Essen-Stoppenberg. Ursprünglich sollten die Wohnungen auf dem Areal an der Hallo-Straße bis zum Jahresende fertiggestellt sein, doch noch hat der Bau nicht begonnen.
Eigentlich müssten mittlerweile die Bagger rollen, eigentlich müsste der Baulärm weithin zu hören sein, doch auf dem Grundstück an der Hallostraße/Im Natt in Essen-Stoppenberg tut sich nichts. Ordentlich eingerahmt von Bauzäunen stehen Gras und andere Pflanzen stellenweise meterhoch. Sobald der Verkehr auf der Hallostraße für einen Moment nachlässt, hört man die Vögel zwitschern.
Seit 2018 steht fest, dass auf dem 7300 Quadratmeter großen Areal ein Wohnquartier entstehen soll: vier Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 60 Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen, jeweils zwischen 63 und 131 Quadratmeter groß. Der Investor, die Ratinger „Wilma Bau- und Entwicklungsgesellschaft“, bewirbt das Projekt als „modernes Neubauquartier“, dessen Wohnungen entweder mit eigenem Gartenanteil, Balkon bzw. Loggia oder Dachterrasse ausgestattet sein sollen. Auch „gemeinschaftlichen Grünflächen sowie Spielflächen“ sollen entstehen. Neben einigen öffentlichen Stellplätzen ist eine Tiefgarage geplant.
Anwohner protestierten anfangs gegen das Bauprojekt in Essen-Stoppenberg
Einige Anwohner dürfte der Stillstand indes nicht weiter stören: Anfangs regte sich starker Protest gegen die Pläne. Bewohner der umliegenden Häuser beklagten, dass das geplante Karree aus vier Mehrfamilienhäusern die benachbarten Zechen- und Einfamilienhäuser deutlich überragen würde. Andere kritisierten, dass die Neubauten teilweise zu nah an die Grundstücksgrenzen der bestehenden Häuser heranreichen würden. Tatsächlich grenzt der Bauzaun an Gärten, Garagen und Häuserwände der Bestandsbauten.
Im Bebauungsplan der Stadt Essen heißt es dazu: „Die geplante Nutzung wird sich gut in das gewachsene Umfeld einfügen, das mit der westlich anschließenden Bebauung ebenfalls von Wohnnutzungen geprägt wird.“ Aus Sicht der Stadtentwicklung sei „eine Nutzung des Standortes für eine Wohnbebauung aufgrund der attraktiven Wohnlage im direkten Umfeld bereits vorhandener Wohnquartiere, in der Nähe zum Hauptversorgungsbereich des Stadtteils Stoppenberg sowie unmittelbar an vorhandenen Grünstrukturen sinnvoll“. Bei den genannten „Grünstrukturen“ handelt es sich um den Wald „Im Natt“ im Osten des Areals. Südlich liegt der Hallopark, im Norden schließt die Zeche Zollverein mit dem Zollvereinpark an.
Den Umweltschutz auf dem Grundstück selbst sahen die Gegner des Vorhabens im Planverfahren seinerzeit nicht ausreichend berücksichtigt: Zum Symbol wurde in diesem Zusammenhang die 80-jährige Rotbuche auf dem Areal, die von Mitgliedern einer „Klimakampfgruppe“ besetzt, schließlich aber aufgrund mangelnder Standsicherheit im März 2021 gefällt wurde; wie auch weitere Bäume. Im Sommer des gleichen Jahres lief daraufhin eine Einwohnerfragestunde in der Bezirksvertretung 6 derart aus dem Ruder, dass sie abgebrochen wurde – mit der Begründung, die Anwohner hätten lange Stellungnahmen abgegeben anstatt sich wie vorgesehen auf Fragen zu beschränken.
Baugenehmigung der Stadt Essen liegt seit Oktober 2023 vor
„Proteste sind im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens normal – und aus meiner Sicht auch richtig“, sagt Andreas Häcker, Regiomanager Rhein-Ruhr bei der Wilma Bau- und Entwicklungsgesellschaft. Seiner Meinung nach sollten Anwohner ihre Bedenken und Kritik vorbringen können, dazu werde ein Bebauungsplan öffentlich ausgelegt. Er gehe davon aus, dass alle strittigen Punkte vonseiten der Stadt mittlerweile mit den Anwohnern geklärt oder ihnen zumindest erklärt worden seien. „Wir selbst nehmen Anregungen ernst und versuchen, uns nach objektiven Kriterien mit Gutachtern einem solchen Projekt zu nähern.“
Mittlerweile ist es ruhiger geworden um das Vorhaben: Der ursprüngliche Plan, die Wohnungen 2024 fertigzustellen, ist nicht einzuhalten. Im Januar war von einem möglichen Baubeginn in diesem Jahr die Rede. „Die Baugenehmigung wurde am 25.10.2023 erteilt“, sagt Stadtsprecherin Jacqueline Riedel. Da bislang kein Baubeginn angezeigt worden sei, habe die Stadt allerdings keine Informationen darüber, „wann es wie losgehen soll“. Doch woran liegt das?
Baustart des Essener Wohnquartiers hängt an NRW-Fördergeldern
22 der 60 Wohnungen sollen „nach den Richtlinen für den öffentlich geförderten Wohnungsbau erstellt werden“ – so sieht es ein städtebaulicher Vertrag vor, den die Stadt Essen mit der Wilma Bau- und Entwicklungsgesellschaft geschlossen hat. Dieses Vorgehen sei üblich, erklärt Andreas Häcker. Und doch sei es genau diese Vorgabe, die das Bauprojekt aktuell verzögere. Denn die beantragten KFW-Gelder seien für das laufende Jahr nicht mehr verfügbar. „Wenn Fördertöpfe mit anderen Projekten belegt sind, gibt es keinen Zugang mehr zu diesen Mitteln“, so Häcker. Man müsse also auf das nächste Jahr ausweichen.
Weil dem Bauvorhaben eine Mischkalkulation zugrunde liege, könne man die regulären nicht getrennt von den geförderten Wohnungen realisieren. Trotz der Verzögerung werde das Projekt aber durch Wilma wie geplant umgesetzt, betont Häcker. Er hoffe, noch in diesem Jahr zur Beurkundung der Investorenverträge zu gelangen. Denn die Vermietung der Wohnungen wird nicht das Unternehmen selbst, sondern beispielsweise eine Wohnungsgesellschaft übernehmen: ein in der Branche übliches Modell. Aktuell sei man in Gesprächen „mit vier bis fünf teils lokalen Gesellschaften“, sagt Andreas Häcker.
Die endgültigen Abschlüsse aber würden ebenfalls von der Verfügbarkeit der öffentlichen Mittel abhängen. Schließlich brauche auch der künftige Vermieter zeitliche Planungssicherheit. Sobald diesbezüglich Klarheit herrsche, werde man starten. Vielleicht rund um den Jahreswechsel, doch festlegen könne er sich derzeit noch nicht.
Die bestehende Genehmigung ist durch die Verzögerung übrigens nicht gefährdet: „Baugenehmigungen haben grundsätzlich eine Gültigkeit von drei Jahren“, erklärt Stadtsprecherin Jacqueline Riedel. In diesem Fall also noch bis Oktober 2026. „Eine Bauverpflichtung sieht die Bauordnung nicht vor. Sofern eine Baugenehmigung ihre Gültigkeit verliert, ist ein neuer Bauantrag zu stellen.“
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