Essen-Stadtwald. Von Hinrichtungsstätte zum Denkmalweg: Der Schillerbrunnen, einst Schauplatz düsterer Geschichte, wird instand gesetzt.

Er liegt etwas versteckt an einem Waldweg an der Wittenbergstraße in der Nähe vom Uhlenkrug und der Eschenstraße und geht es nach der Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald, soll er irgendwann mal wieder sprudeln: Jetzt wurde der Schillerbrunnen im Essener Stadtwald von Grün und Gruga erst einmal restauriert.

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Seit Jahren setzt sich die Bürgerschaft dafür ein, dass der Brunnen nicht in Vergessenheit gerät, dient er doch als eine von 30 Stationen eines Denkmalweges, den der Verein hier angelegt hat. Trotz seiner dunklen mittelalterlichen Geschichte – die Schillerwiese diente eins als Galgenplatz für Hinrichtungen – handele es sich heute um einen wunderbaren Ort: „Wir haben erst vor Kurzem ein paar Schilder angebracht, die den Weg zum Brunnen weisen“, sagt Matthias Peter, stellvertretender Vorsitzender der Bürgerschaft. Auch eine Infotafel gleich neben dem Brunnen hatten die engagierten Rellinghauser schon vor Jahren aufstellen lassen.

Zustand des Schillerbrunnens im Essener Stadtwald katastrophal

Doch der Zustand von Brunnen und Tafel war zuletzt geradezu katastrophal: Die Steine waren mit Moos überwuchert, die Inschrift „Was dem Mann das Leben nur halb erteilt, soll ganz die Nachwelt geben“ – ein Zitat aus dem Gedicht „Epilog zu Schillers Glocke“, mit dem Goethe den Dichter-Kollegen nach dessen Tod ehrte – war kaum noch lesbar. Und die Infotafel sah aus, als hätte jemand – wortwörtlich – Schießübungen an ihr durchgeführt.

In den vergangenen Monaten wurde der Brunnen nun restauriert und das Umfeld in Abstimmung mit der Unteren Denkmalbehörde erneuert. In diesem Zuge wurden auch eine historisch belegte Sitzbank und ein neuer Abfallbehälter installiert. Die Kosten für die Arbeiten betragen laut Stadt Essen rund 33.000 Euro und wurden durch Grün und Gruga und die Stiftung zur Verschönerung der Stadt Essen finanziert.

Vor dem restaurierten Schillerbrunnen im Stadtwald (v. l. n. r.): Hans-Peter Huch, Bezirksbürgermeister, Melanie Ihlenfeld, Fachbereichsleiterin Grün und Gruga, und Anke Hagedorn, Grünplanung Grün und Gruga.
Vor dem restaurierten Schillerbrunnen im Stadtwald (v. l. n. r.): Hans-Peter Huch, Bezirksbürgermeister, Melanie Ihlenfeld, Fachbereichsleiterin Grün und Gruga, und Anke Hagedorn, Grünplanung Grün und Gruga. © Grün & Gruga | Elisabeth Frieling

Komplett in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen lässt sich der Schillerbrunnen aber wohl nicht: 1907 waren eine Gesichtsmaske aus Bronze sowie zwei Bronzereliefplatten mit Szenen aus Schillers „Wilhelm Tell“ sowie dem „Lied von der Glocke“ eingefügt worden. Sie fielen aber wohl zur Zeit der Nationalsozialisten einer Metallsammlung zum Opfer, wurden eingeschmolzen und durch Betonabgüsse ersetzt.

Schillerhain soll im Essener Stadtwald gepflanzt werden

Im Zusammenhang mit der Errichtung des Brunnens war Anfang des 20. Jahrhunderts zudem ein aus Lindenbäumen bestehender Schillerhain gepflanzt worden. Dessen Wiederherstellung ist, so die Stadt, bereits beauftragt, die Pflanzarbeiten sollen im Herbst dieses Jahres beginnen. Und: Die Bürgerschaft Rellinghausen hat die Aufwertungsarbeiten mit der Aufstellung einer neuen Infotafel unterstützt, die sowohl die frühe als auch die jüngere Geschichte des Brunnens erzählt.

Denn zu erzählen gibt es über das versteckte Kleinod tatsächlich so einiges: Der Brunnen aus Muschelkalk und Beton wurde am 9. Mai 1905 zum 100. Todestag von Friedrich Schiller „unter großer Anteilnahme der Bevölkerung“, wie es in alten Chroniken heißt, eingeweiht. Geschaffen wurde er seinerzeit auf Anregung des Essener Stadtverordneten Justizrat Dr. Heinz Niemeyer von dem Münchener Bildhauer Fritz Behn. Der Essener Theaterdirektor Hans Gelling finanzierte ihn und schenkte ihn der Stadt. Mittlerweile steht die Anlage unter Denkmalschutz und ist seit 1991 in der Denkmalliste der Stadt Essen eingetragen.

Die Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald hat einige Schilder aufgehängt, die den Weg zum Schillerbrunnen weisen.
Die Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald hat einige Schilder aufgehängt, die den Weg zum Schillerbrunnen weisen. © Schacht 11

Dass sich hier nach langen Jahren der Vernachlässigung endlich etwas getan habe, versichert Peter, begrüße die Bürgerschaft ausdrücklich. Einen speziellen Wunsch hätten die engagierten Bürger indes noch, und der betrifft Wasserspeier und Wasserbecken. Denn von Wasser ist hier weit und breit keine Spur. Und genau das will der Verein ändern. „Bei der letzten Restaurierung im Jahr 2005“, so Peter, „war der Brunnen noch an eine Wasserleitung angeschlossen. Zwar gab es damals in der Nachbarschaft auch noch eine Gastwirtschaft. Aber die Anschlüsse am Brunnen müssten noch da sein.“

Die Idee hat Charme, ist aber wohl nur mit hohen Aufwand umzusetzen. „Von einer Wiederinbetriebnahme haben die Stadtwerke abgeraten, da der Anschluss derzeit an einer Hauptleitung in der Straße Am Uhlenkrug liegt und die Gefahr einer Verkeimung zu groß ist“, sagt Elisabeth Frieling von Grün und Gruga auf Anfrage dieser Zeitung. „Das wäre mit enormem finanziellen und baulichen Aufwand verbunden.“ Da die Bürgerschaft Rellinghausen aber an einer Wiederinbetriebnahme interessiert sei, prüfe sie nun „eigenständig die Möglichkeit eines geschlossenen Wasserkreislaufs“. 

Visionen, wie das Wasser hier wieder sprudeln könnte, gibt es tatsächlich so einige. Da der Brunnen einst elektrisch angetrieben wurde, könnte sich etwa Michael Delfs, Vorsitzender der Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald, auch eine Photovoltaik-Anlage vorstellen, die Fußgängern und Radfahrern künftig eine erfrischende Rast ermöglicht.