demenz. Mit regelmäßigen Besuchen bringen sie Struktur in deren Heimalltag und sorgen gleichzeitig für willkommene Abwechslung. Häufig reichen schon kleine Gesten, um große Freude zu erzeugen. Ein offenes Ohr etwa oder die Hand auf der Schulter, die signalisiert: „Ich nehme dich wahr.“ „Ich liebe es einfach, die Menschen lächeln zu sehen“, schwärmt Monika Behm. Und auch für Willi Ingold sind die „strahlenden Gesichter“ die wundervollste Belohnung, die er sich überhaupt nur wünschen kann.
Dabei ist Monika Behm noch gar nicht so lange „im Einsatz“, und doch spürt man sofort: Für die 64-Jährige ist das Ehrenamt eine Berufung. Im vergangenen Dezember ging sie in Rente. Früh habe sie gemerkt, dass ihr ohne neue Aufgaben schon bald die Decke auf den Kopf fallen würde: „Ich bin schon immer eine lebhafte Person gewesen. Den ganzen Tag zu Hause zu sitzen und fernzusehen – das ist nichts für mich. Irgendwo muss immer Musik in meinem Leben spielen.“
„Die Arbeit mit älteren Menschen macht mir Spaß“
Den für sie perfekten Soundtrack hat sie im Papst Leo Haus gefunden. Im August 2023 zog ihre Mutter in das Altenpflegeheim an der Unterstraße in Frintrop. Schon da war Monika Behm Stammgast im „Leo“. Ein Jahr später gehört „Mony“, wie sie hier von allen liebevoll gerufen wird, zum Inventar der Einrichtung. Tag für Tag hilft sie in einer Wohngruppe, in der Menschen mit Demenz leben, bei der Essensausgabe. Vorerfahrung (und auch das erforderliche Gesundheitszeugnis) brachte sie aus dem Berufsleben mit: Bevor sie sich in den „Unruhestand“ verabschiedete, leitete die gelernte Lederwarenverkäuferin eine Cafeteria in einem Seniorenstift. „Dort habe ich zum Schluss auch in der Betreuung mitgeholfen, habe Sommerfeste organisiert und vieles andere, was so anfiel. Die Arbeit mit älteren Menschen macht mir Spaß“, erklärt sie.
Auch Willi Ingold besitzt ein Gespür für den Umgang mit Menschen, die – wie er sagt – „nicht mehr ganz so wie du und ich sind“. Eine betreuerische Vorprägung bringt der ehemalige Opelaner nicht mit. „Aber ich habe 20 Jahre lang einen politischen Verein geleitet. Da lernt man, mit verschiedensten Typen umzugehen“, verrät der 70-Jährige mit einem Augenzwinkern. So wie er ins gesellige Erzählen kommt, ahnt man: Wie Monika Behm ist auch Willi Ingold nicht für ein Rentendasein als Stubenhocker geschaffen. 2016, nach sechs Jahren Altersteilzeit, wusste er „vor lauter Langeweile nicht wohin“. Also rief er im Haus St. Maria Immaculata in Borbeck an. Dorthin war sein Onkel samt Lebensgefährtin gezogen. Ob man dort eine Beschäftigung für ihn hätte? „Zunächst bot man mir einen 450-Euro-Job am Empfang an. Da hab‘ ich gesagt: ‚Ne, ne. Mir geht’s nicht ums Geld. Ich möchte nur etwas Sinnvolles tun‘.“
So gesehen wurde aus Spaß bald schon ehrenamtlicher Ernst. Bei seinen anfänglichen Besuchen hatte er ein „Mensch ärgere Dich nicht“-Spiel ausgepackt. Erst spielte nur die Lebensgefährtin des Onkels mit. Bald schon saßen bis zu acht Leute an einem Brett. Ingold mauserte sich zum beliebten Spielleiter mit einem straffen Wochenprogramm: dienstags Dart, mittwochs Skat – freitags wird nach wie vor „Mensch ärgere Dich nicht“ gespielt. Zwar wird die Reihenfolge unter den Spielern „nicht hundertprozentig“ eingehalten, auch wird niemand „geschmissen“, sonst finden die Partien erfahrungsgemäß kein Ende. „Aber auch so haben alle wahnsinnigen Spaß.“ Und das ist schließlich das Wichtigste.
Willi Ingold könnte locker noch andere Spiele auf den Tisch bringen, die Nachfrage ist vorhanden. „Aber meine Frau will ja auch noch etwas von mir haben.“ Auch Monika Behm verweist auf die Rückendeckung ihres Gatten, mit dem sie stolze 44 Jahre verheiratet ist. Nicht selten bleibt sie über die Mittagszeit hinaus „im Leo“, an manchen Tagen verlässt sie „ihre“ Gruppe erst gegen 17 Uhr. Mit der Zeit, die sie den Bewohnern schenken, sind sie den Pflegenden eine wichtige Stütze. Zwölf Ehrenamtliche in sieben Häusern zählt die Nikolaus Groß Stiftung derzeit. „Sie alle leisten einen unbezahlbaren Mehrwert für unsere Einrichtungen“, hebt Stiftungsvorstand Georg Gal hervor.
Rührende Erlebnisse sind garantiert
Und wie schätzen die Angesprochenen den Wert ihrer Arbeit ein? „Viele ältere Bewohner haben keine engen Angehörigen mehr – insofern fühle ich mich ein bisschen wie ein Familienersatz“, sagt Monika Behm. „Man weiß ja nicht, wie es ist, wenn man selbst in die Situation kommen sollte“, fügt Willi Ingold hinzu. Selbst wenn man Kinder oder andere Verwandte habe, seien die ja nicht unbedingt in der Lage, ihre Eltern zu besuchen. Beide wünschen sich, ebenso umsorgt zu werden, sollte die Zeit einmal kommen.
So lange wollen beide für ihre Schützlinge und Spielgefährten da sein. Monika Behm wurde jüngst sogar von den Bewohnern ihrer Wohngruppe in den Heimbeirat gewählt. Damit trägt sie die verantwortungsvolle Aufgabe, die Interessen auch jener Menschen zu vertreten, die sich nicht vollumfänglich mitteilen können. Beim Gedanken an das Vertrauen, das ihr von Menschen im Heim entgegengebracht wird, ist sie sichtlich gerührt: „„Letztens erst hat mir eine Bewohnerin in einem ruhigen Moment gesagt: ‚Mony, es ist immer so schön, wenn du hier bist. Ich hab‘ dich so lieb.‘ Da hatte ich ehrlich Tränen in den Augen.“